Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anthrax

Anthrax

Titel: Anthrax Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
Krankheiten.
    Der für Infektionen zuständige Facharzt des Columbia Presbyterian Medical Center meldete sich, und Jack erklärte, warum er anrief. Der Arzt war geschockt, als er von dem Fall Papparis hörte; doch er versicherte Jack, daß sich in seinem Krankenhaus kein Kandidat für eine Anthrax-Diagnose befinde.
    Dr. Stapleton legte auf und wollte sich gerade die Nummer des nächsten Krankenhauses aus den aufgeschlagenen Gelben Seiten heraussuchen, als sein Telefon klingelte. Hastig nahm er den Hörer ab. Leider war es kein Facharzt mit interessanten Neuigkeiten, sondern Mrs. Sanford, die Chefsekretärin. Ihre Bitte kam ihm bekannt vor. Der Chef wollte ihn sprechen.
    Obwohl er nicht gerade in der Laune war, sich mit bürokratischem Unfug zu beschäftigen – wie er seine häufigen Konflikte mit der Leitung des Hauses bezeichnete –, nahm er unverzüglich den Fahrstuhl und fuhr hinunter ins Erdgeschoß. Wie ein Schuljunge, der vom Direktor gemaßregelt werden sollte, sprach er bei Mrs. Cheryl Sanford vor. Sie lächelte, als sie ihn sah, und zwinkerte ihm zu. Im Laufe der Jahre hatten Jack und Cheryl sich recht gut kennengelernt; denn jedesmal, wenn der Chef Jack auf der Stelle sehen wollte, ließ er ihn erst einmal ausgiebig warten, so daß Jack jede Menge Zeit gehabt hatte, sich nett mit der Sekretärin zu unterhalten.
    Jack zwinkerte zurück. Dieses Spielchen war Teil ihrer gemeinsam entwickelten nonverbalen Kommunikation. Ein Zwinkern bedeutete, daß Jack sich entspannen konnte, da es bei der bevorstehenden Maßregelung nur um eine Verfahrensfrage gehen würde; das wiederum bedeutete, daß der Chef sich verpflichtet, jedoch nicht wirklich motiviert fühlte, Jack für ein erneutes Vergehen zusammenzustauchen – um was für ein Vergehen auch immer es sich handeln mochte. »Was macht Ihr Sohn?« fragte Jack und ließ sich auf dem steinharten Vinylsofa gegenüber von Cheryls Schreibtisch nieder. Die Tür zum Büro des Chefs befand sich links von Cheryl und stand immer einen Spalt offen. Wie deutlich zu hören war, telefonierte er gerade.
    »Im Augenblick läuft es prima«, berichtete Cheryl stolz. »Er bringt nur gute Noten nach Hause.«
    »Freut mich zu hören«, entgegnete Jack. Er kannte Cheryls Sohn Arnold vom Basketball, denn sie spielten auf dem gleichen Platz. Arnold war ein junger, vorsichtiger Spieler, der aber ein angeborenes Talent zu besitzen schien. Cheryl war Afroamerikanerin, alleinerziehende Mutter und lebte in der 105 th Street; Jack konnte das Haus von seinem Schlafzimmerfenster aus sehen.
    »Er möchte mal so gut Basketball spielen können wie Sie«, sagte Cheryl.
    Jack mußte lachen. »Bald wird er zehnmal besser spielen als ich.« Er übertrieb nicht; Arnold war erst vor kurzem fünfzehn geworden, und selbst Warren wußte seine Ballkünste bereits zu schätzen.
    »Ich wünschte, er würde sich vornehmen, mal so ein guter Arzt zu werden wie Sie«, seufzte Cheryl. »Er ist durchaus nicht uninteressiert«, versicherte Jack ihr. »Wir haben uns vergangene Woche ein bißchen unterhalten, als wir am Spielfeldrand auf unseren Einsatz warten mußten.«
    »Davon hat er mir erzählt.« Cheryl lächelte. »Vielen Dank, daß Sie sich Zeit für ihn nehmen.«
    »Ich unterhalte mich gerne mit ihm«, stellte Jack klar. »Er ist ein netter Kerl.«
    In diesem Augenblick brüllte Dr. Harold Bingham aus seinem Büro, Jack solle sich schleunigst bei ihm einfinden. Jack stand auf und steuerte auf das Allerheiligste zu. Als er Cheryls Schreibtisch passierte, flüsterte sie ihm zu: »Seien Sie freundlich, und verärgern Sie ihn nicht! Sonst hat er den ganzen Tag schlechte Laune.«
    Der Institutschef thronte hinter seinem massiven, überquellenden Schreibtisch. Er war gerade fünfundsechzig geworden, und man sah ihm sein Alter an. Jack arbeitete seit vier Jahren unter der Leitung von Dr. Bingham im Gerichtsmedizinischen Institut, und in der Zeit schien sich sowohl die Knollennase seines Chefs als auch das Netz der seine Nasenflügel umgebenden roten Äderchen kontinuierlich ausgeweitet zu haben. Das durch das Fenster hinter seinem Schreibtisch einfallende Licht spiegelte sich auf seiner mit Schweißperlen übersäten Glatze, und er blickte so finster drein, daß Jack zusammenzuckte. »Setzen Sie sich!« forderte Dr. Bingham ihn auf. Jack folgte dem Befehl und wartete ab. Er hatte keine Ahnung, warum er diesmal herzitiert worden war, aber es gab genügend potentielle Reizthemen. »Haben Sie dieses Geduldsspiel nicht

Weitere Kostenlose Bücher