Atmen – ein lebendiges Geschehen (Gralsverlag Ratgeber)
mit einem Stein vergleichen, den man ins Wasser wirft: Seine ringförmigen Bewegungswellen setzen sich fort und ziehen weite Kreise. Gleichzeitig spürbar und damit zusammenhängend weitet sich der Brustraum. Kehrt das Zwerchfell im Ausatmen wieder in seine Ausgangslage zurück, schwingen damit auch die Körperwände wieder zurück. Wenn ich von Atem spreche, den jeder in sich selbst erfahren kann, so meine ich diese Bewegung des Zwerchfells, die durch den ganzen Körper schwingen kann, sofern dieser durchlässig und frei ist. Atmen ist also eine spürbare innere Körperbewegung (Abbildung Seite 13).
Zwerchfellbewegung in der Einatemphase
Zwerchfellbewegung in der Ausatemphase
Wo befindet sich nun dieses für die Atmung so bedeutsame Zwerchfell? Es liegt in der Mitte des Rumpfes, seine Ränder setzen am unteren Brustbein und den unteren Rippenbögen an und reichen über die Seiten bis hinten zur Innenseite der Lendenwirbelsäule. Das Zwerchfell ist der größte (!) Muskel im Körper.
An dieser Stelle möchte ich bereits darauf hinweisen, daß eine gute Haltung wesentliche Voraussetzung für eine gesunde, freie Atembewegung ist. Später werde ich noch ausführlich darauf eingehen. Die Atembewegung, d.h. die Schwingungen des Zwerchfells, setzt sich bei gelöster (das bedeutet nicht: schlaffer) Muskulatur und lockeren Gelenken fort über die Beine bis in die Füße; von den Schultern über die Arme bis in die Hände und über die Halswirbelsäule bis in den Kopf – je weiter entfernt vom Zwerchfell, um so feiner in der Schwingung. Die freie, optimale Zwerchfellbewegung nimmt eine zentrale Bedeutung ein in der Gesunderhaltung des gesamten Organismus – denn Bewegung bringt immer Erhaltung und ist Ausdruck des Lebendigseins. Stillstand dagegen führt sehr schnell zur Rückentwicklung, damit auch zur Krankheit und schließlich zur Erstarrung.
Die gesunde, natürlich zugelassene, d.h. ungehemmte Bewegung des Zwerchfells ist gleichzusetzen mit einer feinen Massage aller Organe, besonders des Bauchraums – Organe wie: Leber, Magen, Nieren, Bauchspeicheldrüse, Därme. Sie unterstützt den Fluß der Säfte wie: Gallenfluß, Bauchspeicheldrüsensäfte, Lymphe, und vor allem den Blutkreislauf. Da auch ein Teil des Herzens mit dem Zwerchfell verbunden ist, wird dessen Tätigkeit ebenfalls durch die Atembewegung angeregt.
In einem Artikel der Zeitschrift „Raum und Zeit“ wurde berichtet, daß die Atembewegung der Motor für den Kreislauf der Gehirnflüssigkeit ist, welche durch das Einatmen (Senken des Zwerchfells) in das Rückenmark hinabgezogen und während des Ausatmens (Zurückbewegung des Zwerchfells) wieder zum Gehirn zurückgedrückt wird. Auch die vegetativen Nervengeflechte werden angeregt. Das viel erwähnte Sonnengeflecht schließlich befindet sich direkt unter dem Zwerchfell. Ich nenne diesen Bereich: Zwerchfell-Herz-Sonnengeflecht-Leber-Nieren gerne den „Gemütsbereich“. Mit Gemüt meine ich dabei die Ausdrucksform des Geistes. Über das Sonnengeflecht leitet der Geist seine Kraftwellen an den Körper weiter. Daher kommt es auch, daß man in dieser Gegend des Körpers, also zwischen Brustbein und Nabel – an späterer Stelle von mir auch „Mitte“ genannt – seelische Impulse und Erschütterungen körperlich am deutlichsten wahrnimmt. Davon zeugen bildhafte Redewendungen wie: „Es wird mir warm ums Herz!“ oder „Mir ist eine Laus über die Leber gelaufen!“ oder „Ihm kommt die Galle hoch“ oder „Das ist ihr an die Nieren gegangen“. Lachen und Weinen sind impulshafte Erschütterungen des Zwerchfells: Schmerz, Schreck, aber auch Freude lösen tiefgehende Reaktionen in der „Magengegend“ aus. Jedenfalls liegt die Vermutung nahe, daß die Zufuhr geistiger Kraftströme über das Sonnengeflecht an den Körper erst uneingeschränkt gewährleistet ist, wenn das Zwerchfell frei und gelöst arbeitet (siehe Abbildung).
Zwerchfell mit Sonnengeflecht
Grundpfeiler des lebendigen Atems
1. Innere Sammlung
Die meisten Menschen, die in meine Praxis kommen, suchen Hilfe, weil sie sich derart verspannen und verkrampfen, daß sie selbst keinen Weg mehr finden, sich daraus zu lösen.
Dies sind Verspannungen unterschiedlichster Ursachen. Oft liegen ihnen familiäre oder zwischenmenschliche Probleme zugrunde oder die heute ständig auf uns einwirkende künstliche Reizüberflutung sowie manche Überforderung am Arbeitsplatz und in verschiedenen anderen Tätigkeitsbereichen.
Ein Beispiel:
Eine
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