Anton und das Geheimnis im Finsterwald
nichts weiter als sein Fell und stand mit allen vier Pfoten auf dem Boden. In seiner Schnauze zappelte ein weißes Meerschwein. „Lass mich los!“, quiekte es.
Antons Herz machte
einen Satz.
Er erkannte Flecki sofort.
„Hallo Kleines“, krächzte er.
Der fremde Wolf schloss die Augen.
Er senkte den Kopf und setzte Flecki vorsichtig im Moos ab. „Bringst du es zurück?“, fragte er rau. „Ich kann es nicht fressen.“
Bevor Flecki davonsausen konnte, hatte Anton es bereits gegriffen und drückte es sanft an seine Brust.
„Woher willst du wissen, dass ich es nicht fresse?“, fragte er den Wolf.
„Ich bin dir gefolgt“, erwiderte dieser. „Ich habe dich beobachtet.“
Anton schluckte. „Du warst das also, vor dem ich gestern Nacht geflohen bin.“
Der Wolf nickte. „Ich habe gesehen, wie du auf den Treppenstufen eingenickt bist und dich im Morgengrauen in einen Menschenjungen verwandelt hast.“
Anton starrte ihn an.
„Bist du wirklich ein echter Wolf ?“, fragte er.
„Wenn du jemanden, der Karamellpudding stiehlt, für einen Wolf hältst …“
„Du hast dich also über Tante Theas Schnitten und den Pudding hergemacht, der eigentlich für mich bestimmt war!“, platzte Anton heraus.
Der falsche Wolf zuckte mit den Schultern. „Tut mir
leid, aber ich hatte so einen schrecklichen Hunger. Ich schaffe es einfach nicht, ein Meerschwein oder einen Dachs zu töten. Da geht es mir genauso wie dir.“
„Wer bist du?“, fragte Anton. „Etwa auch ein Werwolf ?“
„Ja, das bin ich“, erwiderte der Wolf. „Aber anders als du verwandele ich mich in den Morgenstunden in einen Hund. Mein Name ist Wuschel. Bis vor ein paar Wochen lebte ich noch auf einem Bauernhof und war der beste Freund der Tiere dort“, begann er zu erzählen. „Eines Nachts wurde ich wach und der Vollmond sprach mit mir. Ich sprang auf und versuchte, ein Huhn zu reißen. Darüber war ich so sehr erschrocken, dass ich fortgelaufen bin.“ Wieder senkte er den Kopf. „Ich kann nie wieder dorthin zurück. In der Wildnis aber werde ich wohl verhungern müssen.“
„Nein, das musst du nicht!“, rief Anton.
„Meine Freundin Janna wünscht sich
sosehr einen Hund.
Komm doch mit mir.
Sie wird dich füttern.
Und sie wird dich gern haben.“
Wuschel sah Anton unschlüssig an.
„Nun komm schon“, sagte Anton. „Dass du dich nachts in einen Werwolf verwandelst, braucht ja niemand zu erfahren. Nur hier im Wald solltest du dich vorerst nicht mehr herumtreiben. Sonst tappst du dem Förster womöglich auch noch in die Falle.“
Er nickte Wuschel aufmunternd zu, dann drehte er sich um und stapfte mit dem zitternden Flecki auf dem Arm zum Waldrand zurück.
Als er das Eisentor und die steinernen Löwen erreichte, brach der erste Sonnenstrahl hervor. Anton spürte ein Rupfen im Bauch und ein Kribbeln auf der Haut. Er stand barfuß im feuchten Gras und neben ihm saß ein kleiner grauer Hund, der treuherzig zu ihm aufsah. Zusammen liefen sie auf Jannas Haus zu, setzten sich auf die Stufen und warteten.
Bereits nach einer Minute wurde die Tür aufgerissen und ein lautes Lachen schepperte ihnen um die Ohren. „Ich konnte nicht schlafen. Ich habe die ganze Nacht am Fenster gesessen und habe alles gesehen!“, rief Janna und ihre grünen Augen strahlten. „Wie ihr vom Wald herübergekommen seid und wie ihr …“ Sie brach ab und zwickte Anton in die Seite. Dann nahm sie ihm Flecki aus dem Arm und herzte und küsste ihn. „Danke, dass du ihn gefunden hast!“
Dann hockte sie sich neben Anton
auf die Stufen
und streichelte Wuschel über den Kopf.
„Du kannst hier bei mir bleiben“,
sagte sie leise.
„Ich werde ganz bestimmt niemandem verraten, dass ihr Werwölfe seid!“
Anton sah sie mit großen Augen an. „Und was ist mit deiner Mutter? Die will doch keinen Hund“, fragte er. „Ach, die krieg ich schon rum“, meinte Janna abwinkend. „Sieh du mal lieber zu, dass du aus dem Schlafanzug kommst“, fuhr sie grinsend fort.
„Ich werde derweil ein paar Würstchen für meinen neuen Freund aus dem Kühlschrank holen.“
Super Idee, dachte er.
Und überhaupt:
Diesen Auftrag hatte er erstklassig erledigt!
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1. Auflage 2011
© 2011 cbj, München
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Buchidee und Konzept: Patricia
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