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Anubis 02 - Horus

Anubis 02 - Horus

Titel: Anubis 02 - Horus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Kabine.«
    »Und den gewohnten Luxus?«, stichelte Bast gutmütig.
    »Selbstverständlich«, antwortete Maistowe ernst. »Es sei denn, Sie bestehen darauf, bei dem Mädchen zu bleiben.«
    Bast zog es vor, die Spitze zu ignorieren. »Sie sind sicher, dass Sie Faye mitnehmen wollen?«, fragte sie stattdessen. »Es wird nicht ganz so leicht werden, wie es mit …« Sie zögerte fast unmerklich, den Namen auszusprechen, um ihm nicht noch mehr Schmerz zuzufügen. »… Cindy geworden wäre.«
    Zu ihrer Überraschung lachte Maistowe, wenn auch leise, und nur ganz kurz. Es klang eher wie ein Bellen. »Ich bin mir ganz und gar nicht sicher«, sagte er, aus irgendeinem Grund anscheinend über ihre Frage amüsiert. »Aber Sie haben es selbst gesagt: Sie kann nicht in England bleiben … und sie will bei mir bleiben, zumindest für eine Weile.« Er schien etwas in ihrem Blick zu registrieren, dessen sie sich selbst nicht bewusst gewesen war, denn er schüttelte plötzlich den Kopf, und ein zorniger Schatten huschte über sein Gesicht. »Keine Sorge. Ich rühre sie nicht an.«
    Diese Worte wären nicht nötig gewesen, dachte Bast traurig. Jede Frau auf der Welt, aber ganz bestimmt nicht Faye.
    »Sie müssen England in sehr schlechter Erinnerung behalten«, sagte er plötzlich.
    »Nein«, antwortete Bast sanft. Sie wusste genau, was er meinte. »Warum sollte ich? Was geschehen ist, war nicht Ihre Schuld, Jacob.«
    »Nein, vermutlich nicht«, antwortete er leise und ohne sie anzusehen. »Aber nichts von alledem wäre passiert, wenn ich Sie nicht überredet hätte, mich zu Gloria zu begleiten.«
    Das also war es, was er von ihr wollte, dachte Bast. Er erwartete Absolution von ihr – und warum auch nicht? Sie vergab sich nichts dabei, außerdem war es die Wahrheit. Und wenn man es genau nahm, dann griff sein Argument andersherum genauso: Nichts von alledem wäre passiert, wäre sie erst gar nicht in dieses Land gekommen.
    Aber da war ein Gedanke, der sie seit nunmehr zwei Tagen plagte. Sie hatte niemals endgültig eine Antwort auf die Frage gefunden, warum sie eigentlich hierhergekommen war, in dieses kalte graue Land voller feindseliger Menschen. Aber was, wenn sie gar nicht aus eigenem Antrieb gekommen war, sondern irgendjemand – irgendetwas – sie geschickt hatte? Was, wenn der einzige Grund für ihr Hiersein der gewesen war, Zeugin zu werden, wie eine verrückte alte Frau drei leibhaftige Götter besiegte?
    »Es war nicht Ihre Schuld, Jacob«, sagte sie sanft. »Ohne Sie wäre ich jetzt vielleicht auch tot und Faye und Frederick ebenfalls. Wie hätten Sie es wissen können? Sie hat ja sogar mich getäuscht, obwohl ich ihre Gedanken lesen konnte. Niemand konnte es wissen.«
    Maistowe schien etwas darauf erwidern zu wollen, aber dann beließ er es bei einem traurigen Blick und einem noch traurigeren Kopfschütteln und ging ohne ein weiteres Wort.
    Und damit hätte es vorbei sein können. Die Lady of the Mist zitterte und knarrte heftiger unter ihren Füßen und drehte sich jetzt immer schneller von der Kaimauer weg, und Bast wollte sich schon umwenden und in ihre winzige, übel riechende Kabine unter Deck gehen, als eine Bewegung am Himmel über der Stadt ihre Aufmerksamkeit noch einmal erregte.
    Im allerersten Moment war es nur ein winziger Punkt, weniger als ein Schatten, der über den trüben Himmel von London glitt, aber er wuchs rasch heran und wurde binnen eines einzigen Augenblickes zu einem pfeilflügeligen schwarzen Umriss, der mit einem schrillen Kreischen auf sie herabzuschießen schien.
    Aber er war nicht allein.
    Ein zweiter Schemen gesellte sich zu ihm, dann ein dritter und vierter, größer und dunkler als Horus’ Falke, schwarze Ungeheuer mit noch schwärzeren Augen und gebogenen Schnäbeln und einem Gefieder, das dunkel und hart glänzte wie geschmiedetes Eisen. Und sie stießen erbarmungslos auf ihn herab.
    Bast blieb stehen und sah in den Himmel hinauf, während die drei Tower-Raben den Horus-Falken in Stücke rissen, und erst dann, als endlich Stille war, wandte sie sich endgültig um und steuerte ihre Kabine an.
    Jetzt wusste sie, was das Gefühl der Endgültigkeit bedeutet hatte.
    Aber es war gut so.

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