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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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schleunigst einen Stuhl«, sagte der Fürst und nahm, indem er sich wegwandte, vorsichtig einen Teller mit Quappensuppe in Empfang.
     
    »Ljewin, hierher!« rief aus einiger Entfernung eine gutmütige Stimme. Es war Turowzün. Er saß dort mit einem jungen Offizier zusammen, und neben ihnen waren zwei Stühle angelehnt. Erfreut ging Ljewin zu ihnen hin. Er hatte den gutmütigen Lebemann Turowzün immer gern gehabt (war doch mit seiner Person die Erinnerung an die Liebeserklärung verknüpft, die er Kitty gemacht hatte); heute aber nach all den anstrengenden klugen Gesprächen war ihm der Anblick des treuherzigen Turowzün besonders erfreulich.
     
    »Diese beiden Plätze sind für Sie und Oblonski. Er wird gleich kommen.«
     
    Der Offizier, der sich sehr gerade hielt und sehr fröhliche, stets lachende Augen hatte, war aus Petersburg und hieß Gagin. Turowzün machte die Herren miteinander bekannt.
     
    »Oblonski kommt doch immer und ewig zu spät.«
     
    »Ah, da ist er ja!«
     
    »Du bist wohl auch eben erst gekommen?« sagte Oblonski, indem er schnellen Schrittes auf Ljewin zutrat. »Guten Abend! Hast du schon ein Schnäpschen getrunken? Na, dann komm!«
     
    Ljewin stand auf und ging mit ihm zu einem großen Tisch, auf dem allerlei Liköre und die verschiedenartigsten Vorspeisen aufgestellt waren. Man hätte glauben sollen, daß ein jeder hier aus den etwa zwanzig Vorspeisen mit Leichtigkeit etwas seinem besonderen Geschmack Zusagendes herausfinden konnte; aber Stepan Arkadjewitsch verlangte irgendeinen ganz besonderen Leckerbissen, und einer der dort stehenden Livreediener brachte ihm auch sofort das Verlangte. Sie tranken jeder ein Gläschen und kehrten an ihren Tisch zurück.
     
    Sogleich, noch bei der Fischsuppe, ließ Gagin Champagner kommen und vier Gläser füllen. Ljewin lehnte das ihm angebotene Glas nicht ab und bestellte seinerseits eine zweite Flasche. Er hatte tüchtigen Hunger bekommen und aß und trank mit großem Vergnügen, und mit noch größerem Vergnügen beteiligte er sich an den heiteren, harmlosen Gesprächen seiner Tischgenossen. Gagin erzählte mit gedämpfter Stimme eine neue Petersburger Anekdote, die zwar dumm und unanständig, aber doch recht lustig war, und besonders Ljewin lachte so laut darüber, daß die in der Nähe Sitzenden zu ihm hinblickten.
     
    »Das ist so in der Art wie: ›Gerade den kann ich nicht ausstehen!‹ Kennst du die Geschichte?« fragte Stepan Arkadjewitsch. »Ach, die ist prächtig! Bring noch eine Flasche«, sagte er zu dem Diener und begann seine Anekdote zu erzählen.
     
    »Peter Iljitsch Winowski läßt bitten«, unterbrach den Erzähler ein alter Diener, indem er ihm und Ljewin zwei schlanke Gläser perlenden Champagners reichte. Stepan Arkadjewitsch nahm ein Glas, wechselte mit einem am anderen Ende des Tisches sitzenden kahlköpfigen Herrn mit langem, rötlichem Schnurrbart einen Blick und nickte ihm lächelnd zu.
     
    »Wer ist das?« fragte Ljewin.
     
    »Du hast ihn einmal bei mir getroffen; entsinnst du dich? Ein guter Kerl.«
     
    Ljewin tat das gleiche wie Stepan Arkadjewitsch und nahm das andere Glas.
     
    Auch Stepan Arkadjewitschs Anekdote war sehr vergnüglich. Nun trug Ljewin eine vor, die gleichfalls Beifall fand. Dann kam die Rede auf Pferde, auf die Rennen, die an diesem Tage stattgefunden hatten, und auch darauf, mit welcher Eleganz Wronskis Atlasnü den ersten Preis gewonnen habe. Ljewin merkte gar nicht, wie die Zeit verging und das Mahl sich seinem Ende näherte.
     
    »Ah, da sind Sie ja auch!« sagte gegen Ende des Essens Stepan Arkadjewitsch, bog sich über die Stuhllehne zurück und streckte Wronski die Hand entgegen, der mit einem hochgewachsenen Gardeoberst zu ihm trat. Auch auf Wronskis Gesicht lag jener heitere Schimmer gutmütiger Fröhlichkeit, den man hier im Klub überall sah. Vergnügt lehnte er sich mit dem Ellbogen auf Stepan Arkadjewitschs Schulter und flüsterte ihm etwas zu; dann streckte er mit demselben vergnügten Lächeln auch Ljewin die Hand hin.
     
    »Es freut mich sehr, Sie hier zu treffen«, sagte er. »Ich habe Sie damals bei den Wahlen noch gesucht; aber es wurde mir gesagt, Sie seien schon abgereist.«
     
    »Ja, ich bin noch am selben Tage weggefahren. Wir sprachen eben jetzt von Ihrem Pferde. Ich gratuliere Ihnen«, sagte Ljewin. »Das ist ja ein sehr flotter Lauf gewesen.«
     
    »Sie halten ja wohl auch Pferde?«
     
    »Nein, mein Vater tat es; aber ich erinnere mich noch recht wohl und habe

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