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Auf dem Zeitstrom

Auf dem Zeitstrom

Titel: Auf dem Zeitstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
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Tages saßen der Titanthrop, Clemens und von Richthofen auf dem Vordeck, pafften Zigarren und süffelten den Whisky, den ihre Gräle ihnen beim letzten Halt verschafft hatten.
    »Warum nennen Sie ihn ausgerechnet Joe Miller?« fragte Lothar.
    »Sein wirklicher Name«, erwiderte Clemens, »ist ein schrecklicher Zungenbrecher und länger als ein deutscher wissenschaftlicher Fachausdruck. Als er mir zum ersten Mal über den Weg lief, habe ich mir alle Mühe gegeben, ihn auszusprechen, aber hingehauen hat es nie. Nachdem er genug Englisch gelernt hatte, um mir einen Witz zu erzählen – er war so scharf darauf, daß er es kaum erwarten konnte –, entschloß ich mich dazu, ihn Joe Miller zu taufen. Na ja, er erzählte mir eine so haarige Geschichte, daß ich sie zunächst kaum glauben konnte, und das lag daran, daß ich sie schon kannte. Ich habe sie zuerst gehört – wenn auch in einer leicht abgeänderten Fassung –, als ich noch ein kleiner Junge war und in Hannibal am Missouri lebte. Und schon auf der Erde hatte ich diese Geschichte mindestens hunderttausendmal gehört. Und dennoch faszinierte es mich, sie noch einmal zu hören – aus dem Munde eines Mannes, der hunderttausend oder einen Million Jahre vor der Zeit gestorben ist, in der ich gelebt habe.«
    »Um was ging es denn in der Geschichte?«
    »Um einen Jäger, der den ganzen Tag über der Spur eines verwundeten Hirsches folgte. Schließlich brach die Nacht herein, und mit ihr ein gewaltiger Sturm. Schließlich entdeckte der Jäger den Schein eines Feuers und stieß auf eine Höhle. Er hielt an und fragte den alten Medizinmann, der darin lebte, ob es ihm genehm sei, wenn er bei ihm die Nacht verbrächte. Und der alte Bursche erwiderte: >Sicher; aber es wird ziemlich eng werden. Du wirst damit vorliebnehmen müssen, bei meiner Tochter zu schlafen.< – Soll ich wirklich noch weitererzählen?«
    »Fäm hat überhaupt nicht darüber gelacht«, brummte Joe. »Manchmal glaube ich, daf er überhaupt keinen Humor hat.«
    Clemens kniff blitzschnell und zielsicher in Joes raketenförmige Nase und erwiderte: »Manchmal glaube ich fogar, daf du recht haft. Aber in Wirklichkeit muß ich schon deswegen der humorvollste Bursche der Welt sein, weil ich mir die meisten Sorgen mache. Schließlich basiert doch jeder Lacher auf einem heimlichen Schmerz.«
    Er paffte vor sich hin und starrte auf das Flußufer. Die Abenddämmerung brach herein, und jetzt hatten sie ein Gebiet erreicht, das die Auswirkungen der von dem niedergehenden Meteor hervorgerufenen Naturkatastrophe noch stärker zu spüren bekommen hatte. Abgesehen von den Eisenbäumen schien hier alles von einer Feuersbrunst vernichtet worden zu sein, aber selbst die ersteren waren nicht davon verschont geblieben, daß ihre Äste den Flammen zum Opfer gefallen waren. Selbst die außergewöhnliche Rinde der Eisenbäume hatte starke Beschädigungen erlitten. Das darunterliegende Holz – es war härter als Granit – war stellenweise verkohlt. Die Druckwelle hatte eine ganze Reihe der Eisenbäume entwurzelt oder umgekippt. Die Gralsteine wirkten rußig. Sie standen zwar nicht mehr so ebenmäßig gerade wie vorher, hatten ihre Form jedoch nicht verloren.
    Schließlich sagte Sam: »Lothar, diese Stunde ist ebenso gut wie jede andere, um dir ein wenig mehr darüber zu erzählen, aus welchem Grund wir diese Spur verfolgen. Joe wird dir alles in seinen eigenen Worten berichten, und ich werde nur dann mit einer Erklärung eingreifen, wenn du etwas nicht verstehen solltest. Es ist eine rätselhafte Geschichte, gewiß; aber sie ist nicht unglaubwürdiger als alles andere, was wir erlebt haben, seit wir wieder von den Toten auferstanden sind.«
    »Ich bin durftig«, sagte Joe. »Laf mich erft waf trinken.«
    Die dunkelblauen, in dicke Knochenwülste eingebetteten Augen des Titanthropen richteten sich auf die Öffnung des Bechers. Er blickte in die Höhlung des Trinkgefäßes, als symbolisierte sie für ihn ein Fenster, durch das er in die Vergangenheit blickte, um sich an die Szenen zu erinnern, die er zu beschreiben beabsichtigte. Mit gutturaler Stimme, die Konsonanten härter betonend, als dies in der englischen Sprache üblich war, und seinem komischen Lispeln, das im Zusammenhang mit seiner ungeheuer tiefen Stimme, die beinahe wie das Orakel von Delphi klang, begann Joe von dem Nebelturm zu berichten.
    »Ich erwachte irgendwo am Fluff und war nackt wie jetft. Ich befand mich an einem Ort, der weit im Norden diefes Planeten

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