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Auf dem Zeitstrom

Auf dem Zeitstrom

Titel: Auf dem Zeitstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
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das Eisen auch nur zehn Fuß unter der Erdoberfläche liegt«, ließ Sam verlauten, »brauchen wir geschlagene zehn Jahre, um daran zu kommen.« Und zu Joe gewandt: »Du solltest soviel Feuerstein mitbringen, wie du kriegen kannst, Joe, sonst sehe ich schwarz.«
    »Ich muff alfo doch mitfahren?« fragte Joe. »Ich werde dich vermiffen, Fäm.«
    »Du mußt deinen Job tun, wie all die anderen Männer auch«, erwiderte Sam. »Aber du brauchst dir keine Sorgen um mich zu machen.«
     

12
     
    Während der nächsten drei Tage schafften sie es, ein zehn Fuß durchmessendes und ein Fuß tiefes Loch auszuheben. Von Richthofen organisierte die einzelnen Arbeitsteams so, daß die Männer alle fünfzehn Minuten abgelöst wurden. Auf diese Weise waren die Grabenden stets frisch; aber dennoch wurden die Arbeiten hin und wieder dadurch aufgehalten, daß die Grabwerkzeuge sich abnutzten und ständig durch neue- die man erst herstellen mußte – ersetzt werden mußten. Als Blutaxt sah, daß die Steinbeile und Messer so rasch unbrauchbar wurden, gab er zu bedenken, daß sie sich hier möglicherweise ihr eigenes Massengrab schaufelten: Würden sie jetzt angegriffen werden, gab es kaum eine Chance zur Verteidigung, denn mit den abgestumpften Waffen wären sie nicht einmal in der Lage, die weiche Haut eines Babys zu durchstoßen. Clemens bat ihn zum zwölften Mal, er möge seine stählerne Axt zum Graben herleihen, aber Blutaxt weigerte sich noch immer.
    »Wenn Joe jetzt hier wäre«, sagte Sam einmal zu von Richthofen, »würde ich ihn dazu bringen, Blutaxt das Beil einfach wegzunehmen. Wo steckt er übrigens? An sich sollte er schon wieder zurück sein, mit leeren oder vollen Händen.«
    »Vielleicht sollten wir jemanden in einem Einbaum losschicken, der nach ihnen Ausschau hält«, schlug von Richthofen vor. »Ich würde ja gerne selbst gehen, aber ich glaube, es ist besser, wenn ich in deiner Nähe bleibe, solange Blutaxt hier herumstrolcht.«
    »Wenn Joe wirklich etwas zugestoßen ist«, sagte Sam, »können wir beide demnächst Schutz gebrauchen. Aber du hast natürlich recht. Dieser Pathanier Abdul kann die Sache ebenso gut übernehmen. Der Bursche ist so geschickt, daß er sich sogar durch eine Grube voll Klapperschlangen winden könnte, ohne daß sie ihn bemerkten.«
    Zwei Tage später, gegen Morgengrauen, kehrte Abdul zu ihnen zurück. Er weckte Sam und Lothar, die – um sich gegenseitig Beistand leisten zu können – in der gleichen Hütte schliefen, und erklärte ihnen in seinem gebrochenen Englisch, was geschehen war. Joe Miller saß gefangen in einem mächtigen Bambuskäfig. Abdul hatte versucht, den Titanthropen zu befreien, aber da er rund um die Uhr bewacht wurde, waren seine Bemühungen erfolglos gewesen.
    Man hatte die Wikinger zunächst freundlich und zuvorkommend begrüßt und der Häuptling des Gebietes, an dem die Dreyrugr angelegt hatte, schien über ihr Angebot zu einem Handel – Feuerstein gegen Eisen – geradezu in Enthusiasmus zu verfallen. Er hatte ein großes Fest anberaumt, um die geschäftliche Abmachung gebührend zu begießen und seinen norwegischen Gästen soviel Likör und Traumgummi gegeben, wie sie nur wollten. In der Nacht hatte man dann die selig vor sich hin schnarchenden Nordmänner überrumpelt. Joe, der ebenfalls geschlafen hatte, war jedoch während dieser Nacht-und-Nebel-Aktion aufgewacht und hatte mit nackten Händen zwanzig der Angreifer erwürgt und weitere fünfzehn zu Krüppeln geschlagen, ehe es dem Häuptling persönlich geglückt war, ihm von hinten einen Schlag mit einem Knüppel zu versetzen, der Joe kampfunfähig machte. Der Schlag selbst war so heftig gewesen, daß er das Genick jedes anderen Mannes unweigerlich gebrochen hätte; aber Joe hatte lediglich einige Sekunden lang die Kontrolle über seinen Körper verloren. Aber das hatte schon genügt: Ein ganzer Schwarm von Männern war über ihn hergefallen und riß ihn zu Boden, während der Häuptling mit aller Kraft noch zweimal auf ihn eindrosch.
    »Der Häuptling weiß, daß Joe ein mächtiger Krieger ist«, sagte Abdul. »Er ist stärker als Rustam selbst. Als ich das Gespräch einiger Männer belauschte, sagte einer, daß der Häuptling beabsichtigt, Joe als Geisel festzuhalten. Er will um jeden Preis bei der Ausbeutung des Eisenlagers als gleichberechtigter Partner gelten. Wenn man ihm das abschlägt, wird er Joe zwar nicht umbringen, aber einen Sklaven aus ihm machen, obwohl ich bezweifle, daß ihm das gelingen wird.

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