Auch Engel Moegens Heiss
und holte Stift und Block aus ihrer Handtasche. Dann notierte sie ganz oben auf einer Seite eine Eins und direkt daneben HAARE. Darunter kritzelte sie schnell MAKE-UP und darunter KLEIDER.
So, befand sie zufrieden. Schon war der Entwurf für das zukünftige Party-Girl fertig.
Wieder im Bad angekommen, wusch sie sich hastig das Gesicht und tat dann etwas, was sie sonst praktisch nie machte. Sie öffnete das Glas mit Oil of Olaz, das Tante Joella ihr letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt hatte, und massierte Feuchtigkeitscreme in ihr Gesicht. Auch wenn es nichts nutzte, so war es doch ein angenehmes Gefühl, beschloss sie. Als sie damit fertig war, fand sie, dass ihr Gesicht glatter und ein bisschen farbiger aussah. Natürlich, alles, was mit Fett eingeschmiert wurde, wirkte glatter, und das viele Massieren hatte ihr selbstverständlich die Wangen gerötet, aber irgendwo musste sie ja schließlich anfangen.
Und jetzt?
Nichts jetzt, sie war schon wieder fertig. Mehr konnte sie nicht tun, denn sie besaß keine weiteren Mittelchen, keine mysteriösen, sexy kleinen Döschen mit Farbe, keine dunklen Stifte, mit denen sich andere Frauen die Augen nachzogen und die Lider dunkel färbten. Lippenstift konnte sie noch auftragen, aber wozu sollte das gut sein? Er hatte praktisch die gleiche Farbe wie ihre Lippen; dass sie ihn aufgetragen hatte, konnte sie lediglich feststellen, wenn sie mit der Zunge über ihre Lippen fuhr und ihn schmeckte. Er schmeckte leicht nach Kaugummi, genau wie damals in der Junior High - » O nein! «, stöhnte sie laut auf. Sie hatte die Lippenstiftfarbe seit der Junior High School nicht mehr gewechselt.
»Du bist eine Trantüte«, erklärte sie ihrem Spiegelbild, und diesmal klang sie wütend. Mit kosmetischen Veränderungen allein wäre die Sache nicht getan.
Hier waren einschneidende Maßnahmen gefordert.
Als Daisy die Treppe herunterkam, standen bereits zwei farbenfroh verhüllte Päckchen auf dem Küchentisch. Ihre Mutter hatte Daisys Lieblingsfrühstück zubereitet, Pfannkuchen mit Pekannüssen; neben dem Teller wartete eine leicht dampfende Tasse Kaffee, was darauf hinwies, dass ihre Mutter Daisys Kaffee erst eingeschenkt hatte, als sie ihre Tochter auf der Treppe gehört hatte. Tränen standen Daisy in den Augen, sobald sie ihre Mutter und Tante ansah; die beiden waren wirklich die nettesten Menschen auf der ganzen Welt. Daisy liebte beide über alles.
»Alles Gute zum Geburtstag!«, jubilierten die zwei und strahlten sie an.
»Danke.« Sie rang sich ein Lächeln ab. Auf das vereinte Drängen der beiden alten Damen hin setzte sie sich auf ihren Stammplatz und öffnete unverzüglich beide Päckchen. Bitte, lieber Gott, bloß kein Seersucker, flehte sie insgeheim, indes sie das weiße Papier vom Geschenk ihrer Mutter abschälte. Sie fürchtete sich beinahe vor dem Auspacken, weil sie Angst hatte, ihre Miene nicht beherrschen zu können, wenn es tatsächlich Seersucker war - oder Flanell. Flanell war fast genauso schlimm.
Es war … puh, wenigstens kein Seersucker. Die Erleichterung machte sich in einem winzigen Seufzer Luft. Dann zog sie das Gewand aus der Packung und hielt es vor sich hin. »Ein Bademantel«, erklärte ihre Mutter, als könnte Daisy das nicht mit eigenen Augen erkennen.
»Wirklich … wirklich hübsch«, sagte Daisy, der schon wieder Tränen in die Augen schossen, weil der Bademantel tatsächlich hübsch war - nun ja, zumindest hübscher, als sie befürchtet
hatte. Er war aus reiner Baumwolle, aber er hatte einen hübschen Rosaton und war an Kragen und Ärmeln mit dezenten Spitzen besetzt.
»Ich habe mir gedacht, du brauchst ein bisschen was Hübsches«, verkündete ihre Mutter mit gefalteten Händen.
»Hier«, mischte sich Tante Joella ein und schob Daisy die zweite Schachtel zu. »Mach schon, sonst werden deine Pfannkuchen kalt.«
»Danke, Mama«, sagte Daisy, während sie gehorsam die zweite Schachtel öffnete und einen Blick auf den Inhalt wagte. Auch hier kein Seersucker. Sie betastete den Stoff und strich sanft mit den Fingerspitzen über die kühlen, glatten Fasern.
»Echte Seide«, vermeldete Tante Joella stolz, als Daisy den langen Unterrock aus der Verpackung zog. »Marilyn Monroe hat so einen mal in einem Film getragen.«
Der Unterrock sah aus wie aus den vierziger Jahren, gleichzeitig keusch und sexy, so wie etwas, das kesse junge Frauen damals als Partykleid trugen. Daisy sah sich im Geist an einer Frisierkommode sitzen und ihr Haar kämmen, in
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