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Anne Rice - Pandora

Anne Rice - Pandora

Titel: Anne Rice - Pandora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pandora
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Haares gefärbt war, und einen Samtrock mit weiten Schößen, dazu Unmengen von Spitze, wie es die Franzosen bevorzugten. Seine Haut war goldbraun. Das bedeutete Feuer. Ich wusste plötzlich, dass er Schreckliches durchgemacht hatte. Aus seinen blauen Augen sprach jubelnde Liebe, und ohne seine lässige Haltung zu verändern – er lehnte mit den Ellbogen auf der Kante des Klavichords –, warf er mir mit den Fingerspitzen einen Kuss zu.

    Ich traute meinen Augen nicht. War er wirklich da? Saß ich selbst in eigener Person hier in diesem Saal, angetan mit dem tief ausgeschnittenen, fischbeinverstärkten Mieder und den weiten Reifröcken, bei denen abwechselnd einer kunstvoll hochdrapiert war, um den unteren zu zeigen? Meine Haut wirkte damals wie ein Kunstprodukt.
    Ein Coiffeur hatte mein Haar gerafft und zu einer kompli-zierten Frisur hochgesteckt.
    Ich hatte die sterblichen Hände, die mich so zurecht-gemacht hatten, keines Gedankens gewürdigt. In jener Zeit ließ ich mich von einem wilden Gesellen, einem aus Asien stammenden Vampir, durch die Welt führen, der mir nichts bedeutete. Ich war in die ewig lauernde Falle der Frauen gefallen: Ich war das unverbindliche, zur Schau gestellte Schmuckstück eines Mannes, der trotz seiner nervtötenden verbalen Grausamkeit genügend Kraft besaß, uns beide durch die Zeit zu bringen.
    Der Asiate war gerade dabei, in einem der oberen Schlafzimmer sein sorgsam gewähltes Opfer auszusaugen.
    Marius kam auf mich zu, küsste mich und nahm mich in die Arme. Ich schloss die Augen. »Ja, es ist Marius«, flü-
    sterte ich, »wahrhaftig Marius.«
    »Pandora!«, sagte er nur, dabei trat er einen Schritt zu-rück, um mich anzusehen. »Meine Pandora!«
    Seine Haut war verbrannt worden. Blasse Narben. Aber es war alles fast verheilt.
    Er führte mich auf die Tanzfläche! Er war wirklich die perfekte Verkörperung eines Menschen. Er dirigierte mich in die Runde der Tänzer. Ich konnte kaum atmen.
    Seiner Führung folgend und bei jeder neuen kunstvollen Wendung erschreckt von dem verzückten Ausdruck seines Gesichts, konnte ich weder Jahrhunderte noch Jahrtausende ermessen. Ich wollte plötzlich alles wissen – wo er sich aufgehalten hatte, was ihm widerfahren war. Stolz und Scham kämpften in mir. Konnte er sehen, dass ich nur noch ein Schatten jener Frau war, die er einst gekannt hatte? »Du bist die Hoffnung meiner Seele!«, flü-
    sterte ich.
    Er brachte mich schnell fort. In einer Kutsche fuhren wir zu seinem Stadtpalais. Er überschüttete mich mit Küssen. Ich klammerte mich an ihn.
    »Du«, sagte er, »mein Traum, ein Schatz, den ich in meiner Dummheit fortgeworfen habe, du bist hier, du hast ausgeharrt.«
    »Ich bin hier, weil deine Augen auf mir ruhen«, sagte ich bitter. »Weil du die Kerze hochhältst, kann ich im Spiegel fast meine alte Kraft erkennen.«
    Plötzlich drang ein Geräusch an meine Ohren, ein aus Urzeiten stammendes, schreckliches Geräusch. Es war der Herzschlag von Akasha, der Herzschlag von Enkil.
    Die Kutsche hatte angehalten. Eiserne Tore. Diener.
    Das Palais war geräumig, modisch, die prächtige Resi-denz eines reichen Edelmanns.
    »Sie sind da drin, die Mutter und der Vater?«, fragte ich.
    »O ja, unverändert. Absolut verlässlich in ihrem ewigen Schweigen.« Seine Stimme schien dem Entsetzlichen zu trotzen.
    Ich konnte es nicht ertragen. Ich musste dem Geräusch dieser Herzen entkommen. Ein Bild des versteinerten Königspaares erstand vor meinen Augen.
    »Nein! Bring mich fort von hier. Ich kann nicht hineingehen. Marius, ich kann sie nicht sehen!«
    »Pandora, sie sind tief unter dem Palais verborgen. Du brauchst sie nicht zu sehen. Sie werden es nicht wissen.
    Pandora, sie sind unverändert.«
    Ach! Unverändert! Mein Geist flog zurück über gefährlichen Grund, zurück zu meinen ersten Nächten in Antiochia, allein, sterblich in Antiochia, zurück zu den Siegen und Niederlagen jener Zeit. Ach! Akasha war unverändert! Ich befürchtete, ich würde anfangen zu schreien und mich nicht beherrschen können.
    »Also gut«, sagte Marius, »wir gehen, wohin du willst.«
    Ich beschrieb dem Kutscher die Lage meines Verstecks.
    Ich konnte Marius nicht ansehen. Tapfer wahrte er den Schein der glücklichen Wiedervereinigung, sprach über Wissenschaft und Literatur, Shakespeare, Dryden, über die Neue Welt mit ihren Urwäldern und Flüssen. Doch unterschwellig hörte ich aus seiner Stimme, dass ihm jede Freude vergangen war.
    Ich vergrub mein Gesicht an seiner

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