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Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
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langsam satt?« fragte Bingham und nahm Jack durch seine Drahtgestellbrille unerschütterlich ins Visier. Seine stahlblauen Augen hatte er zusammengekniffen. Obwohl er älter aussah als Methusalem, war sein Verstand so scharf wie eh und je. Darüber hinaus war er ein wandelndes Lexikon für forensische Daten; er konnte auf einen enormen Erfahrungsschatz zurückgreifen. In seinem Bereich hatte er es zu weltweitem Ruhm gebracht. »Ich freue mich, Sie ab und zu zu Gesicht zu bekommen, Boß«, entgegnete Jack und zuckte im gleichen Augenblick zusammen. Mit seiner respektlosen Bemerkung hatte er Cheryls Warnung schon jetzt in den Wind geschlagen. Bingham nahm die Brille ab und rieb sich mit seinen dicken Fingern die Augen. Dann schüttelte er den Kopf. »Manchmal wünschte ich wirklich, Sie wären nicht so außerordentlich clever. Dann wüßte ich nämlich, wie ich mit Ihnen verfahren würde.«
    »Danke für das Kompliment, Boß. Ein kleines Lob kann ich heute gut gebrauchen.«
    »Das Problem ist nur, daß Sie ein entsetzlicher Plagegeist sind.«
    Jack biß sich auf die Zunge. Aus Rücksicht auf Cheryl verzichtete er diesmal auf eine kesse Gegenbemerkung, auch wenn ihm sofort ein geeigneter Spruch einfiel. Schließlich mußte sie Bingham den Rest des Tages ertragen, und seine schlechte Laune war beinahe genauso legendär wie sein enormes Wissen auf dem Gebiet der Gerichtsmedizin. »Wissen Sie, warum ich Sie bestellt habe?« knurrte Bingham. »Leider muß ich die Antwort verweigern«, erwiderte Jack. »Ich will mich schließlich nicht selbst belasten.«
    Bingham mußte grinsen, doch im Nu war sein Gesicht wieder ernst. »Sie machen es einem nicht leicht. Jetzt hören Sie zu! Dr. Patricia Markham, die Gesundheitsbeauftragte der Stadt, hat mich vor ein paar Minuten angerufen. Wie es scheint, haben Sie den städtischen Epidemiologen schon wieder auf die Palme gebracht, diesen Dr….« Er setzte seine Brille wieder auf und durchwühlte die vor ihm liegenden Blätter, auf denen er sich den Namen notiert hatte. »Dr. Abelard«, half Jack ihm auf die Sprünge. »Ja, den meine ich«, bestätigte Bingham. »Wie lautet der Vorwurf?« fragte Jack. »Er war wütend, weil Sie ihm angeblich seine Arbeit wegnehmen«, erwiderte Bingham. »Was ist los mit Ihnen? Haben Sie nicht genug zu tun?«
    »Ich habe den Mann auf besonderen Wunsch von Dr. Washington angerufen«, erklärte Jack. »Wir waren davon ausgegangen, daß er vielleicht gern über den Anthraxfall informiert werden würde, den ich kürzlich diagnostiziert habe.«
    »So habe ich es auch von Dr. Washington gehört.« Bingham wiegte seinen mächtigen Schädel.
    »Die Nachricht schien Dr. Abelard aber nicht im geringsten zu interessieren«, fuhr Jack fort. »Er hat mir mitgeteilt, er werde sich darum kümmern, wenn er irgendwann mal Zeit habe oder so etwas Ähnliches.«
    »Aber der Erregerherd befindet sich sicher versiegelt in einem Lagerhaus in Queens, nicht wahr?« hakte Bingham nach.
    »Da ist richtig«, gestand Jack.
    »Und warum, zum Teufel, stöbern Sie dann eigenmächtig in den Geschäftsunterlagen des Opfers herum?« wollte Bingham wissen. »Was ist los mit Ihnen? Sind Sie wahnsinnig geworden? Stellen Sie sich vor, irgendein Bürgerrechtsanwalt würde mitkriegen, was Sie da machen! Sie haben weder einen Haussuchungsbefehl noch sonst irgend etwas in der Hand gehabt!«
    »Immerhin habe ich die Frau des Opfers um Erlaubnis gebeten«, versuchte Jack sich mit einem Schulterzucken zu verteidigen.
    »Daß das vor Gericht irgendwas gezählt hätte, glauben Sie doch wohl selbst nicht!« entgegnete Bingham spöttisch. »Ich habe mir Sorgen gemacht, daß das Opfer womöglich bereits einen Teil der letzten Lieferung weiterverkauft hatte. Wenn das der Fall gewesen wäre, hätte sich der Anthraxerreger verbreiten können – und wir hätten es womöglich mit einer kleinen Epidemie zu tun bekommen.«
    »Dr. Abelard hat vollkommen recht«, schäumte Bingham. »Sich darum zu kümmern ist sein Job – und nicht Ihrer!«
    »Wir Gerichtsmediziner haben die Öffentlichkeit zu schützen«, widersprach Jack. »Und ich hafte stark den Eindruck, daß Dr. Abelard nicht gewillt war, sich um besagte Risikoquelle zu kümmern. Er hat die Situation nicht gebührend ernst genommen.«
    »Wenn Sie diesen Eindruck bei einem Kollegen haben, der dem öffentlichen Dienst angehört, kommen Sie gefälligst zu mir!« brüllte Bingham. »Statt wie von der Tarantel gestochen loszurennen und eigenwillig den

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