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Anwältin der Engel

Titel: Anwältin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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ziemlich fies. Bree, den Fall dürfen Sie sich nicht entgehen lassen.« Fordernd streckte er die Hand aus. »Haben Sie die Telefonnummer? Dann her damit. Ich werde sofort einen Termin ausmachen.«

Più non ti dico e più non ti rispondo.
Mehr sag ich nicht; und mehr nicht geb ich Antwort.
Dante, Die Hölle
    Zehn Minuten später bog Bree in die President Street ein, die zur 80 East und weiter nach Tybee Island führte. Sascha saß auf dem Beifahrersitz und hielt mit genüsslich geschlossenen Augen und flatternden Ohren den Kopf in den Fahrtwind. Das Haus der Chandlers lag am Südende der Insel, gegenüber von Little Tybee. Eine teure Gegend, wenn auch keine, wo die Alteingesessenen wohnten. Das Anwesen lag ein Stück von der Hauptstraße entfernt und war von einer mehr als mannshohen Ficushecke umgeben. Diese Pflanze kam im Süden Georgias selten vor; Bree war sich ziemlich sicher, dass jedes Jahr ein großer Geldbetrag aufgewendet werden musste, um Frostschäden zu beheben. Aber die Hecke wirkte zweifellos elegant.
    Das Haus war exakt im Stil von Mizner gebaut. Wie seine Pendants in Palm Beach strahlte es eine ganz eigene, behagliche Eleganz aus. Das rote Ziegeldach, der pinkfarbene Putz und die kunstvoll gearbeitete schmiedeeiserne Umzäunung zeugten von einem guten, dezenten Geschmack. Der Rasen wirkte saftig grün. Es war jenes samtweiche kurze Gras, auf dem man wie auf Moos lief. Hinter dem Haus befand sich, wie Bree flüchtig wahrnahm, ein Pool, am Rand mit Backsteinziegeln gepflastert. Um den Pool bildeten Stühle und Tische aus poliertem Teakholz eine Oase des Komforts. All dies wirkte erstaunlich bescheiden, wenn man bedachte, wie viel Geld die Chandlers doch offenbar besaßen. Bree merkte, wie unwillkürlich ein echtes Interesse an Lindseys Verhalten bei ihr aufkam. Die Familie spielte ihren immensen Reichtum offensichtlich herunter, was in der Regel für gute Wertmaßstäbe sprach.
    Vielleicht aber auch nicht.
    Sie platzierte Sascha auf den Fahrersitz, ließ beide Fenster des Wagens offen und ging den Backsteinpfad hoch, der zu dem Vordach führte, das von Säulen getragen wurde. Als Bree die Stufen hinaufstieg, öffnete Carrie-Alice Chandler eine Haustür aus Mahagoni.
    »Brianna? Ich bin Carrie Chandler.« Sie musterte Bree kurz und sagte in trockenem Ton: »Meine Güte. Sie sind mit Cissy verwandt? Sie sehen ja hinreißend aus.«
    Da dieses Kompliment auf Kosten ihrer heißgeliebten Tante erfolgte, wusste sie nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollte. Deshalb sagte sie lieber gar nichts.
    Carrie-Alice war kleiner als Bree, was aber auf viele Frauen zutraf, denn Bree war ja recht groß. Obwohl Bree wusste, dass die Frau höchstens fünfundvierzig Jahre alt sein konnte, sah sie älter aus. Ihr Gesicht wirkte müde. Sie hatte sich nicht die Mühe gemacht, die grauen Strähnen in ihrem braunen Haar zu färben, und ihr Make-up war nur um weniges heller als ihre eigentliche Hautfarbe. Ihr Lippenstift war altmodisch mattrot. Sie war ziemlich bieder gekleidet und trug einen gut geschnittenen Leinenrock sowie ein hellrosa Twinset aus Baumwolle. Eine Perlenkette, kleine Perlenohrringe und flache Halbschuhe vervollständigten ihr Outfit, das man eher bei einer Frau in den Sechzigern als bei der Mutter einer halbwüchsigen Tochter erwartet hätte. Als Bree später darüber nachdachte, kam sie zu dem Schluss, dass es ein defensiver Kleidungsstil war.
    Carrie stellte sich kerzengerade hin, als bereite es ihr Mühe, höflich zu sein, und trat zur Seite, um Bree einzulassen. »Danke, dass Sie so schnell gekommen sind. Bitte treten Sie ein.«
    Bree folgte ihr durch die weitläufige, schwarz und weiß geflieste Eingangshalle zum hinteren Teil des Hauses. Im Inneren war es kühl und roch wie in einem Blumenladen. Bei den Möbeln handelte es sich um Reproduktionen von recht guter Qualität. Der Fußboden bestand aus schmalen, auf einem Unterboden ruhenden Eichendielen, eine Kompositkonstruktion, die bei Leuten, die es sich leisten konnten, zurzeit sehr beliebt war.
    »Möchten Sie im Wintergarten oder im Arbeitszimmer sitzen?« Carrie blieb stehen und sah über die Schulter zurück. Die Tür zu ihrer Linken stand halb offen. Bree blickte in einen Raum mit Schreibtisch, Bücherregalen und einigen sehr hübschen Aquarellen an den Wänden. Der Wintergarten lag unmittelbar vor ihnen. Die Verandatür, die zum Pool führte, stand offen. Über die Lehne eines Liegestuhls lugte ein blonder Haarschopf mit

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