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Arkonadas Totenbuch

Arkonadas Totenbuch

Titel: Arkonadas Totenbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Den kalten Wind spürte Travis Milton wie eine letzte Warnung. Er wehte aus dem Norden heran und brachte jetzt, im Hochsommer, sogar den Geruch von Schnee mit.
    Milton blieb stehen und schüttelte sich. Er lachte wild gegen die kalten Böen an. Sein Bart sah grau aus und staubig. Das lange dichte Haar erreichte fast die Schultern. Die letzten Wochen hatten den Dreißigjährigen um Jahre altern lassen. Jede Anstrengung stand ihm ins Gesicht geschrieben, aber er hatte auch an Zähigkeit gewonnen und wollte sich so dicht vor dem großen Ziel nicht abbringen lassen. Und dieses Ziel bedeutete alles für ihn.
    Es war unwahrscheinlich, schien erst unerreichbar gewesen zu sein, bis er die Stellen tatsächlich gefunden und gelesen hatte. Nicht umsonst war das Totenbuch so gehütet worden, es barg immerhin das größte Geheimnis, das die Menschen seit ewigen Zeiten aufzuklären suchten: den Schlüssel zum ewigen Leben.
    Und genau das wollte sich Travis Milton holen. Das ewige Leben, niemals sterben, es aus der Hand einer Person zu empfangen, für die es die Zeit überhaupt nicht gab.
    Die einfach endlos war.
    Eli, die Blutgöttin!
    Noch an diesem Abend würde er ihr gegenüberstehen. Ein paar wankende Schritte brachten ihn in die Nähe einer schützenden Mulde, wo ein Felsstein lag, als hätte ihn jemand verloren, oder vergessen, ihn wieder aufzunehmen. Auf diesem Stein ließ er sich nieder. Er mußte zunächst zu Atem kommen. In der dünnen Luft der Bergwelt fiel ihm dies schwer. Vom langen Steigen schmerzte sein Kreuz. Er bog es durch, sein bärtiges Gesicht wirkte irgendwie steif und ausgezehrt. Die Haut erinnerte schon an altes Leder. Aber das waren Äußerlichkeiten. Der Wille, der Antrieb, der seelische Motor, sie allein zählten und würden ihn auch an sein Ziel bringen.
    Wenn er zurückschaute, sah er die Wolken. Vom Wind herangetragene Nebelinseln, die den Blick in die Tiefe und damit auch zum Kloster nahmen. Auch den schmalen Pfad konnte er nicht erkennen, die Wolkendecke hielt alles verborgen, als wollte sie ihm mitteilen, daß sein zurückliegendes Leben nicht mehr existierte.
    Travis Milton stand vor einem Neubeginn. Vor dem absoluten Anfang, der nie ein Ende nehmen sollte und einmündete in das ewige Leben. Seine Augen begannen zu glänzen, während er sich damit gedanklich beschäftigte. Das ewige Leben. Er sollte es bekommen. Er, der kleine Angestellte aus einem Londoner Vorort. Millionäre und Milliardäre hätten fast ihr ganzes Vermögen gegeben, um eine solche Chance zu bekommen. Aber man gab sie ihnen nicht. Dafür ihm, Travis Milton, denn er hatte die Voraussetzungen erfüllt. Er war den Spuren nachgegangen, vor allen Dingen hatte er geglaubt und nicht gezweifelt. Es war das Totenbuch, es gab Eli, und es mußte auch Arkonada gegeben haben, der es geschrieben hatte.
    Zum Greifen nahe lag das Ziel. Hatte er es einmal erreicht, bekam er das ewige Leben geschenkt.
    Eli würde dafür sorgen.
    Sie, die Blutgöttin, die schon im alten Atlantis verehrt worden war. Er stand auf. Der Wind brachte auch Staub mit und den Geruch von kalten Steinen. Vegetation gab es in dieser Höhe nicht mehr. Bei klarem Wetter hätte er bis zum Meer schauen können, das die Insel Kreta umgab. Doch die Wolken verdeckten die Sicht, als wollten sie den Mantel des Schweigens über die alte minoische Kultur ausbreiten. Aber er hatte ihn aufgerissen. Er wußte mehr, er kannte Eli und würde ihr bald gegenüberstehen und von ihr ein kostbares Geschenk erhalten. Travis stand auf. Ruckartig, als wäre ein neuer Strom der Kraft durch seinen Körper geschossen. Die Mönche hatten ihm den Weg genau bezeichnet, er kannte die markanten Punkte in dieser urwüchsigen Bergwelt genau und konnte sie auch innerhalb des Dunstes und der träge dahinfließenden Wolken ausmachen.
    Links von ihm fiel ein weiterer Geröllhang in die Tiefe. Ihn hatte er hochgehen müssen. Jetzt lief er durch eine mit kleinen Steinen gefüllte Rinne im Boden. Sein festes Schuhwerk und der Untergrund gaben ihm einen guten Halt. Wie lange er bis zu seinem Ziel noch laufen mußte, war ungewiß. Die Mönche hatten ihm nur gesagt, daß er es vor der Dunkelheit erreichen könne, und darauf verließ er sich. Als Großstadtmensch hatte er für die freie Natur früher nie viel übrig gehabt. Erst recht nicht für eine karge Bergwelt. Seit er von Eli gehört hatte, war dieses alte Gefühl verschwunden. Travis Milton hatte sein Leben neu eingerichtet, Markierungspunkte gesetzt und ihnen

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