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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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Prolog
    Donnie peitschte den Mercedes heimwärts über die Medway-Brücke. Die Nacht war ganz schön heftig gewesen und er genehmigte sich einen Schluck aus seinem Flachmann, um das frühmorgendliche Sodbrennen zu löschen. Aus der Anlage gurgelte Radio Energy, warme Worte und Ohrwürmer für verlorene Seelen und Streuner, die zu dieser Stunde unterwegs zu ihren Scheißjobs waren oder von ihnen zurückkehrten.
    Lohnsklaven. Erbsenzähler. Latrinenputzer.
    Loser.
    Keiner von denen, das wusste Donnie, würde jemals so eine Befriedigung aus seinem Job ziehen wie er heute Nacht. Wenn er jetzt Gas gab, kam er sogar noch rechtzeitig zum Frühstück.
    Erst hatte er Dave in Plumstead abgesetzt und war dann den ganzen Weg runter nach Thanet, um das Werkzeug in einem Mündungsabschnitt zu versenken, aus dem es nie wieder auftauchen würde. Dann hatte er das Blut und die ganze Sauerei im Kofferraum beseitigt und den Opel in Chatham abgestellt, in einer der Autowerkstätten der Familie.
Und ihn durch den Benz ersetzt, den er am Morgen zuvor dagelassen hatte.
    Saubere Arbeit, alles fix und fertig in knapp vierundzwanzig Stunden.
    Donnie wusste, dass die Stimmung in der Firma heute gut sein würde, dass sie endlich alle wieder lockerlassen und sich selbst auf die Schulter klopfen würden. Froh, dass sie die Bullen noch mal abgeschüttelt, erleichtert, dass sie die undichte Stelle gefunden hatten. Und abgedichtet noch dazu.
    Vielleicht hatte der Boss sogar etwas für sie auf die Beine gestellt. Einen Tag auf der Rennbahn zum Beispiel. Oder eine Abfütterung in irgendeinem Nobelschuppen.
    Der Gedanke an ein blutiges Steak und die weiteren vier oder fünf Gänge ließ Donnie endgültig das Wasser im Mund zusammenlaufen. Zwanzig Minuten später tauchte er aus dem Blackwell-Tunnel auf und bog links nach Greenwich ab, wo er in einer ranzigen Spelunke das Spezialfrühstück bestellte: zwei Eier, Speck, Würstchen, Tomaten, Bohnen und in Fett geröstetes Brot. Als kleines Extra noch Blutwurst, und dann ließ er sich mit seinem Henkelbecher Tee und einer
Sun
in dem dunstgeschwängerten Café nieder.
    Er blätterte auf Seite drei, um sich etwas Appetit zu machen. Das Mädchen sah gut aus, dachte er, wenn man auf künstliche Titten stand, aber er hatte schon nettere gesehen. Bei allem Respekt, aber bei dem Mädchen, auf das er stand, war alles echt, hübscher   – kurviger. Aber die würde man niemals dabei erwischen, wie sie ihre Dinger für die Zeitung auspackte. Bei dem Gedanken musste sich Donnie richtig schütteln. Keine Chance. Gerade als sein riesiges Frühstück
serviert wurde, guckte er durch die beschlagenen Fenster und sah, wie sich ein Schattenriss gespenstergleich über den Benz beugte, den er draußen im absoluten Halteverbot abgestellt hatte. Donnie schoss hoch und riss die Tür auf. Ein Parksheriff war gerade dabei, ihm einen Strafzettel zu verpassen.
    »He!«, grölte Donnie.
    Der Sheriff wollte schon etwas sagen, aber als er sah, wer da rumbrüllte, hielt er brav den Mund.
    »Jetzt verpiss dich«, schrie Donnie. Der Typ tat wie geheißen und Donovan Mulvaney kehrte zu seinem Frühstück zurück.

I
Eddie
    Eins
    »Wir haben ihn am Ufer bei Long Reach gefunden, mit dem Gesicht nach unten im Schlamm.«
    Es war erst sieben Uhr morgens. So früh am Tag kriegte man höchst selten einen in Tränen aufgelösten Bullen zu sehen.
    Meine Mum starrte Tony Morris aus aufgerissenen Augen an, als er mit den Worten rang, aber sein Gesicht schrumpelte zusammen wie ein undichter Luftballon, und der Satz verwandelte sich in ein schluchzendes, verrotztes Kauderwelsch. Meine Mum zog ihn am Arm ins Haus. Schwerfällig rieb er sich mit dem Ärmel über die Augen, um die Tränen und seine Stimme unter Kontrolle zu bekommen.
    »Er ist tot. Steve ist tot.«
    Meine Mum hatte es in dem Augenblick gewusst, als sie die Tür geöffnet hatte, und ich auch. Das Gefühl war zwischen uns gewachsen, unausgesprochen, schon seit Tagen. Es hatte nur die Worte gebraucht und schon begann sie zu weinen, warf sich gegen die Wand im Flur und hämmerte rhythmisch mit dem Hinterkopf gegen die Tapete.
    »Er lag flussabwärts. Flussabschnitt namens Long Reach. Neben der Brücke bei Dartford. Sieht so aus, als könnte er gesprungen sein.« Tony sah mich aus nassen, roten Augen an. »Es tut mir so leid«, sagte er. »Beileid, Kumpel. Dein Bruder war ein Held.« Wieder löste sich seine Stimme in Geschluchze auf.
    Das Gefühl landete in meinem Magen wie ein Faustschlag,

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