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Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht

Titel: Anna Strong Chronicles 06 - Gesetz der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanne C. Stein
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nachdenken.
    Die Vernunft will sich allerdings nur langsam einstellen. Wie konnte Black einen so starken Einfluss auf mich haben? Er ist menschlich. Natürlich sind Menschen auch zu Bösem fähig – mir sind da schon so einige begegnet. Aber Black hat das Böse ausgestrahlt. So stark, dass es bei mir eine körperliche Reaktion hervorrief. Das ist eine verstörende neue Entwicklung.
    Das Böse. Ein primitives Wort. Warum habe ich das wahrgenommen? Woher wusste ich, dass er Blut vergossen hatte? Was hat mich dazu getrieben, ihn auf der Stelle töten zu wollen? Vielleicht kann Lance mir helfen, das Rätsel zu lösen. Er ist schon viel länger ein Vampir als ich – seit siebzig Jahren. Er hat mir schon zuvor geholfen, schwierige Zeiten durchzustehen. In den vergangenen drei Monaten sind wir uns sehr nahegekommen, vor allem nach der Sache mit Williams.
    Drei Monate sind vergangen, seit Williams und ich heftig aneinandergeraten sind. Es ging um den Tod von Ortiz, einen Vampir, den Williams liebte wie einen Sohn. Drei Monate sind vergangen, seit seine Frau mich bedroht hat, weil ich das Wohl eines anderen über das ihres Mannes stellte. Ich habe mich von den beiden ferngehalten und mich von der übernatürlichen Gemeinschaft zurückgezogen. Seither habe ich nur noch Verbindung zu Lance. Und zu Culebra, wenn ich trinken muss.
    Ich lebe wie ein normaler Mensch. Gehe jeden Tag mit David zur Arbeit. Gehe mit Lance ins Kino. Einfache Dinge. Vor zwei Wochen bin ich sogar zum Geburtstag meiner Mutter nach Frankreich geflogen. Das war nur möglich, weil ich einen Privatjet besitze – den einzigen Teil von Averys Erbe, den ich angenommen habe. Egoistisch von mir. Avery war der erste Vampir, der mir begegnete, als ich frisch verwandelt war. Obwohl er am Ende versuchte, mich zu töten, und ich mir schwor, nichts von dem riesigen Vermögen anzunehmen, das er mir hinterlassen hatte – ein eigener Jet macht Reisen zu angenehm, um darauf zu verzichten. Vor allem, wenn man Familie in Europa hat. Keine Sorge, jemand könnte sich wundern, warum ich mich in einem dunklen Fenster nicht spiegele oder auf einem so langen Flug weder esse noch trinke oder zur Toilette gehen muss.
    Der Besuch dauerte nur drei Tage – ich wollte mein Glück nicht überstrapazieren. Aber es war herrlich. Ich genieße die Illusion, menschlich zu sein. Vielleicht bringt mich das so aus der Fassung. Black hat diese Illusion heute Nacht zerstört.
    Ich lenke den Jaguar in meine Garage, neben Lances silbernen Aston Martin DB9. Das Verdeck ist offen. Ich streiche im Vorbeigehen mit dem Zeigefinger über das butterweiche Leder. Ein echtes Große-Jungen-Spielzeug. Die Motorhaube strahlt noch Wärme ab, Lance muss also erst vor ein paar Minuten angekommen sein. Ich trete aus der Garage und drücke auf die Fernbedienung an meinem Schlüsselbund.
    Das Tor schließt sich langsam, als ich aus dem Augenwinkel eine verschwommene Bewegung wahrnehme. Etwas stürzt sich aus der Garage heraus auf mich. Zu schnell. Ich werde voll an der Seite getroffen und umgestoßen. Rasch fasse ich mich und gewinne das Gleichgewicht zurück, aber nicht schnell genug. Ich spüre, wie die Klinge direkt unter dem Brustbein eindringt, nach oben schlitzt und über Knochen schabt. Zuerst empfinde ich keinen Schmerz, nur Überraschung.
    Dann rasende Wut.
    Die menschliche Anna ist verschwunden. Die Vampirin packt das Messer, ehe es noch einmal zustechen kann. Ich weiß nicht, was mein Gegner ist. Ich kann kein Gesicht sehen, nicht in den Kopf vordringen. Keine Zeit, das jetzt zu klären. Es spielt auch keine Rolle. Ich wende das Messer gegen den Angreifer, stoße es da hinein, wo es den meisten Schaden anrichten wird, und zerre es abwärts. Der Bauch reißt auf, Blut spritzt, und die Eingeweide quellen heraus.
    Ein animalischer Schrei. Es versucht sich abzuwenden. Es ist nicht menschlich. Endlich erkenne ich etwas. Ein Vampir. Ich packe ihn und reiße ihn zurück. Warum?
    Keine Antwort. Mein Blut kocht, Selbstschutzinstinkt und Wut überwältigen meine Zurückhaltung. Ich hebe das Messer und schlitze ihm die Kehle auf. Eine Blutfontäne schießt in einem Bogen quer über mein Gesicht, ehe ich den Mund auf die Wunde presse.
    Ich trinke, bis ich das letzte Flattern des Lebens darin spüre. Dann lasse ich den Körper fallen und sehe zu, wie er zu einem alten Mann verschrumpelt. Ein Vampir.
    Lance ist plötzlich bei mir, mit gebleckten Zähnen und ausgefahrenen Klauen. Er sieht den reglosen Körper am

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