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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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überlegen gegeben hätte. Sie musste hier weg – aus dieser Stadt, diesem Land und diesem ganzen Teil der Welt, und das so schnell, wie es nur ging. Horus hatte recht gehabt: Sie hätte gar nicht erst hierherkommen sollen. Indem sie es trotzdem getan hatte, hatte sie nicht nur nichts erreicht, sondern nur unermesslichen Schaden angerichtet. Einen kurzen Moment lang hatte sie sogar ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, dem Fahrer Anweisung zu geben, sie statt in Mrs Walshs Pension zum Hafen oder dem nächsten Bahnhof zu bringen und London noch in dieser Stunde zu verlassen – aber natürlich war das eine kindische Idee, die sie fast augenblicklich wieder verworfen hatte. Einmal ganz davon abgesehen, dass sich nicht nur ihr Gepäck mit ihren Kleidern, ihrer gesamten Barschaft und einigen anderen, wirklich unersetzlichen Dingen in ihrem Zimmer befand, gab es noch ein paar andere – größtenteils selbst gemachte – Probleme, die sie lösen musste, bevor sie wieder dorthin zurückkehren konnte, wohin sie gehörte. Da waren nicht nur Jacobs Erinnerungen, die dringend einer gewissen Korrektur bedurften, sondern auch Cindy und vor allem Abberline, aus dessen Verhalten sie immer noch nicht wirklich schlau wurde.
    Bast hatte fest damit gerechnet, dass der Inspektor sie auf der Stelle verhaften und zurück zum Yard schleifen – oder es wenigstens versuchen – würde, und sie verstand bis zu diesem Moment nicht wirklich, warum er es nicht getan hatte. Vielleicht ahnte er ja, was sie vorhatte, und dies war seine Art, sie gehen zu lassen, ohne vollends das Gesicht zu verlieren. Bast sollte es recht sein. Sie brauchte ein Bad, frische Kleider und ein Schiff, das sie so weit von hier wegbrachte, wie es nur ging.
    Sobald gewisse Dinge erledigt waren.
    Sie bezahlte den Fahrer nebst einem Trinkgeld, das ausreichte, damit er sich auch in einer Woche noch ganz bestimmt an sie erinnerte, schüttelte den Kopf über ihre eigene Gedankenlosigkeit und machte diesen Fehler wieder wett, indem sie seine Erinnerungen an die zurückliegende Stunde auslöschte, bevor sie aus der Kutsche stieg. Sollte er sich doch am nächsten Morgen wundern, woher der Gestank in seinem Wagen kam … und über die fünf Pfund in seiner Geldbörse.
    Mrs Walsh öffnete ihr die Tür, noch bevor Bast die Hand nach der Klinke ausstrecken konnte. Vermutlich hatte sie die Droschke gehört und war ans Fenster getreten, um nachzusehen, und der Ausdruck auf ihrem normalerweise so gütigen Gesicht verhieß nichts Gutes. Sie fuhr Bast an, noch bevor sie auch nur den Mund auftun konnte. »Meine Liebe, ich bin es ganz und gar nicht gewohnt, dass meine Gäste um diese Zeit …« Sie verstummte mitten im Satz, riss die Augen auf und prallte dann regelrecht entsetzt einen Schritt zurück. »Großer Gott! Wie sehen Sie denn aus?«
    »Das ist eine lange Geschichte, Mrs Walsh«, antwortete Bast müde. »Ich weiß, es ist spät, und ich sehe vermutlich nicht besonders gut aus, aber dürfte ich trotzdem eintreten?«
    Einen Moment lang war sie nicht einmal davon überzeugt, dann kam ihr die Situation nachgerade lächerlich vor. Möglicherweise brannte hinter ihnen gerade die halbe Stadt ab, und irgendwo wurden noch immer Pläne geschmiedet, nichts weniger als diese ganze Zivilisation zu Fall zu bringen … und Mrs Walsh sorgte sich um ihren Teppich? Das war so grotesk, dass sie um ein Haar laut aufgelacht hätte.
    »Sie riechen auch etwas streng, meine Liebe«, antwortete Mrs Walsh, mit einiger Verspätung und sichtlich um einen wenigstens halbwegs sachlichen Ton bemüht. Sie versuchte zu lächeln, aber es blieb bei dem Versuch.
    »Ja, ich fürchte, damit haben Sie recht.« Bast nutzte die Gelegenheit, an der vollkommen erstarrten Mrs Walsh vorbei vollends ins Haus zu treten und demonstrativ die Tür hinter sich zu schließen. »Ich nehme an, Kapitän Maistowe ist noch nicht zurück?« Sie beantwortete ihre eigene Frage mit einem Kopfschütteln. »Inspektor Abberline hat versprochen, später noch einmal vorbeizuschauen. Ich denke, ich sollte die Zeit nutzen, um mich ein wenig … herzurichten.«
    Mrs Walsh überwand ihren Schock nur mühsam. »Ja, das scheint mir auch angemessen«, sagte sie lahm, räusperte sich unecht und zauberte dann wieder einen strafenden Ausdruck auf ihr Gesicht. »Und ich werde wohl auch eine Bürste und einen Eimer heißes Wasser bereitstellen.« Sie maß Bast mit einem missbilligenden Blick und verbesserte sich. »Zwei.«
    »Es tut mir sehr leid, dass ich

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