Zungenspiele: Heiße Stories (German Edition)
Ein Ort zum Träumen
Ein Ort zum Träumen. Zum Verweilen. Zum Genießen. Das Paradies überall um mich herum. Weißer Sandstrand, türkisfarbenes Meer, eine leichte Brise, die Sonne bräunt meinen Körper. Ich sitze auf einem lustig schräg gewachsenen Palmenstamm … der seinen Weg Richtung Meer oder Richtung Sonne sucht … heraus aus dem Urwald hinter mir. Ja. Es ist das Paradies. Und doch fehlt mir etwas, und dieses etwas hat einen Namen, ist 26 Jahre alt, Medizinstudent aus Gießen und heißt Urs.
Wie schön wäre es, wenn ich jetzt hier mit Urs diese einmalig schöne Insel genießen könnte! Nur wir zwei, soweit das Auge reicht kein Mensch … und wir könnten genau das tun, was wir vor vier Wochen taten. Das erste Mal. Ich lehne mich zurück und benutze den Palmenstamm als Rückenlehne, schaue hinaus auf das ruhige Meer, sauge die salzige Meeresluft ein und hole mir »meine« Geschichte zurück in die Gegenwart.
Ich bin seit sechs Monaten Hostess auf einem sehr bekannten Kreuzfahrtschiff. Nach meiner ersten Reise gen Südafrika bekam ich aber verstärkt und häufig Erkältungen mit starken Hustenanfällen. Nach der Rückkehr in den Heimathafen nach Kiel – wo ich mir auch ein kleines Appartement gemietet hatte – beschloss ich umgehend, mir die Mandeln herausoperieren zu lassen, denn meine nächste Reise wartete bereits auf mich. Es sollte in die Karibik gehen, und das sage und schreibe zwei Monate lang.
Als ich an einem Montag, einen Tag vor der OP , ins Krankenhaus fuhr, um die üblichen Voruntersuchungen über mich ergehen zu lassen, beobachtete ich auf der Hinfahrt die vielen Menschen, die sich auf den Weg zur Kieler Woche machten – ganz Kiel stand Kopf.
Na toll, schoss es mir durch den Kopf. Da bist du Neubürger in dieser Stadt und könntest zum ersten Mal die Kieler Woche genießen – und fährst stattdessen auf direktem Wege ins Krankenhaus. Aber ich hatte keine andere Wahl. Ich wollte in zehn Tagen in die Karibik. Diesen Lichtblick vor Augen marschierte ich mit aufrechtem Gang hinein ins Stadtkrankenhaus von Kiel und wusste nicht, welch Schicksal, was mich nach meiner OP alles erwarten würde.
Ich hörte Stimmen, nahm gedämpftes Licht wahr, eine Uhr tickte laut an der Wand. Der Hals schmerzte, der Rachen war trocken, und ich hatte Durst. Als ich die Augen öffnete, glaubte ich zuerst zu träumen. Ich sah in zwei wunderschöne blaugrüne Augen, mehr gab es nicht zu sehen. Die Person trug Mundschutz und war überhaupt komplett in Grün eingewickelt. Aber diese Augen …
Die Narkose schien noch zu wirken, und ich erzählte etwas von Kapstadt und Johannesburg, und dass ich bald in San Juan einlaufen würde. Ich hörte diese Augen von einem anderen Stern sagen: »Psssst … ist ja gut … das erzählen Sie mir morgen … wenn Sie ausgeschlafen haben, ja? Wie fühlen Sie sich?«
»Habe Durst …«, kam es über meine trockenen Lippen, und flugs bekam ich einen Schluck kalten Tee. Hmmm, dachte ich noch, was für behaarte Unterarme, so männlich, als mir dieser grüne E. T. die Tasse reichte … Und er roch so frisch, so eingeseift.
Dann schlief ich wieder ein. Am nächsten Tag bei der Visite erkannte ich dieses Prachtexemplar sofort wieder. Nun in weißer Montur mit einem ebenso strahlend weißen Blendamed-Lächeln, und oben drauf noch diese Augen, in denen frau nur eines möchte: darin versinken … bis zum Ertrinken!
Diesem Halbgott in Weiß schien es jedoch nicht anders zu gehen! Kaum war der Visiten-Tross aus dem Krankenzimmer heraus, spickelte er frech zur Tür herein und meinte, er würde am Abend nochmals vorbeischauen. Schließlich wäre ich ihm meine Weltumseglung noch schuldig.
Ach ja, ich hatte ihm ja im Aufwachraum von meinem Jetset-Leben berichtet. Und so freute ich mich ungeduldig auf den Besuch von »Mr. Unknown«.
Urs entpuppte sich als herzlicher, liebevoll-aufgeschlossener und total natürlicher Medizinstudent aus dem hohen Norden. Im Laufe der Krankenhaus-Woche besuchte er mich täglich. Wir sprachen über Gott und die Welt und verliebten uns auf sehr, ja beinahe kindliche Art ineinander. Wir redeten und redeten. Er machte Witze über sein Studium, ich hörte mehr zu, da ich meine Stimme schonen musste, doch sprachen unsere Augen, und mit jedem Tag länger im Krankenhaus wuchs unsere Sehnsucht, endlich zu zweit alleine in einem Raum zu sein. Ich konnte es nicht mehr erwarten.
Wir verbrachten unseren ersten gemeinsamen freien Tag bei der Kieler Woche.
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