Applaus für eine Leiche
Kreuze direkt vor die Füße des Schauspielers.
„Ich glaube, wir haben’s!“ tönte der Regisseur zufrieden und rieb sich die Hände. „Ohne diesen Blödmann wär’s schon längst im Kasten. Schlamperei!“
Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. Die Stellung der Zeiger hielt er wohl für eine Katastrophe.
„Noch keine zwei! Die Geschäfte haben bestimmt noch geschlossen. So ein Versager...“
Um seine Worte Lügen zu strafen, erschien der Requisiteur auf der Bildfläche. Hinter dem riesigen Rosenstrauch war er kaum zu sehen.
„Hier sind die Blumen, M’sieur!“ rief er triumphierend. „Blanche hat mit ihnen die Garderobe von M’ame Baga geschmückt. Ganz schön frech für eine Garderobiere!“
„Wenn Sie Ihr Zimmer abschließen würden, würd so was nicht passieren. Geben Sie her.“
Endlich standen die Blumen in einer Vase auf der Kommode.
„Können wir?“
„Moment!“ rief der Kameramann dazwischen.
So langsam gewöhnte ich mich ans Drehen. Immer gibt es im letzten Augenblick eine Kleinigkeit, die noch nicht hinhaut: Man hat vergessen, einen neuen Film einzulegen, die Kulisse korrekt aufzubauen oder den Tisch für die Bankettszene zu decken.
In diesem Fall war das Bandmaß noch nicht in Aktion getreten. Der Kameramann holte sein eigenes, nagelneues aus der Tasche und maß die genaue Entfernung, die Favereau in einem ganz bestimmten Moment von der Kamera trennen würde. Er streifte das Gesicht des Filmstars.
„Entschuldigung... Drei Meter“, verkündete er.
„Können wir?“
Wer glaubte denn hier an den Weihnachtsmann?
Jetzt hatte Marcel Naudot noch etwas entdeckt. Das Make-up des Stars stimmte nicht mehr hundertprozentig. Der Maskenbildner mußte es auffrischen. Mit seinem ganzen tragbaren Pinselkram trat er aus dem Schatten.
Es war der Russe, dem Favereau anscheinend verhagelte Petersilie verkauft hatte. Mit sichtbarem Widerwillen näherte er sich dem Schauspieler. Aber schließlich war er im Dienst, und Dienst ist Dienst, wird er wohl als ehemaliger braver Soldat gedacht haben. Er tat, wie ihm geheißen, wischte lange mit einem Schwämmchen über die Gesichtszüge, die von so vielen weiblichen Wesen verehrt wurden. Bestimmt hätte er liebend gerne das Schwämmchen in seiner Hand mit einem Hammer, einem Marmorblock oder irgendeinem stumpfen Gegenstand vertauscht. Julien Favereau ließ sich ungerührt die Gesichtshaut kitzeln.
Doch alles hat einmal ein Ende. Es konnte gedreht werden!
Mein (nicht von mir!) geliebter Klient trat in den Rokokosalon, sah die Rosen und steckte seinen Riecher in den Strauß, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.
Die Szene mußte weniger als zweimal gedreht werden. Nur selten benötigte Favereau mehr als einen Versuch. Das mußte ihm der Neid lassen. Ein Anlauf, und die Szene war im Kasten. Vielleicht wurde ihm das eingesparte Filmmaterial vergütet.
Und dann waren wir in seine Garderobe zurückgegangen, wo er sich drehbuchreif auf die Knie fallenließ, um sich davon zu überzeugen, ob die teuflischen Mädels ebenso empfänglich für seinen Charme waren wie die sterblichen Frauen.
Nachtrag zum Vorspann
Ich sah auf meine Uhr.
Die Erinnerung an die jüngste Vergangenheit hatte nicht mehr als ein paar Minuten in Anspruch genommen. Inzwischen war meine Pfeife ausgegangen.
Ich zündete sie wieder an, warf noch einen letzten Blick auf die Leiche und verließ die Garderobe des toten Stars.
Auf der Treppe lief mir Marie in die Arme.
„Ich mache wohl einen üblen Eindruck auf Sie, hm?“ sagte ich. „Nein, widersprechen Sie mir nicht! So was merke ich. Aber kommen Sie, ich möchte Ihnen noch etwas viel Übleres zeigen.“
Mit diesem Versprechen schob ich sie in das Totenzimmer.
„Versuchen Sie nicht, ihn wieder vor den Schminktisch zu setzen“, empfahl ich ihr. „Das ist Aufgabe der Flics. Ihr Liebling ist genauso tot wie Raymonde Marchand.“
Eine nützliche Erfindung, so ein Türrahmen! Ohne ihn hätte sich meine Mona Lisa nicht auf ihren alten Beinen halten können. Sie stieß einen Schrei aus, dann noch einen, und zwischen beiden rief sie den Namen des Herrn an. Ihr welkes Gesicht wurde aschfahl und schrumpfte noch mehr zusammen.
„Alarmieren Sie jemanden, der dafür zuständig ist“, bat ich sie. „In einem Filmstudio laufen soviele Leute rum, daß man nie weiß, an wen man sich wenden muß. Sie kennen sich hier besser aus. Sagen Sie dem großen Manitu Bescheid, während ich bei der Polizei anrufe.“
Ich hoffte, daß
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