Ardeen: Band 3: Nimrod (German Edition)
1. Einführung
Gefangen, so lange schon . Er konnte nicht leben und nicht sterben, nur schlichtweg sein. Und warten, endloses Warten auf den Moment, da er befreit würde aus den Fesseln, die seine Zuflucht gewesen waren. Seine einzige Chance zu überleben und nun ein Fluch – Jahre des Wartens ohne dabei die Möglichkeit zu haben, etwas verändern zu können. Anfangs war es anders gewesen. Damals besaß er noch Verbindungen nach draußen und genügend Kraft, um den Geist wandern zu lassen, sodass die Dinge ins Rollen kamen. Es glich fast einem Wunder, als sein aberwitziger Plan funktioniert hatte und das erschaffen wurde, was ihn befreien konnte. Oder sollte er besser sagen: dass ‚Der‘ erschaffen wurde. Und der Knabe wuchs heran und auch die Magie in ihm mehrte sich. Versteckt vor den Augen der anderen, die aufmerksam werden könnten. Gut versteckt und die Zeit rückte näher, da seine Kraft groß genug sein würde. Die alte Vettel und der Kessel waren der Schlüssel. Durch den Kessel konnte man Dinge vom Nimrod in das Land draußen bringen und umgekehrt. Natürlich kostete es ihn immense Kraft, diesen Akt zu vollbringen und danach glitt er tagelang, ja manchmal Monate in einen Dämmerzustand, nur um daraus wieder zu erwachen und sich seiner Lage vollauf bewusst zu sein . Gefangen und verdammt – bis in alle Ewigkeit.
Alles war bereit gewesen. Seine Kraft hatte er gesammelt, damit sie für diesen letzten gigantischen Akt ausreichen würde. Und als der Zeitpunkt gekommen war, rief er die alte Vettel. Was für ein Schlag war es gewesen, als sie ihm dann sagte, dass der Junge fort wäre.
In seiner aufkommenden Wut und Verzweiflung hatte er sie gedrängt, den Jungen zu suchen, um jeden Preis, und er drängte sie den Kessel auch gleich mitzunehmen. Wenn sie ihn dann gefunden hätte, würde er nicht zögern, den Jüngling umgehend durch den Kessel ins Nimrod zu ziehen. Doch zuerst mussten der junge Mann und der Kessel zusammengebracht werden. Wie gefordert, machte sich die Alte auf den Weg. Langsam, mit kleinen Schritten, denn ihre Beine trugen sie kaum noch, ihr Rücken war krumm und die Augen schlecht. Sie würde nicht mehr lange leben, aber davor sollte sie noch das letzte Puzzlestück in seinem Spiel zusammenfügen. Den Jüngling und den Kessel.
Der Kessel machte es für ihn leicht, der Vettel auf Schritt und Tritt zu folgen. Mit seiner Magie hatte er dieses Artefakt früher einmal selbst erschaffen. Er war immer vorausschauend gewesen und hatte Orte und Dinge mit Magie belegt und Menschen in seinen Bann gezogen – nur für den Fall der Fälle. Von dem er gehofft hatte, dass er niemals eintreten würde und der dann doch grausame Wahrheit geworden war, schlimmer als er es sich je hätte erträumen lassen.
Die alte Hexe bewegte sich vorwärts – viel zu langsam für seine Ungeduld.
Ich bin es satt zu warten. Eile und finde den Jungen!
Wie immer hatte die Alte laut gekreischt und versucht, seine Stimme aus ihrem Kopf zu verbannen. Sie stolperte über einen Stein, konnte sich nicht mehr auffangen und stürzte vom Weg in die Tiefe einer Schlucht. Und mit ihr fiel der Kessel. Nun schrie auch er auf. Ungläubig wollte er es nicht wahrhaben. Gegen Feinde hätte er die Alte beschützen können, doch ihren Sturz konnte er nicht bremsen. Die Vettel zerschellte auf den Steinen in der Tiefe und mit ihr ging auch der Kessel verloren. In eine Felsspalte gerutscht, in der ihn nie wieder jemand finden würde. Er schrie all seine Wut hinaus – im Geiste, denn sein Körper ruhte regungslos wie schon seit Jahren. Er weinte im Geiste und er verzweifelte. Doch dann keimte ein kleiner Funken Hoffnung. Er wird kommen. Mit oder ohne den Kessel . Er wird kommen, denn es ist seine Bestimmung. Vielleicht kann ich den Jungen immer noch erreichen, auch ohne den Kessel und die Vettel.
Die war an ihn gebunden gewesen. Was es äußerst einfach für ihn gemacht hatte. Aber er konnte auch so hinaus. Es war nur schwieriger, brauchte mehr seiner kostbaren Kraft und währte nur kurz. Lange suchte er nach dem Jungen, doch er konnte ihn nicht mehr finden. Und er verfiel wieder ins Warten. Arbeitete im Geiste, um nichts zu vergessen. Wiederholte immer und immer wieder sein ganzes Wissen, denn der Tag würde kommen, da er wieder frei sein würde. An diese einzige, schwindend kleine Hoffnung klammerte er sich.
2. Der Weg ins Nimrod
Nur Meister Raiden und Meister Calwas schafften es, ein Auge bis ins Nimrod zu schicken, die
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