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Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Aster, Christian von - Die grosse Erdfer

Titel: Aster, Christian von - Die grosse Erdfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zwerg und Uberzwerg
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Schmach, die du deinem Volk gemacht hast?«, fragte der Verwalter ungehalten. Er war alles andere als erfreut, dass der Höchste der Hohen, statt das Volk zu besänftigen, seine Furcht nur noch mehr angefacht hatte.
    »Er, der Eine unter den Anderen, der Stählerne unter den Eisernen, die Schneide der Axt, die Ihr selber seid und deren Stiel das Volk ist, der Mächtige inmitten der Großen, der…«
    »Wir wissen, wer gemeint ist.«
    »Er… er… er ist fort. Verschwunden.«
    Das Raunen, das nun aus den Bärten der Zwerge hervordrang, klang anders als zuvor. Und dieses Mal würde es sich kaum durch eine herrische Geste oder bloße Worte zum Schweigen bringen lassen. Die Angst eines ganzen Volkes brach sich Bahn, hallte von den Wänden wider, die das Murmeln ebenso gleichgültig weitertrugen wie zuvor das Klatschen der Peitschenhiebe. Aufruhr breitete sich in der Halle aus. Die Zwerge riefen durcheinander, verlangten nach dem Hohepriester, nach einer Erklärung, manche sogar nach beidem.
    Dies war der Anfang vom Ende. Prophezeit oder nicht, was immer hier geschah, wenn es die stählernen Bande ewiger Gesetzmäßigkeiten zu sprengen vermochte, dann würde es auch das Eherne Imperium ins Verderben reißen können!
    Zufrieden genossen die beiden Gestalten im Schatten des Balkons das wachsende Chaos um sie herum. Der Große Verwalter stand langsam auf, der Schatten seiner schwarzen Krone legte sich über sein Volk. Er hob das Hammerzepter, und in diesem Moment wirkten sogar seine schiefergrauen Augen beinahe schwarz. Dann durchschnitten seine Worte scharf das Stimmengewirr, das sich dumpf über der Halle erhoben hatte.
    »Die Audienz ist beendet!«
    Auf ein letztes Zeichen des Großen Verwalters hin setzten die Obersten der Gilden von Neuem die Plattform in Bewegung, die langsam in die Finsternis hinabsank, während das blutende Gedächtnis vor der offenen Falltür im Staub lag und das Eherne Volk aufgewühlt und unruhig in der Halle der Helme zurückblieb.

     

 
    ZWISCHENKAPITEL
     
     
     
    Die Audienz war kaum vorüber, als im Inneren Bereich der Höhlen wieder Leben einkehrte. Vor allem in den Höhlenschänken. Ein Fass nach dem anderen wurde entkorkt, und die Zwerge waren aufrichtig bemüht, ihre Verwirrung über die jüngsten Entwicklungen nachhaltig zu ertränken. Bei der Wahl des Getränks waren sie alles andere als wählerisch.
    Die meisten Zwerge würden heute nicht heimkehren. Man hatte schließlich gewisse Verpflichtungen. Und wenn Katastrophen im Verzug waren, blieb einem Volk kaum mehr übrig, als zu trinken – ein ebenso alter wie sinnreicher Brauch. Kam die Katastrophe tatsächlich über sie, standen die Chancen gut, dass sie sie verschliefen. Und fanden sie im Schlaf den Tod, dann kamen sie wenigstens um den Kater am nächsten Morgen herum.
    Die Schankwirte jedenfalls priesen die Katastrophe. Denn wer nicht trank, machte sich verdächtig, weshalb ausnahmslos alle bemüht waren, auch nur den Schatten eines Verdachtes hinfortzuspülen.
    Und so hockten die Zwerge im wabernden Licht der Öllampen, in leuchtkäfergesäumten Hinterzimmerhöhlen und zwielichtigen, kerzenbestummelten Kaschemmen, und überall drehten sich die Gespräche um das Verschwinden des Hohepriesters und das Auftauchen der Immerschwarzen.
    Einige von ihnen erkannten Zusammenhänge. Eigentümliche Zusammenhänge. Solche von der Art, wie man sie in der Regel nur in den kurzen Momenten zwischen dem Vom-Stuhl-Kippen und Auf-dem-Boden-Aufschlagen erkennt, die in diesen Augenblicken jedoch vollkommen stichhaltig erscheinen.
    Allenthalben lallte, grölte und schimpfte man in den Schankhöhlen des Inneren Distriktes, schenkte nach und begann wieder von vorne, bis jeder einzelne Zwerg über jeden Verdacht erhaben war. In der nächsten Zeit würden die Wurzelmeister mit Sicherheit Überschichten brauen müssen…
     
     
    Abgesehen von den Wirten selbst gab es nach der Audienz im Inneren Distrikt nur wenige Zwerge, die nicht damit beschäftigt waren, sich unverdächtig zu machen.
    Es waren vor allem die Heilkundigen, Knochensäger und Fleischmetze, die im Lauf solcher Nächte nicht minder gut verdienten. Ein unverdächtiger Zwerg nach dem nächsten schleppte sich über die Schwellen ihrer Behandlungsräume, um ausgeschlagene Zähne, zugeschwollene Augen oder gebrochene Knochen zu beklagen. Dementsprechend galt es zu brechen, zu reißen, zu kühlen und zu schienen. Die Heilkundigen wussten dabei wohl, dass einige Patienten sich mit Absicht

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