Ascalon – Das magische Pferd, Band 3: Ascalon – Das magische Pferd. Der Schlüssel von Avalon
Erde lag. Im ersten Augenblick sah es aus wie ein zerbrochener Tonkrug, auf dem das Bildnis eines Kriegers prangte, der einen Hirsch erlegt hatte. Aber die Göttin wusste, dass es weit mehr war als nur das. Unter den Scherben lugte etwas Helles hervor, das wie ein Stofffetzen aussah. Doch auch das war ein Trugschluss. Was dort lag, war kein altes Stück Gewebe. Es war ein wertvolles Schriftstück, das nicht in falsche Hände gelangen durfte.
Der Schlüssel zum Geheimnis der Maya.
Plötzlich kam Bewegung in das Bild. Ein Lichtschein, wie von einer Taschenlampe, fuhr suchend über den Höhlenboden, verharrte auf der Knochenhand und schwenkte dann auf das Tongefäß. Hände tauchten auf, entfernten vorsichtig Schmutz und tönerne Bruchstücke und trugen das Schriftstück fort, das niemals hätte gefunden werden dürfen. Zurück blieben Scherben und bleiche Finger, die das Geheimnis nicht länger hatten hüten können.
Für einen Augenblick schien es, als sei die Göttin verärgert. Doch der Moment verstrich schnell, und nur Sekunden später hatte sie ihren Gleichmut wiedergewonnen.
»Nun denn, ich sehe, es gibt Arbeit«, sagte sie zu sich selbst, stieß einen leisen Seufzer aus und löschte das Bild in der Schale mit einem Handstreich aus.
Sie hatte genug gesehen und wusste, was zu tun war.
Der Heimkehrer
»Aufwachen, Señorita.« Schwungvoll öffnete Teresa die Schlafzimmertür und zog die Vorhänge zurück. »In einer halben Stunde sind sie da!«
Das Licht der Morgensonne flutete ins Zimmer.
Muriel zog sich die dünne Sommerdecke über den Kopf und murmelte etwas Unverständliches.
»Muriel!«
Mit einem Ruck war die Bettdecke fort und ein kühler Windzug streifte Muriels Beine.
»He, was soll das? Ich habe Ferien«, schimpfte sie schlaftrunken und tastete, ohne die Augen zu öffnen, nach der entschwundenen Decke.
»Das weiß ich, mi chica«, antwortete Teresa freundlich, aber bestimmt. »Aber heute ist ein besonderer Tag und da wird ausnahmsweise mal nicht ausgeschlafen.«
»Paps!« Augenblicklich war die Dreizehnjährige hellwach. Sie setzte sich auf, schaute die Haushälterin des Birkenhofs an und fragte besorgt: »Ist Mama ... sind sie schon zurück? Hab ich etwa verschlafen?«
»Keine Sorge.« Die rundliche Spanierin lächelte vergnügt. »Du hast nichts verpasst. Sie sind noch auf der Autobahn. Der Flieger aus Mexiko ist pünktlich um vier Uhr gelandet, aber deine Eltern hatten großes Pech. Sie steckten noch fast eine Stunde in einem Stau auf der Autobahn fest.«
»Puh!« Muriel strich sich eine Haarsträhne aus der Stirn. »Da hab ich ja noch mal Glück gehabt. Danke, dass du mich geweckt hast.«
»Schon gut.« Teresa strich Muriel liebevoll über die Wange. »Aber jetzt beeil dich. Mirko und Vivien sind schon in der Küche. Wir wollen deinen Vater doch gebührend empfangen.«
»Bin schon unterwegs!« Mit einem Satz war Muriel aus dem Bett und begann sich anzuziehen. Sie hatte ihren Vater lange nicht gesehen und freute sich riesig, dass er über die Sommerferien nach Hause kam. Christian Vollmer arbeitete seit dem Winter als Ingenieur auf einer Baustelle in Mexiko und hatte bisher noch keinen Urlaub bekommen.
In rekordverdächtiger Zeit schlüpfte Muriel in ihre kurze Jeans und streifte sich ein Top mit Spaghettiträgern über. Es war zwar erst kurz nach sechs Uhr, aber nach einer tropischen Sommernacht, in der das Thermometer nicht unter 20 Grad gesunken war, hatte die aufgehende Sonne die Luft schon wieder kräftig erwärmt.
Seit fast einer Woche lastete über dem Birkenhof eine schwüle, hochsommerliche Hitze, die sich abends nicht selten in heftigen Gewittern entlud. Und wie es aussah, würde es auch noch eine Weile so bleiben. Der Wetterbericht am Abend hatte keine Hoffnung auf eine Abkühlung gemacht. Mit bis zu 30 Grad würde es auch heute wieder unerträglich heiß werden.
»Muriel, wo bleibst du denn?«, tönte Teresas Stimme von unten herauf. »Rapido! Wir wollen doch, dass alles bereit ist, wenn sie ankommen!«
»Ich komme schon.« Muriel legte die Haarbürste zur Seite und band ihre braunen Haare im Nacken mit einem Haargummi zusammen. Mit bloßen Füßen schlüpfte sie in ihre Flip-Flops und machte sich auf den Weg in die Küche.
Auf der Treppe und im Flur roch es nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Muriel schnupperte. Sie hatte dem Lieblingsgetränk ihrer Mutter bisher nichts abgewinnen können, aber der Duft hatte etwas Heimeliges an sich und sie liebte ihn über
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