Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition)

Titel: Ashes - Ruhelose Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J. Bick
Vom Netzwerk:
dabei dachte sie ganz sachlich und nüchtern: Aha, so fühlt sich das also an …
    Ein Schwindel erfasste sie, als würde der Luftschwall eines Düsentriebwerks durch ihren Schädel blasen und sie in den Himmel katapultieren. Plötzlich war sie nicht mehr in ihrem Körper, sondern schwebte ganz hoch oben und schaute auf ein winzig kleines Mädchen in einem grünen Badeanzug hinab, ein smaragdgrüner Klecks mit einem Schopf so rot wie Blut. Und noch weiter unten, im tiefblauen Fleck des Gewässers fast nicht mehr wahrnehmbar, war ihr Dad.
    »Alex?« Die Stimme ihres Vaters war fern und leise wie ein Mückensummen. »Los, Schatz, komm, spring zu mir runter.«
    »Na, wenn sie nicht will …« Ihre Mutter, besorgt wie immer, saß weit weg auf einem gekiesten Halbmond und schirmte die Augen mit der Hand ab, während der Wind ihr Haar zauste. »Sie muss niemandem was beweisen …«
    O doch, das muss ich. Die Worte ihrer Mutter – der Zweifel, dass Alex den Mut aufbringen würde – durchtrennten die Leine des seltsamen Drachens, von dem aus Alex sich selbst beobachtete. Die Distanz schrumpfte schlagartig zusammen, Alex tauchte schnell wie ein Komet in ihren Körper zurück und sah die Welt wieder durch ihre eigenen Augen.
    Als Nächstes schwebte sie über der Wasserfläche, ohne sich an ihren Absprung von der Klippe zu erinnern – was wahrscheinlich gut so war, sonst hätte sie sich mit so idiotischen Gedanken wie: Ich rutsche, ich falle, ich brech mir ein Bein, zerschlag mir das Gesicht!, nur noch mehr in Panik versetzt. Ihr langes rotes Haar flatterte wie ein sich nicht öffnender Fallschirm im Wind, während sie mit einem gellenden Pfeifen in den Ohren durch die Luft sauste.
    Der Aufprall aufs eiskalte Wasser war ein Schock. Als sie eintauchte, entrang sich ein kleiner Schrei ihren Lippen, die sie eigentlich fest verschlossen halten wollte. Silbrig schimmernde Bläschen quollen aus ihrem Mund und perlten um ihren Körper. Wasser schoss ihr in die Nase, und der plötzliche Kältekopfschmerz machte ihr mehr Angst als der eher geringe Verlust an Atemluft. Und sie konnte sich hören: ein leiser, unterdrückter Unterwasserlaut, ein Bwwwuuh, eher ein Krächzen als ein Schrei. Jetzt war das Wasser nicht mehr von klarem Blau, sondern hatte ein trübes, eigenartiges Grün, wie Messingpatina. Alex konnte kaum weiter als ein, zwei Meter sehen – und sank sie etwa immer noch? Ich werde ertrinken! Wie eine Ratte huschte die Panik durch ihr Hirn, nagte an den Augäpfeln, während Alex herumwirbelte. Ihr Haar fächerte sich wie Seetang um sie auf. Ich werde ertrinken! Voller Angst suchte sie nach ihrem Dad, sah ihn jedoch nicht. Keine Beine, Füße, Hände, gar nichts. Sie wusste nicht mehr, wo oben war. Da reckte sie den Kopf und sah, wie sich das Wasser durch das diffuse Sonnenlicht gelblich färbte. Da ist oben, los, nichts wie hin! Mit hektischen Schwimmbewegungen schoss sie empor, durchbrach endlich die Oberfläche und stieß mit einem gekeuchten » Aah! « die restliche Atemluft aus.
    »Bravo, mein Mädchen!« Augenblicklich war ihr Vater bei ihr und lachte. Sein nasses Haar wirkte dunkel und glatt wie Seehundfell. »Das ist meine Alex! Hat doch Spaß gemacht, nicht wahr?«
    »Ah«, grunzte sie. Mit einem begeisterten schallenden Lachen schlang er die Arme um sie und wirbelte sie hoch, sodass sie vor Entzücken kreischte. Dann brachte er sie zurück auf den Boden der Realität und zurück zu ihm, denn er war ja so stark.
    Gemeinsam schwammen sie zum Kiesstrand zurück, ihr Vater mit einem gemächlichen Seitenschlag, und die ganze Strecke über blieb er neben ihr, während sie mit zappeligen Zügen durchs Wasser pflügte, dem Land und ihrem Zuhause entgegen.
    Hier endeten Alex’ Erinnerungen. Sie wusste nicht mehr, ob sie und ihr Dad noch einmal die Klippen hinaufgeklettert waren. Wahrscheinlich schon, denn sie hatte ihn angehimmelt und wünschte sich seine Anerkennung und Bestätigung, dafür hätte sie alles getan. Bestimmt hatte ihr Dad ihr danach eine Eiswaffel mit Schoko und Vanille und Mandel-Kokos-Splittern obendrauf spendiert, weil man sich manchmal eben auch etwas gönnen musste. Wahrscheinlich stibitzte er sich dann ein bisschen was von ihrem Eis, sodass sie sich dafür – das hast du davon! – an seinem gütlich tun konnte. Und er hatte zu ihrer Mom sicherlich so etwas gesagt wie: Nur die Ruhe, Liebes, unsere Tochter ist ganz pflegeleicht, während Alex an Mandelstückchen und leckerem saftigen Kokosmark

Weitere Kostenlose Bücher