Ash
und Sid und ich … bei uns hämmert man einfach gegen die Tür.
„ Ich sagte ja, dass Saron etwas seltsam ist“, flüstert Ash, als er meinen irritierten Blick bemerkt.
Kurz darauf öffnet sich die Tür, und Saron steht vor uns.
Ich halte die Luft an. Niemand sagt etwas. Ash und Saron starren sich an. Dann endlich erbarmt sich Saron. „Irgendwie hatte ich geahnt, dass ihr hier auftauchen würdet. Was glaubst du, was du da tust, Ash? Nimmst dir einfach Seths Eigentum. Er wird keine Ruhe geben, wenn er mit den Rebellen fertig ist.“
Dann wendet Saron sich mir zu. Seine dunklen Augen besitzen eine seltsame Intensität, die mich sofort nach Ashs Hand greifen lässt. „Seth verzeiht Treuebrüche nicht. Du hast es dir nur schwerer damit gemacht, dass du weggelaufen bist.“
„ Darum geht es jetzt nicht ...“, unterbricht Ash ihn. „Aber davon abgesehen hat Seth kein Anrecht auf Taya. Sie hat niemals einem Blutvertrag mit ihm zugestimmt.“
„ Aber sie trägt sein Zeichen … und du weißt selbst, dass für Seth andere Regeln gelten.“
„ Findest du das fair?“, wage ich mit klappernden Zähnen zu fragen.
„ Was ist schon fair?“, antwortet er kühl. Ich meine jedoch, eine unterschwellige Wut aus Sarons Antwort heraushören zu können.
Plötzlich erscheint Leylas blonder Kopf in der Tür. „Verdammt, Saron! Jetzt lass sie schon rein.“
„ Das ist nicht deine Sache, Leyla“, weist er sie zurecht.
Leyla schiebt ihn zur Seite, als wäre er nicht drei Köpfe größer als sie. An ihrem Kinn kann ich einen blauen Fleck erkennen – von Ashs Faustschlag. Sofort fühle ich mich schuldig. Es ist wirklich nicht fair, Leyla noch weiter in die Sache hineinzuziehen. Allerdings hat Ash recht. Es geht nicht mehr nur um ihn und mich. Das, was er zu sagen hat, betrifft auch Saron und Leyla.
Endlich gibt Saron die Tür frei. Wir folgen ihm und Leyla ins Haus.
Drinnen ist es genauso seltsam altmodisch, wie von Außen. Alte Lampen mit Stoffschirmen, von denen einige Löcher haben, durch die man die LED-Einheiten sehen kann. Fadenscheinige Teppiche mit verblassten Farben und Möbel aus einer Zeit, die über hundert Jahre zurückliegen muss. Woher hat Saron nur das ganze alte Zeug?
Trotzdem ist es irgendwie gemütlich. Vor allem ist es endlich warm, sodass das Gefühl in meine Hände und Füße zurückkehrt. Zuerst als Kribbeln, dann als stechender Schmerz. Leyla lässt Saron das Sofa näher an die Heizeinheit in ihrem Wohnzimmer heranschieben und bringt mir zusätzlich noch eine Thermofolie. Ich bekomme ein immer schlechteres Gewissen.
„ Wenn Seth erfährt, dass ich euch helfe, bin ich dran. Und Leyla ...“, er bedenkt sie mit einem ernsten Blick, dem Leyla selbstbewusst standhält. Scheinbar hatten sie Streit, weil Leyla uns geholfen hat, aus dem Tenfathers zu fliehen.
„ Das ist alles nebensächlich. Sag ihm endlich, was du weißt, Ash“, bitte ich ihn.
Ash reibt sich über das Kinn, als könne er sich nicht entscheiden. Dann nickt er. „Also gut, ist ohnehin alles egal.“
Während der nächsten Stunde erfahren Saron und Leyla alles, was ich weiß. Sie hören zu, und unterbrechen Ash nicht ein einziges Mal. Leylas Gesichtsausdruck wechselt von Ungläubigkeit zu Entsetzen. Sarons Blick bleibt verschlossen. Wenn er die Tragweite von Ashs Bericht erkennt, lässt er es sich nicht anmerken.
Als Ash fertig ist, herrscht erneut Schweigen. Hoffentlich glaubt Saron uns. Was, wenn er genauso verbohrt ist wie Seth?
„ Und du bist sicher, dass Magnatecs Anlagen nicht mehr lange durchhalten?“ Wieder ist es Saron, der zuerst spricht.
„ Hundertprozentig! Ich habe die Berechnungen nur nachgehalten – vor mir sind schon andere drauf gekommen.“
Saron nickt. „Es sieht Seth ähnlich, dass er solche Nachrichten einfach verdrängt. Seth wollte schon immer nur seine eigenen Wahrheiten sehen.“
Ich habe das Gefühl, dass Ashs Blick düsterer wird, sobald auch nur die Rede von Seth ist. Noch immer weiß ich nicht, was die beiden für ein Problem miteinander haben. Dass sie sich hassen, habe ich mit eigenen Augen sehen können, als sie in Seths Loft fast aufeinander losgegangen sind – aber woher kommt dieser Hass? Ich dachte zuerst, es sei wegen Luana, mit der Ash vor Seth einen Blutvertrag hatte. Doch das ist es nicht. Aber er will einfach nicht über den wahren Grund mit mir sprechen.
„ Ich brauche die Formel von Magnatec“, stellt Ash noch einmal klar.
„ Und dann?“ Saron ist nicht
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