Ashes, Band 02: Tödliche Schatten (German Edition)
trieben und einander den neuesten Klatsch erzählten. »War okay. Die Scharniere brauchen mehr Kontaktspray. Ich hab dir doch gesagt, du sollst dich darum kümmern.«
»Tut mir leid. Hab aber den Spitfire in Ordnung gebracht. Musste nur die Zündkabel neu ziehen. Du brauchst bloß an der Leine zu reißen, dann müsste das Ding gleich anspringen. Ich habe es wegen des Lärms noch nicht ausprobiert, aber der Zündfunke ist da.«
»So, so. Gut gemacht.« Jed schien aus dem Konzept gebracht. Er nahm sein Gewehr runter, eine Bravo-51, und lehnte es ans Bootshaus, dann schnallte er seine Schneeschuhe ab. Die Bravo war eine solide Waffe, aber kein Vergleich mit der M40, die er als Scharfschütze in Vietnam verwendet hatte. Die hatte ihrem Spitznamen alle Ehre gemacht: Kate = Kill all the enemy. Während er sich an den Schneeschuhen zu schaffen machte, schlabberte ihm der Hund übers Gesicht. »Platz, Raleigh, alter Köter.«
»Jed, warum bist du so gereizt?«
»Erzähl ich dir drinnen.« Mit zusammengebissenen Zähnen ertrug Jed das Quietschen der Tür, als er dem Jungen in die Bootshütte folgte. Sie war geräumig und bot genug Platz für Jeds Harley, den Spitfire-Oldtimer, ein paar Kajaks und sein Schneemobil. Aber trotz der Dämmung war es hier ziemlich kalt. »Verdammt noch mal, Junge, ich hab dir doch gesagt, du sollst nicht am Propangas sparen. Du musst es warm haben. Oder willst du, dass dein Bein steif wird?«
»Mir geht es gut«, protestierte der Junge, doch Jed hantierte bereits am Heizgerät. Er war ungewöhnlich schlecht gelaunt, und nicht ohne Grund.
»Jed.« Eine Hand legte sich auf seine Schulter. »Sag, was ist los?«
Also erzählte er und wanderte unterdessen mit dem Kontaktspray in der Hand hin und her, schmierte erst die Scharniere der Tür auf der Nordseite, dann die Führungsschienen und Gleitrollen der Schiebetür. Als er damit fertig war, hatte er die Dose halb aufgebraucht, und der Junge schwieg. »Das überrascht dich wohl nicht«, stellte Jed fest.
»Nein.« Der Junge wühlte in der Werkzeugkiste und holte einen Steckschlüssel mit Gelenkgriff heraus. »Welche Truppengattung, haben die was darüber gesagt?«
»Da ist sich keiner sicher. Vielleicht vom Heer, muss aber nicht sein. Größere Truppenverbände gibt es hier nicht mehr, seit die Marines ihre Seesäcke gepackt und diese Funkstation unten am Clam Lake aufgegeben haben. Ich würde eher auf eine dieser Privatmilizen tippen. Die waren jedenfalls vor FUBAR verdammt gut organisiert.« Jed warf die Sprühdose in ein Regal, lehnte den Kopf an den Sitz seiner Harley Road King und sah zu, wie der Junge die Schraubenmutter des Propellers festzog und dessen Spiel prüfte. Der Propeller stammte von einem ausgemusterten zweimotorigen Flugzeug, allerdings war der Motor uralt und hatte gerade noch genug Leistung, um aus Jeds verschlissenem, notdürftig instand gehaltenem Drei-Meter-Spitfire einen halbwegs brauchbaren Propellerschlitten zu machen. Er war so konstruiert, dass er, ähnlich wie ein Propellerboot, das man in flachen Gewässern benutzte, übers Eis gleiten konnte. Es müsste funktionieren – zumindest theoretisch. Denn knapp vier Monate nach dem Ende der Welt traute sich Jed noch nicht, so ein lautes Gefährt in Betrieb zu nehmen.
»Bevor ich zum Baxter’s aufgebrochen bin, hat Abel mir zu verstehen gegeben, falls ich irgendwelche Jugendlichen treffe, die keine Chuckies sind, soll ich sie einsacken, denn er kennt da ein paar Jäger, die alle nehmen würden.« Er hielt inne. »Er sagte, sie würden sogar einen Chucky nehmen, wenn er noch lebt.«
»Wozu?«
»Keine Ahnung.« Aber er konnte es sich ausmalen. Er hatte in Vietnam genug erlebt, und sein Vater hatte die »Gastfreundschaft« der Japaner genossen, nachdem sein Flugzeug über dem Pazifik abgestürzt war. Die Ärzte der Nazis waren nicht die Einzigen, die gern experimentierten. Manchmal fragte sich Jed, welches japanische Schlitzauge aus Fudschi-Dingsda wohl als erstes all diese durchtrainierten amerikanischen Piloten ins Auge gefasst und sich gedacht hatte: Frischfleisch .
»Warum hast du ihn nicht gefragt?«
»Ich dachte mir, Abel will sich bestimmt bloß wichtigmachen.« Was nicht stimmte. Abel, ihr einziger Nachbar im Umkreis von mehr als zehn Kilometern, war jenseits der achtzig und wagte sich nie weit hinaus, wenn es nicht unbedingt sein musste. Als der Alte zum Blockhaus geschlurft kam, hatte Jed zunächst nur gedacht, er wollte ein paar Almosen ergattern, solange
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