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Apocalypsis 3.06 (DEU): Tesserakt. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Apocalypsis 3.06 (DEU): Tesserakt. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition)

Titel: Apocalypsis 3.06 (DEU): Tesserakt. Thriller (Apocalypsis 3 DEU) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Giordano
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kleiner Junge bewundert die Römer in ihrer militärischen Pracht. Findet sie richtig cool. Dann erklärt man ihm, dass sie die Feinde seines eigenen Volkes sind und er sie im Gegenteil hassen muss. Kein Problem, aber wen soll er dann bewundern? Seinen Vater, der allen predigt, dass sie auch die andere Wange hinhalten sollen? Ich hab meinen Vater für einen Feigling gehalten, verstehen Sie? Einen, der vor den Römern kuschte und das auch noch predigte. Erst in Emmaus habe ich verstanden, dass er auf der richtigen Seite stand und sich seine Überzeugung nicht abkaufen ließ. Da habe ich verstanden, dass mein Vater ein großer Mann ist. Trotzdem mussten wir am nächsten Tag Emmaus verlassen. Eine Schwester meiner Mutter, Sarah, begleitete uns.
    Ich will Sie nicht mit den Details unserer Odyssee langweilen. Es waren gefährliche, angstvolle Tage. Über Umwege konnten wir uns bis zum Hafen von Yapho durchschlagen und fanden ein Schiff, das uns nach Massalia, dem heutigen Marseille brachte. Es war keine leichte Zeit für Flüchtlinge aus Judäa, aber immerhin wurden wir nicht mehr verfolgt. Meine Eltern änderten ihre Namen in Kleopatros und ließen sich in Kyrene nieder, einer griechischen Kolonie nahe dem heutigen Martigues. Als Griechen fielen wir nicht mehr auf.«
    »Sprachen Sie denn Griechisch?«, unterbrach ihn Maria.
    »Mein Vater. Er sprach sehr viele Sprachen, darunter einige sehr alte. Meine Mutter und ich lernten aber schnell.« Bar-Kleophas lächelte, als erinnerte er sich an eine lange zurückliegende schöne Begebenheit. Dann fuhr er fort: »Mein Vater begann, wieder als Zimmermann zu arbeiten, und hat nie wieder gepredigt. Nur hin und wieder besuchten uns andere Flüchtlinge aus Judäa. Kephas, der Fels, der beste Freund meines Vaters, lebte einige Zeit in unserem Haus und nahm dort den griechischen Namen Petros an, bevor er weiterzog. Jahre später hörten wir, dass er in Rom gekreuzigt worden sei, nachdem er die ersten Gemeinden gegründet habe. Meinen Vater belastete das sehr. In den Wochen nach dieser Nachricht war er sehr still, schlief schlecht und gab sich die Schuld, nur Leid über uns und seine Freunde gebracht zu haben. Er betete viel. Nachts hörte ich oft, wie er Zwiesprache mit Gott hielt und ihm Vorwürfe machte, dass er ihm diese Last auferlegt habe. Aber ich hörte nie, was Gott ihm antwortete. Jedenfalls nichts, was meinen Vater froher machte. Er wurde im Gegenteil immer verschlossener und melancholischer. Aber er hörte nie auf, mit Gott zu sprechen.
    Mit den Jahren kamen wir dennoch zu etwas bescheidenem Wohlstand. Ich konnte zur Schule gehen, ein Handwerk lernen und heiraten. Kyrene wurde meine Heimat. Meine Muttersprache, Galiläa, Jerusalem, unsere Flucht dagegen verblassten zu fahlen Erinnerungsschatten. Ich vergaß, dass wir Flüchtlinge waren. Und ich vergaß die alte Zedernholztruhe. Bis mein Vater starb. Er starb an einem entzündeten Mückenstich. Der Sohn Moses und Nofretetes, der Messias, Yeshua Bar-Rabban aus Nazareth, starb nicht am Kreuz, sondern an einem Mückenstich. Sein Fuß schwoll an wie eine Melone, verfärbte sich schwärzlich und begann zu stinken. Bevor überhaupt irgendein Quacksalber die Blutvergiftung diagnostizieren und das Bein amputieren konnte, war es schon vorbei. Aber bevor er starb, rief mein Vater mich zu sich und enthüllte mir das Geheimnis seiner Abstammung. Und lud damit sein Schicksal auf meine Schultern. Viele Jahrhunderte lang habe ich diesen Tag verflucht, als ich erfuhr, wer mein Vater war, und vor allem, wer ich war und was meine Aufgabe fortan sein sollte.«
    Zwei Kinder in Schuluniformen erkannten Bar-Kleophas und riefen ihm einen Gruß auf Arabisch zu. Erfreut grüßte Bar-Kleophas zurück und winkte ihnen. Die Mädchen riefen noch etwas, das Maria nicht verstand. Bar-Kleophas lachte laut auf und rief wieder etwas zurück. Die beiden Mädchen prusteten und zogen kichernd weiter.
    »Die beiden haben mich gefragt, wer die schöne Nonne sei«, erklärte er lachend.
    »Und was haben Sie geantwortet?«
    »Meine Tochter.«
    Don Luigi grinste. Bar-Kleophas zuckte entschuldigend mit den Achseln und trank von seinem Tee.
    »Haben Sie an jenem Tag erfahren, dass Sie nicht sterben können?«, fragte Maria.
    »Oh, ich kann sterben! Ich werde sterben. Moses starb, mein Vater starb. Wie gesagt, durch einen einfachen Mückenstich. Wir werden nur sehr alt, dafür haben die Mh’u gesorgt. Mein Vater rief mir die Zedernholztruhe in Erinnerung und erklärte

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