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Applaus für eine Leiche

Applaus für eine Leiche

Titel: Applaus für eine Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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so schnell wie möglich zu gewinnen.
    „Wissen Sie, woran Favereau gestorben ist?“ fragte ich ihn.
    „Seine Garderobenfrau hat Alarm geschlagen. War völlig aufgelöst, die Ärmste. Hat nur gestammelt, er sei ganz plötzlich gestorben. Mehr konnte ich nicht aus ihr rauskriegen. Vielleicht an Herzversagen? Herzensdinge waren ja seine Spezialität“, fügte er ironisch hinzu.
    „Raten Sie mal, mit wem ich gerade telefoniert habe... Richtig, mit der Polizei!“
    „Normal, oder?“ konterte er.
    „Mehr oder weniger, ja... Welche Nummer hat der Crépu ?“
    „G-U-T 80-60. Warum?“
    Ohne zu antworten, wählte ich die Nummer.
    „He! Machen Sie keinen Mist! Was…“
    Ich drückte ihm den Telefonhörer in die Hand.
    „Los, verdienen Sie sich Ihre ersten Sporen als rasender Reporter!“ ermunterte ich ihn. „Lassen sie sich Ihren Albert von vorhin geben und sagen Sie ihm, er soll schon mal den Titel Ihres Artikels notieren: Julien Favereau ermordet, wahrscheinlich vergiftet.“
    Ich hatte ihm die Meldung so überzeugend serviert, daß er sie keine Sekunde lang anzweifelte. Um zu zeigen, wie sehr er den Tip zu schätzen wußte, spuckte er einen saftigen Fluch in die Muschel, den Albert am anderen Ende der Leitung auf sich bezog. Marc Covet beruhigte ihn sofort wieder und gab die Information durch.
    „Und jetzt“, schlug ich vor, nachdem er wieder aufgelegt hatte, „wollen wir das Ganze in aller Ruhe durchsprechen. Am besten in der Kantine, bei einem Gläschen. Hab das Gefühl, an dem Ort werden wir uns noch häufiger begegnen.“

    * * *

    In der Kantine ging es lebhafter zu als vorhin. Das tragische Ereignis hatte im Studio bereits die Runde gemacht und wurde in Gruppen diskutiert. Bald würden die Flics auftauchen. Sollten sie meinen Anruf nicht ernst genommen haben, so waren sie inzwischen sicherlich von nichtanonymer Seite benachrichtigt worden. Das Thekenmädchen empfing mich mit einem der Situation angemessenen Gesicht. Die Rose an ihrem Kleid hatte eine trauernde Note bekommen.
    „So ist das“, flüsterte sie mir mit zitterndem Stimmchen ins Ohr, „wenn man vom Teufel spricht...“
    ...dann stirbt er! Aber das sagte sie nicht. Ihr war weniger denn je zum Lachen zumute.
    „Im Gegensatz zu ihren Geschlechtsgenossinnen hat diese da den Toten verabscheut“, vertraute ich dem Journalisten an, als wir uns mit einer Flasche und zwei Gläsern an einem Tisch niedergelassen hatten. „Hat ihm von ganzem Herzen alles Böse gegönnt. Jetzt ist es ihm zugestoßen, das Böse, und siehe da! Sie kann es kaum fassen. Wie kompliziert sind doch die Frauen!“
    „Mit mir ist es anders“, erwiderte Covet. „Sein Tod kommt mir sehr gelegen, persönlich und beruflich. Vor allem, weil er ermordet wurde... Vorausgesetzt, es war tatsächlich Mord...“
    Er trank einen Schluck. Seine wässrigen Augen blitzten nervös auf. Eben hatte er meine These kritiklos geschluckt. Aber nun, nach einer Denkpause, fragte er sich, ob ich ihm nicht vielleicht einen Bären aufgebunden hatte. Ich beruhigte ihn:
    „Keine Sorge, Sie haben Albert die richtige Information durchgegeben. Man wird Sie zu Ihrer schnellen Sensationsmeldung beglückwünschen. Und wem verdanken Sie das? Mir, jawohl! Warum, meinen Sie, laufe ich in dieser Aufmachung hier rum, als eine Mischung aus Rothaut und Schrecken der Meere? Favereau hatte einen Drohbrief erhalten und befürchtete einen Anschlag auf sein Leben, hier in diesem Studio. Ich war sein Leibwächter.“
    Marc Covet pfiff durch die Zähne.
    „So langsam hab ich das Gefühl, daß wir wirklich gut zusammen passen.“
    „Ja, ja, Sie wissen gar nicht, was für ein Glück Sie gehabt haben! Eine Bekanntschaft mit mir ist mehr wert als ein Lotteriegewinn oder eine Nacht mit dem hübschen Kind hinter der Theke. Ich sag’s Ihnen so, wie ich’s denke.“
    „Das eine schließt das andere nicht unbedingt aus“, gab der Journalist lächelnd zurück und schielte zur Theke hinüber.
    „Nein? Na schön, aber bevor Sie Ihr Süßholz raspeln, erklären Sie mir bitte, warum Sie uns beide als Kollegen bezeichnet haben.“
    „Gern. Stellen Sie sich vor, ich hatte mit Favereau noch eine alte Rechnung offenstehen. Seit drei Jahren bin ich Journalist, und in der ganzen Zeit durfte ich dreimal meinen Namen unter einen Artikel setzen. Einmal pro Jahr, als Weihnachtsgeschenk sozusagen. Der letzte Artikel ist mir nicht gut bekommen. Er erschien im Réveil. Eine Reportage über Favereau. Wie Sie wissen, haßte Favereau die

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