Anton und das Geheimnis im Finsterwald
er Tante Thea rufen. „Bist du das, mein Junge?“
Der Lichtstreifen verbreiterte sich und die alte Dame trat in den Flur. Sie trug eine Schlafmütze, einen geblümten Morgenmantel und hellblaue Pantoffeln.
„Hast du schlecht geträumt?“, fragte sie.
Anton nickte.
„Dann hast du jetzt bestimmt Durst“,
meinte Tante Thea lächelnd
und wuschelte ihm
durch die dunklen Locken.
Sie eilte in die Küche und kam kurz darauf mit einer Flasche Birnensirup und der Wasserkaraffe zurück. Anton folgte ihr in das kleine gemütliche Wohnzimmer.
„Nimm dir ein Glas und setz dich“, sagte Tante Thea, während sie zuerst auf die Vitrine und dann auf das Sofa deutete. Vorsichtig öffnete Anton eine der beiden Schranktüren, fischte zwei Gläser heraus, stellte sie auf den Tisch und ließ sich auf die weichen Kissen in der Sofaecke plumpsen.
Tante Thea schenkte Birnensirup und Wasser ein und sank in den Ohrensessel.
„Morgen ist Vollmond“, sagte sie. „Daran wird es wohl liegen, dass du schlecht geträumt hast.“
Anton nahm sein Glas und trank einen Schluck. Das süße kühle Getränk schmeckte wunderbar.
„Auf dem Land ist die Kraft des Mondes stärker zu spüren als in der Stadt“, fuhr Tante Thea unterdessen fort. Wieder schenkte sie Anton ein Lächeln. „Du brauchst dir deswegen aber keine Sorgen zu machen.“ Wieder nickte Anton. Dann räusperte er sich.
„Weißt du, was ein Gnunom ist?“,
fragte er.
Tante Thea lachte.
„Natürlich weiß ich das!“, rief sie.
„Nichts als Spinnerei ist es.
In Wahrheit gibt es keine Gnunome.“
„Aber Janna hat erzählt, dass sie ihr Blumenbeet umgegraben haben“, hielt Anton dagegen.
Tante Thea leerte ihr Glas und stellte es auf den Tisch zurück. Dann lehnte sie den Kopf gegen die hohe Sessellehne und schürzte die Lippen. Wahrscheinlich dachte sie nach.
„Wie alt bist du, Anton?“, fragte sie schließlich.
„Neun“, erwiderte er wahrheitsgemäß.
„Und wie alt ist die kleine Janna?“
„Acht“, sagte Anton.
„Das dachte ich mir.“ Tante Thea schüttelte leise grunzend den Kopf. „Eigentlich ist sie erst sieben.“
„Woher weißt du das?“, platzte Anton heraus, dabei lag die Antwort doch eigentlich auf der Hand.
Natürlich hatte Tante Thea sich längst mit Jannas Mutter unterhalten und alle wichtigen Dinge von ihr erfahren. Daher wusste sie wahrscheinlich auch, dass das Haus mit dem Eisentor und den Steinlöwen nicht Jannas Ururgroßvater gehört hatte. Trotzdem – Anton wollte nicht glauben, dass Janna eine Schwindlerin war.
„Ich glaube, ihre Mutter hat die Gnunome erfunden“, sagte Tante Thea. „Sie will nicht, dass Janna sich nachts aus dem Haus schleicht.“ Plötzlich machte sie ein ernstes Gesicht. „Und ich möchte auch nicht, dass du das tust!“, setzte mahnend hinzu.
„Mach ich nicht“, versprach Anton.
Hastig trank er sein Glas aus.
Dann ging er die Treppe hinauf
und in sein Zimmer zurück.
Sein Herz klopfte laut.
Aber der Mond war verschwunden.
Zum Glück!
Alles nur Spinnerei?
Als Anton am nächsten Morgen die Augen aufschlug, tanzte ein Sonnenstrahl auf seiner Decke. Durch den Spalt im Vorhang sah er blauen Himmel und eine kleine schneeweiße Haufenwolke.
Mit einem Satz sprang Anton aus dem Bett. Er flitzte ins Bad, schaufelte kaltes Wasser in sein Gesicht und putzte sich die Zähne. Anschließend suchte er frische Unterwäsche aus dem Koffer und streifte Hose, Hemd und Pulli über.
Tante Thea hatte den kleinen Tisch im Garten gedeckt. Es gab selbst gebackenes Weißbrot, Käsecreme und Beerenmarmelade zum Frühstück.
Anton verdrückte drei Schnitten und wollte gerade nach der vierten greifen, da lugten Jannas rote Mähne und ihre grünen Augen über die Buchsbaumhecke. „Lust auf Beerenmarmelade und Karamellpudding?“, fragte Tante Thea.
Die rote Mähne und die grünen Augen verschwanden und zehn Sekunden später stand Janna vor ihnen auf der Wiese.
„Und wie!“, sagte sie.
Tante Thea bot ihr einen Stuhl an
und holte die Puddingschüssel
aus dem Haus.
Anton bestrich zwei Brote mit Marmelade.
Janna und er futterten sie in sich hinein.
Danach aßen sie Pudding.
Janna konnte unheimlich viel essen.
„Hast du gestern Abend den Mond gesehen? “, fragte sie später, als Anton und sie auf den Wald zu liefen. Sie hatten Angelzeug und einen Eimer dabei. „Klar“, sagte Anton. „Er ist ziemlich gruselig.“
„Ist er gar nicht“, widersprach Janna. „Man muss nur
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