Auf dem Zeitstrom
es John trotzdem gelingen sollte, sie zu vernichten, wird er selbst so geschwächt sein, daß er für uns keine große Gefahr mehr darstellt. Wenn wir uns mit ihm zusammentun, könnten wir von Radowitz dermaßen eine aufs Haupt geben, daß er wie ein Straßenköter mit eingeklemmtem Schwanz das Weite sucht.«
Von Richthof en erwiderte lachend: »Einen Moment lang dachte ich wirklich, du würdest vorschlagen, wir sollten uns in den Bergen verkriechen und abwarten, wer die Schlacht gewinnt, um anschließend dem Sieger unsere Dienste anzubieten. Ich könnte es einfach nicht über mich bringen, mich feige zu verstecken und das Kämpfen hier allein den Leuten zu überlassen.«
»Ich will ganz offen sein«, sagte Sam Clemens. »Ich hätte genau das getan, wenn es keinen anderen Weg geben würde. Aber lassen wir das. Der Gedanke, der mir im Hinterkopf herumspukt, ist der, daß wir vielleicht Blutaxt irgendwie loswerden können. Er wird sich niemals dazu bereit erklären, John als Partner anzuerkennen.«
»Wir werden den landlosen Hannes im Auge behalten müssen wie eine Giftschlange«, sagte der Deutsche. »Aber einen anderen Ausweg sehe ich auch nicht. Ich würde es auch nicht für Verrat halten, Blutaxt umzubringen. Das wäre höchstens Selbstverteidigung. Er würde dich sicher bei der erstbesten Möglichkeit aus dem Weg räumen.«
»Wir brauchten ihn hingegen nicht mal umzubringen«, meinte Sam. »Es würde schon genügen, wenn er von der Bildfläche verschwände.«
Sam wollte zwar noch eingehender über das sprechen, was vor ihnen lag, aber von Richthofen brach die Diskussion mit der Bemerkung ab, jetzt sei genug geredet worden. Sie müßten jetzt zur Aktion schreiten.
Sam seufzte. »Du hast wohl recht.«
»Hast du was?« fragte von Richthofen.
»Ich fühle mich schon schuldig, bevor ich überhaupt etwas getan habe«, erwiderte Sam. »Ich komme mir wie eine Ratte vor, obwohl es dafür eigentlich gar keinen Grund gibt. Überhaupt keinen! Aber ich glaube, ich habe mein Leben nur deswegen erhalten, um mich schuldig zu fühlen. Manchmal möchte ich mich sogar dafür entschuldigen, überhaupt geboren zu sein.«
Lothar warf die Arme hoch und machte sich kopfschüttelnd auf den Weg. Über die Schulter rief er Sam zu: »Entweder du kommst jetzt oder du verziehst dich. Aber wenn du das tust, solltest du von mir nicht erwarten, daß ich dich als Kapitän eines Schiffes respektiere. Die haben nämlich die Angewohnheit, sich entscheiden zu können.«
Eine Grimasse schneidend, stolperte Sam ihm hinterher. Lothar verhandelte mit zwölf Männern, die er für vertrauenswürdig genug hielt, um in ihrem Plan eingeweiht zu werden. Die Sonne begann inzwischen vom Zenit herabzuklettern. Als die Männer in die Details eingeweiht waren, bewaffneten sie sich. Als sie aus ihren Hütten zurückkehrten, trugen sie Bambusspeere und Messer und einer von ihnen besaß sogar einen aus Bambus hergestellten Bogen mit sechs Pfeilen. Leider konnte diese Waffe nur auf kurze Entfernungen effektiv eingesetzt werden.
Mit Lothar von Richthofen und Sam Clemens an der Spitze strebte die Gruppe der Hütte des Wikingerkönigs entgegen. Sechs Wachen standen vor Erik Blutaxts Haus.
»Wir möchten mit Blutaxt reden«, sagte Sam und versuchte das Zittern seiner Stimmbänder zu unterdrücken.
»Er hat gerade eine Frau bei sich. Könnt ihr nicht hören?« sagte Ve Grimarsson.
Sam hob eine Hand. Lothar stürmte an ihm vorbei und versetzte Grimarsson einen Schlag auf den Schädel. Ein Pfeil zischte an Sams Schulter vorbei und traf die Kehle eines weiteren Wächters. Innerhalb von zehn Sekunden waren die anderen tot oder so stark verwundet, daß es keinen Sinn mehr für sie hatte, weiterzukämpfen. Plötzliche Schreie aus der Ferne zeigten den Eindringlingen an, daß ein weiteres Dutzend Wikinger angerannt kam, um ihren Häuptling zu beschützen. Blutaxt stürmte pudelnackt und einen Kriegsschrei ausstoßend mit seiner stählernen Axt in der Faust aus seiner Hütte. Von Richthofen stürzte sich mit einem Speer auf ihn und spießte ihn auf. Der Norweger ließ seine Axt sinken und taumelte zurück. Von Richthofen, der seine ganze Kraft in den Stoß gelegt hatte, wurde förmlich mitgerissen. Der Wikinger krachte mit dem Rücken gegen eine Hüttenwand. Sein Blick wurde glasig, während seine Lippen sich lautlos bewegten. Blut rann ihm aus den Mundwinkeln. Sein Gesicht lief blau an und wurde dann aschgrau.
Als der Deutsche seinen Speer aus Blutaxts Leib riß,
Weitere Kostenlose Bücher