Apocalypsis 1 (DEU)
Avignon galt, weil man von dort den besten Blick auf seine prachtvolle Heimatstadt hatte. Als Peter und Maria die kleine Kartause betraten, die auf einer Anhöhe mit Blick zur Rhône lag, wussten sie, dass sie diesmal richtig lagen.
Volltreffer !
Die Klosteranlage war nicht groß. Hinter einer kleinen gotischen Kirche erstreckte sich ein U-förmiger Komplex von niedrigen Gebäuden um einen kleinen Innenhof. Aber in diesem Hof stand unübersehbar und wenig geheim, wie ein selbstbewusstes Zeichen, ein kleiner offener Tempel auf acht Säulen, der auf den ersten Blick wie eine verschwiegene Laube in einem feudalen Park wirkte. Peter erkannte jedoch sofort den Grundriss.
»So haben die Templer ihre Kirchen gebaut!«, rief er aus. »Achteckig wie Salomons Tempel!«
Er begann sofort, das Tempelchen zu untersuchen und wurde auch schnell fündig.
»Ich glaub’s nicht! Maria, schau dir das an. Sie waren einfach dreist!«
Er zog Maria in den kleinen Tempel hinein und deutete auf ein Relief unter der gewölbten Decke. Es zeigte ein dreiköpfiges Baphometrelief.
»Diese Templer müssen sich in Avignon sehr sicher gefühlt haben.«
Maria wirkte skeptisch. »Bisschen sehr offensichtlich, findest du nicht?«
»Vielleicht sind das nur Hinweise auf das wahre Versteck«, rief Peter elektrisiert. »Schau dich weiter um.«
Sie untersuchten jeden Winkel des kleinen Tempels, Peter außen, Maria innen. An der Außenseite des Tempels stieß Peter auf ein weiteres Relief. Ein Quadrat, unterteilt in 25 weitere Felder. In jedem Feld schien etwas zu stehen, doch Wetter und Winter von siebenhundert Jahren hatten dem Sandstein zu arg zugesetzt, um die Zeichen entziffern zu können.
»Verdammt, was kann das sein?«
Maria betastete das Relief mit ihren Fingern.
»Ich weiß es!«, rief sie plötzlich. Das ist ein SATOR-Quadrat!«
»Ein was?«
»Ein Zauberspruch aus frühchristlicher Zeit. Österreichische Almbauern schmücken damit heute noch ihre Türen zum Schutz gegen Dämonen und Unheil.
»Was bedeutet er?«
»Es ist ein Palindrom, eine Art magisches Quadrat aus Buchstaben statt Zahlen. Die Buchstaben ergeben horizontal wie vertikal immer den gleichen lateinischen Satz. Von oben nach unten gelesen steht da: Sator Arepo Tenet Opera Rotas .«
Peter überlegte einen Moment, dann kniff er unzufrieden die Augenbrauen zusammen. »Was bedeutet Arepo?«
»Das weiß kein Mensch. Vielleicht ein Name.«
»Der Sämann Arepo hält mit Mühe die Räder?«, versuchte Peter eine erste Übersetzung.
»Nicht schlecht. Oder auch: Der Sämann hält die Werke .«
»Und natürlich hat nie jemand den Sinn dieser Worte herausgefunden, und die ganze Welt spekuliert seit Jahrhunderten, welches geheime Wissen sich wohl hinter diesem Unsinn verbergen mag.«
»Sonst wäre es ja kein Zauberspruch.«
Peter war nicht zufrieden. »Lass uns weitersuchen.«
»Ich hab schon was. Komm.«
Sie führte ihn an eine Stelle im Inneren des offenen Achtecks und deutete auf eine Stelle im Stein, etwa in Kopfhöhe und fast exakt dem SATOR-Quadrat gegenüber gelegen. Peter erkannte zunächst nichts.
»Es ist ziemlich verwittert«, sagte Maria. Sie nahm seine Hand und führte sie über den rauen Stein. Peters Finger ertasteten Furchen im Stein, gerade und gekreuzte Furchen und Vertiefungen. Bis Peter erkannte, was da im Sandstein seit siebenhundert Jahren verwitterte. Seine Hand zuckte weg wie nach einem elektrischen Schlag.
»Das Zeichen!«
XXXVIII
13. Mai 2011, Zentrale der Schweizergarde, Vatikanstadt
B ei dem betreffenden Gerät handelt es sich um ein Bodenradar«, berichtete Gardist Egger in seiner langsamen Berner Art. »Es wird verwendet, um …«
»Ich weiß, wofür man ein Bodenradar braucht!«, unterbrach Bühler ihn unwirsch. »Aber was hatten diese Leute mit einem Bodenradar in der Nekropole zu suchen? Steiner?«
»Wir haben oberflächliche Bohrmaßnahmen im zweiten Niveau der Katakombe entdeckt«, berichtete der angesprochene Gardist. »Sieht aus wie Probebohrungen.«
»Wo genau?« Bühler breitete eine topographische Karte des Vatikans auf seinem Schreibtisch aus.
Steiner zeigte auf den Westflügel des Petersdoms. »Hier.«
»Hat der Hund angeschlagen?«
»Spitzi war die ganze Zeit sehr aufgeregt da unten, ja fast ängstlich. Aber angeschlagen hat sie kein einziges Mal.«
»Gehen Sie mit Ihren Leuten noch mal runter. Ich will, dass Sie jeden verdammten Zentimeter der Nekropole absuchen! … Favre, was haben Sie über diese
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