Assassino
oder?«
»Was wollen Sie?«, fragte Kati kühl, obwohl sie sich die Antwort denken konnte.
»Sie haben da etwas, das ich gerne an mich nehmen möchte«, erwiderte er. »Die Fibelscheibe des Tages.«
»Die besitze ich nicht mehr.« Das war nicht einmal gelogen, denn Ilyas hatte die Spange nach dem Kampf mit Tamar eingesteckt.
»Versuchen Sie nicht, mich für dumm zu verkaufen. Und zwingen Sie mich nicht, Ihren Freunden etwa anzutun.«
Einen Augenblick lang starrten sie sich an. Dann stieß Kati Ilyas an. »Gib mir die Scheibe.«
Er fischte die Spange aus seiner Tasche und ließ sie in ihre Hand fallen.
»Sehr schön«, sagte Muller. »Und jetzt kommen Sie ganz langsam her und bringen Sie sie mir.«
Kati ging auf Muller zu. Gab es einen Weg zu verhindern, dass Muller die Fibel bekam? Bluffte er vielleicht nur? Sollte sie es darauf ankommen lassen?
»Nein, Kati«, presste Seamus hervor, der wohl spürte, was in ihr vorging.
»Hören Sie auf den Rat Ihres Freundes«, ermahnte sie Muller. »Er würde zuerst dran glauben.« Er tat so, als würde er nachdenken. »Vielleicht sollte ich ihn sowieso töten. Jeder Armoricaner weniger macht mir das Leben leichter.«
»Nein!«, rief Kati. »Bitte nicht.« Sie hielt Muller die Fibel entgegen.
Er nahm sie mit spitzen Fingern auf und studierte sie. »Sieht echt aus«, konstatierte er schließlich befriedigt. »Sehen Sie? War doch ganz einfach.«
»Tun Sie nicht so freundlich«, brach es aus Kati hervor. »Sie haben mir und meinem Vater Ihre Killer auf den Hals geschickt!«
»Eine Fehleinschätzung, bedauerlicherweise. Manchmal mangelt es mir an Geduld.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung Ilyas. »Und Ihr Leibwächter ist ja auch kein Kind von Traurigkeit. Aber beruhigen Sie sich … « Er streckte die freie Hand aus, und Kati konnte gerade noch rechtzeitig den Kopf zur Seite drehen, um seiner Berührung auszuweichen.Er ließ die Hand sinken, als sei nichts geschehen. »Ich hätte Ihnen sowieso nichts getan. Schließlich sind Sie die Tochter meines alten Freundes Martin. Und auch wenn er es nicht wahrhaben will, ich schätze ihn noch immer.«
Er drehte sich um und ging zum Geländewagen. »Grüßen Sie Ihren Vater von mir«, rief er über die Schulter zurück. Seine beiden Männer folgten ihm rückwärts gehend, wobei sie Seamus und Mustafa wie Schilde vor sich hielten. Erst als sie das Auto erreicht hatten, stießen sie ihre Gefangenen grob zu Boden. Wenige Sekunden später hing nur noch eine große Staubwolke über der Zufahrt zur Lichtung.
Kati und Ilyas liefen über die Wiese und befreiten Seamus und Mustafa von ihren Fesseln. »Los, hinterher!«, rief Kati.
Mustafa schüttelte traurig den Kopf. »Haben Reifen zerstochen. Erst wechseln.«
Kati wandte sich an Seamus. »Und was ist mit deinem Polizeifreund? Wir lassen die Straßen sperren!«
Der Ire rieb sich die wunden Handgelenke. »Wenn ich mein Telefon noch hätte. Aber sie haben es mitgenommen. Genauso wie das von Mustafa.«
»Und meins liegt zu Hause! Mist!« Sie stutzte. »Wo ist denn Paola?«
»Keine Ahnung. Kurz bevor Muller und seine Helfershelfer auftauchten, stieg sie in ihren Mini und verschwand.«
»Ohne ein Wort?«, fragte Kati skeptisch.
»Sie nichts sagen«, bestätigte Mustafa. »In Auto und weg.«
»Ob sie mit ihm unter einer Decke steckt?«
»Das glaube ich nicht.« Seamus schüttelte den Kopf. »Sie hat ihren eigenen Plan.«
»So wie du.« Kati machte ein böses Gesicht, aber der Zorn, den sie vorhin auf Seamus hatte, war jetzt, da sie Ilyas gefunden hatte, schon etwas verraucht.
Gemeinsam wechselten sie den Reifen, den Mullers Gehilfen zerstochen hatten, und machten sich dann auf den Rückweg in die Stadt.
Muller hatte die Fibelscheibe. Wenn Mart sie ihm wieder abjagen wollte, dann hatte sie damit nichts zu tun. Das war das Ende ihrer Mission.
Kati warf einen Blick auf Ilyas, der wortlos neben ihr saß.
Sie hatte gehofft, es könnte vielleicht auch ein Anfang sein.
Aber das war wohl eine Illusion gewesen.
Abschied
1.
Nachdem sie von ihrer Begegnung mit Tamar und Muller zurückgekehrt waren, legte Seamus vor versammelter Runde ein umfassendes Geständnis ab. Er hatte Katis Nähe in Dubrovnik gesucht, weil er wusste, dass sie auf der Suche nach der Fibelscheibe des Tages war. Seit über zwei Jahrzehnten schon war er Mitglied des
Loc Armorica
, denn seine Mutter stammte aus der Bretagne und gehörte zu einer jener Familien, die den Kern des Geheimbundes bildeten.
Er
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