Atmen – ein lebendiges Geschehen (Gralsverlag Ratgeber)
innerem Nachgeben wird die Bewegung tiefer und größer, so daß der Patient selbst sie auch erlebt.
Ein letztes Beispiel: Der Patient liegt wieder auf der Behandlungsliege in Rückenlage. Ich hebe eines seiner Beine an und bewege es vorsichtig im Hüftgelenk, dabei muß ich ihm einen guten Halt vermitteln, damit er das Bein von mir tragen lassen kann. Zunächst wird es viele Unebenheiten und Widerstände in der Bewegung geben, doch je mehr er versucht, sein Bein zu spüren, es auszufüllen und mir zu überlassen in der Bewegung, um so deutlicher kann er wahrnehmen, wo er noch loslassen kann und wie er es tun muß.
Manche Menschen ziehen sich ein wenig aus ihrem Körper heraus, besonders aus den Bereichen, die schmerzhaft, unangenehm oder geschwächt sind. Auf die vorausgehende Übung bezogen, würde das Bein sich in diesem Fall ganz leicht anfühlen und sogar sehr beweglich sein. Dabei wird wieder deutlich, daß der Patient nicht ganz „anwesend“ ist, sein Bein nicht ausfüllt. Man kann ihn selbst über die Bewegung nicht erreichen, der Atem reagiert nicht. Er bleibt klein und flach.
Erst in der Hingabe, das heißt, wenn er sich ganz hineingibt in die Bewegung, folgt ein tiefer, freier Atem nach unten, es entsteht Weite.
2. Atem als Brücke zwischen Körper und Geist
Das im Vorwort erwähnte Werk „Im Lichte der Wahrheit – Gralsbotschaft“ erklärt, daß wir unseren Körper als Hülle zur Reifung unseres Geistes auf der Erde benötigen. Er dient dabei als Werkzeug des Geistes, um sich hier auf Erden überhaupt betätigen zu können:
„Gerade aber das Beachten des gesundens Körpers ist ein dringendes Erfordernis.
Der Mensch soll dem gesunden Körper geben, was er braucht, soll ihn beobachten mit aller Sorgsamkeit, die man dem notwendigsten Werkzeuge für richtige Betätigung in dieser Grobstofflichkeit angedeihen lassen muß. Er ist ja doch das Kostbarste , das jeder Erdenmensch für seine Erdenzeit erhielt.“ (Vortrag „Der Erdenkörper“)
Damit besteht für uns die Verpflichtung, mit unserem Körper sinnvoll und natürlich umzugehen, ihn zu pflegen und zu fördern, und zwar in individueller Art.
Zwischen Körper und Geist besteht eine Verbindung, ein gegenseitiges Wechselspiel; das heißt, eine einseitige Entwicklung eines der beiden Teile würde ein harmonisches Zusammenwirken beider stören.
Es ist ein Ziel der Atemarbeit, den Körper wieder richtig zu bewohnen, in ihm zu leben. Durch den Atem bzw. die natürlichen Kräfte, die mit ihm wirken, vermag sich die Strahlungsverbindung zwischen Körper und Geist zu stärken, die gegenseitige Anziehung kräftigt sich, und damit auch die Betätigungsfähigkeit beider.
Das geschieht nicht, indem ich mir vornehme, den Atem bewußt in einen Körperteil zu schicken, vielmehr, indem ich körperlich und seelisch die Möglichkeiten dazu schaffe, zum Beispiel durch Lösen von Verkrampfungen und Blockierungen, so daß sich der Atem ausbreiten kann und der Körper Gefäß wird für die Atembewegung.
Für die geübte Hand des Behandelnden ist es möglich zu spüren, ob zwischen Körper und Geist eine relativ lockere, ungesunde oder eine stabile, gesunde Verbindung besteht, und zwar an der Qualität des Atems.
Menschen zum Beispiel, die häufig meditieren oder einen sogenannten geistigen Schulungsweg gehen, oder auch Menschen, die sich gerne von der Realität lösen und Träumen und Phantasien nachgehen, haben sich häufig so weit von ihrem Körper entfernt, daß ihre innere Anwesenheit im Atem kaum mehr zu spüren ist – er ist „leer“.
An dieser Stelle erscheint es mir angebracht, deutlich zu sagen, daß ich mich von allen jenen Atemlehren abgrenzen möchte, die den Atem benutzen – etwa durch Hyperventilieren (verstärktes, willentliches Atmen) oder gewollte Unterbrechungen des natürlichen Atemflusses –, um dadurch sogenannte „erweiterte Bewußtseinszustände“ zu erlangen. Dieses geschieht durch eine Verschiebung des Sauerstoff- bzw. Kohlenstoffgehaltes im Blut und wirkt sich auf die Tätigkeit des Gehirns aus, ähnlich wie bei der Einnahme von Drogen.
Die natürliche, harmonische Strahlungsverbindung zwischen Körper und Geist ist damit gestört.
Immer wieder finden sich Menschen mit solchen Erfahrungen bei mir ein. Sie nehmen die Störungen wahr, ohne sie sich recht erklären noch sich davon befreien zu können.
In meiner Atemarbeit wird diesen Menschen ihr Zustand bewußt, und je nach der eigenen Bereitschaft ist es möglich, nach einer
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