Anton und das Geheimnis im Finsterwald
zumindest meine Mutter. Und die anderen Leute sagen es auch. Deshalb darf ich nach Einbruch der Dunkelheit auch nicht mehr raus.“
„Ach, das sagen die Erwachsenen doch nur, um uns Angst einzujagen“, meinte Anton abwinkend. „Du weißt schon, diese Sache mit den Gnunomen und den Krähen, die einem am Abend auflauern.“
„Ja, ich weiß“, lenkte Janna ein. „Normalerweise tun die Erwachsenen das. Aber glaub mir, diesmal meinen sie es ernst. Gestern Abend war der Förster bei uns und hat erzählt, dass ein Wolf im Wald aufgetaucht ist.“
Ein Wolf? – Oje! Anton schluckte. Hoffentlich meinte der Förster damit nicht ihn! Vielleicht hatte er sich ja in den Nächten zuvor auch schon verwandelt – ohne dass er es gemerkt hatte, natürlich!
„Ist was?“, fragte Janna.
„Wieso ?“, erwiderte Anton.
„Na, du guckst so komisch.“
„Ach, ich denke bloß nach“, meinte Anton.
Er blickte sich nach allen Seiten um.
„Wohin ist Flecki nur verschwunden?“
Janna schlug sich entsetzt die Hand vor den Mund. „Meinst du, der Wolf hat ihn sich geholt?“, entfuhr es ihr.
„Am helllichten Tag?“ Anton schüttelte den Kopf.
„Denkst du, Wölfe jagen nur nachts?“, entgegnete Janna.
Anton kratzte sich am Kopf. Mittlerweile hatte er das Laufgehege entdeckt und hielt nun geradewegs darauf zu. „Keine Ahnung“, murmelte er, während er vor dem Gehege in die Hocke ging. Es bestand aus einem Holzgestell, das mit Hasendraht umkleidet war.
Anton untersuchte alles ganz genau.
„Der Wolf hat mich bestimmt gesehen“,
meinte Janna.
„Und meine Mutter auch.
Die ist heute Morgen zur Arbeit gefahren.“
Anton sah zum Haus hinüber.
Es war sehr groß.
Bestimmt hatte es mehr als 10 Zimmer.
„Dann bist du jetzt ganz allein hier“, sagte er.
Janna nickte. „Ein bisschen unheimlich ist das schon“, erwiderte sie. „Besonders, wenn Ururopa am Kamin sitzt und so tut, als würde er Tee trinken.“ Sie schloss die Augen und seufzte. „Ich wünschte, wir hätten einen Hund. Der könnte dann auf mich aufpassen. Aber Mama meint, das ist nicht nötig. Schließlich ist Flecki ja auch noch da, um den ich mich kümmern muss. Oje, oje!“, jammerte sie. „Wenn Mama erfährt, dass er weg ist, krieg ich bestimmt nie einen Hund!“ „Hm“, machte Anton. Er war gerade dabei, die hintere Schmalseite des Laufgeheges abzutasten. Plötzlich stutzte er. „Mensch, hier ist ja der Draht lose!“
„Was?“ Bestürzt ließ Janna sich neben ihm ins Gras fallen. „Wo?“
„Hier“, sagte Anton und bog ein Stück des Hasengitters nach außen, sodass ein Handteller großes Loch entstand.
Janna knuffte ihn in die Seite. „Mensch!“, rief sie. „Dann wollte derjenige, der Flecki geklaut hat, wohl vertuschen, dass es ein Diebstahl war!“
Anton zuckte mit den Schultern. „Vielleicht hast du recht“, meinte er. „Aber dann kann es unmöglich ein Wolf oder ein anderes Tier gewesen sein.“
„Stimmt“, sagte Janna. „So schlau sind Tiere nicht.“
„Vielleicht ist Flecki aber auch einfach abgehauen“, erwiderte Anton. „Schließlich könnte sich der Draht auch von allein gelöst haben.“
Janna sprang auf ihre Füße.
„Wir müssen ihn finden!“, rief sie.
Anton und Janna suchten
den ganzen Garten ab.
Sie schauten unter jeden Busch
und hinter alle Blumenkübel.
Aber sie fanden Flecki nicht.
Beim Mittagessen erzählte Anton Tante Thea von Fleckis Verschwinden.
„Ich glaube auch nicht, dass ihn jemand gestohlen hat“, sagte sie und machte ein finsteres Gesicht. „Die arme kleine Janna! Hoffentlich findet ihr das
arme Meerschweinchen bis zum Abend. Ich fürchte, sonst …“ Sie biss sich auf die Unterlippe, nahm ihren Suppenteller und stellte ihn in die Spüle.
„Sonst was?“, hakte Anton sofort nach.
„Na ja, im Wald gibt es Füchse …“, begann seine Großtante.
„Und Wölfe?“, wisperte Anton.
Tante Thea schwieg.
„Janna hat gemeint, der Förster hätte einen Wolf gesehen“, sagte Anton. Das Herz klopfte ihm bis zum Hals.
„Denkst du, das war auch eine Lüge?“
Tante Thea schüttelte den Kopf.
„Nein“, sagte sie, nachdem sie sich wieder auf ihren Stuhl gesetzt hatte. „Mit mir hat der Förster ebenfalls gesprochen. Heute Morgen, als du noch in deinem Bett lagst und geschlafen hast, kam er zu mir in den Gemüsegarten und erzählte mir alles.“
„Und jetzt?“, fragte Anton. Er hatte Mühe, seiner Stimme einen festen Klang zu verleihen. „Wollen
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