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Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur

Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur

Titel: Artus-Chroniken 3. Arthurs letzter Schwur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Christenaufstands hinter sich, der von einem nicht weniger wahnwitzigen Aberglauben genährt worden war, und nun schien es, als wollten die Heiden die Raserei der Christen noch übertreffen. Ich stieß das Tor des Palastes auf, durchquerte den weiten Innenhof und schritt durch die leeren Hallen von Lindinis. Ich rief Merlins Namen, erhielt aber keine Antwort. In einer der Küchen entdeckte ich einen warmen Herd, in einem anderen Raum Zeichen dafür, daß er kürzlich ausgefegt worden war, nichts davon wies aber darauf hin, daß sich dort noch etwas anderes aufhielt als Ratten und Mäuse.
    Und dennoch versammelten sich im Lauf des Tages immer mehr Menschen in Lindinis. Sie kamen aus allen Teilen Dumnonias, und ihre Gesichter sprachen von einer erschütternden Hoffnung. Sie brachten ihre Krüppel und ihre Kranken und warteten geduldig bis zur Abenddämmerung, dem Zeitpunkt, da das Palasttor aufgestoßen werden würde und sie in den äußeren Hof gehen, hinken, kriechen und getragen werden konnten. Ich hätte schwören können, daß sich bis dahin niemand im Palast aufgehalten hatte, und doch mußte irgend jemand das Tor geöffnet und die großen Fackeln entzündet haben, von denen die Bogengänge des Hofes erleuchtet wurden.
    Ich folgte der Menge, die sich in den großen Hof drängte. Begleitet wurde ich von Issa, meinem stellvertretenden Befehlshaber, und wir beide blieben in unseren langen, dunklen Mänteln gleich innerhalb des Tores stehen. Nach meiner Einschätzung bestand die Menschenmenge aus Leuten vom Land. Sie waren ärmlich gekleidet und hatten die dunklen, abgezehrten Gesichter jener, die schwer arbeiten müssen, um dem Boden eine magere Ernte abzuringen, doch im Schein der Fackeln sah ich in diesen Gesichtern die Hoffnung leuchten. Arthur hätte das Ganze gehaßt, denn er war stets dagegen gewesen, leidenden Menschen Hoffnung auf übernatürliche Rettung vorzutäuschen, aber wie sehr brauchten all diese Menschen die Hoffnung! Frauen hielten kranke Säuglinge empor oder schoben verkrüppelte Kinder vor sich her, und alle lauschten begierig den wunderbaren Erzählungen von Merlins Erscheinungen. Da dies die dritte Nacht der Wunder war, wollten inzwischen so viele Menschen die Wunder sehen, daß der Hof nicht alle faßte. Manche hockten sich auf die Mauer hinter mir, andere drängten sich im Toreingang, doch niemand wagte es, die Arkade zu betreten, die sich an drei Seiten um den Hof zog, denn dieser von Säulen gestützte und überdachte Gang wurde von vier Speerkämpfern bewacht, welche die Menge mit ihren langen Waffen in Schach hielten. Diese vier Krieger waren Schwarzschilde, irische Speerkämpfer aus Demetia, Oengus mac Airems Königreich, und ich fragte mich, was sie so weit von ihrer Heimat entfernt zu suchen hatten.
    Das letzte Tageslicht wich aus dem Himmel, und Fledermäuse schossen über die Fackeln dahin, während die Menschen sich auf den Steinplatten niederließen und erwartungsvoll auf die Haupttür des Palastes starrten, die dem Hoftor genau gegenüberlag. Von Zeit zu Zeit stöhnte eine Frau. Kinder weinten und wurden zum Schweigen gebracht. Die vier Speerkämpfer hockten sich an den Ecken der Arkaden nieder. Wir warteten. Es kam mir vor, als warteten wir stundenlang, so daß
    meine Gedanken abschweiften und ich an Ceinwyn und meine tote Tochter Dian dachte, als im Palast plötzlich ein lautes metallenes Dröhnen ertönte – fast so, als hätte jemand mit einem Speer gegen einen Kessel geschlagen. Die Menge keuchte auf, einige Frauen erhoben sich und wiegten sich im Fackelschein. Sie schwenkten die Hände in der Luft und riefen die Götter an, doch keine Erscheinung zeigte sich, und die riesige Palasttür blieb geschlossen. Ich berührte das Eisen an Hywelbanes Heft, und das Schwert verlieh mir Sicherheit. Die wachsende Erregung der Menge war beunruhigend, aber längst nicht so beunruhigend wie die Umstände dieses Ereignisses selbst, denn ich hatte noch nie erlebt, daß Merlin für seine Magie Publikum brauchte. Im Gegenteil, er verachtete die Druiden, die große Volksmengen um sich versammelten. »Jeder Scharlatan kann Schwachköpfe beeindrucken«, pflegte er zu sagen; aber hier und heute hatte ich den Eindruck, daß er es war, der die Schwachköpfe zu beeindrucken versuchte. Sein Publikum war bereit, es stöhnte erregt und wiegte sich, und als das tiefe, metallische Dröhnen abermals ertönte, erhoben sich die Menschen und begannen laut Merlins Namen zu rufen.
    Dann flogen die Flügel der

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