Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
den Weg zur Lösung der Frage nach der Energiequelle der Sterne ebnete.
Aber nicht nur für die Beschreibung des Kosmos war diese neue Theorie von Vorteil. Heutzutage machen wir alle jeden Tag unwissentlich von der Quantenmechanik Gebrauch: sei es bei einem USB-Memory-Stick am Computer, bei der Magnetresonanztomographie beim Arzt, bei Transistoren in jedem Schaltkreis, bei einem Laser oder einem Elektronenmikroskop. Auch sollte man nicht vergessen, dass die heutigen Digitalkameras sowie die großen Photonendetektoren der heutigen Teleskope nicht ohne quantenmechanisches Wissen hätten entwickelt werden können. Sie fangen ja schließlich das sich als Teilchen verhaltende Licht auf. Meine Arbeit wäre wesentlich mühsamer, wenn ich für meine Beobachtungen immer noch fotografische Platten benutzen müsste, wie alle Astronomen es noch bis ca. 1990 getan haben. Allerdings bedarf es auch bei dieser Beobachtungstechnik schon der Quantenmechanik, um die Prozesse in einer Silberbromid-Fotoplatte verstehen zu können.
Gegen Ende der 1930er Jahre war das Zusammenspiel der verschiedensten Wissenschaftler und ihrer Arbeitsgebiete nicht nur ganz offensichtlich, sondern auch notwendig, um Fortschritte zu erzielen. So arbeiteten die einen am Kleinen, den Atomen, die anderen am Großen, den Sternen, einige theoretisch und wiederum andere experimentell. Alle Ergebnisse bauten aufeinander auf, egal ob sie aus der Chemie, Physik oder Astronomie stammten.
Gleichzeitig ist die Zeit ab ca. 1900 wohl eines der besten Beispiele dafür, dass es in der Wissenschaft keinen wohlbestimmten, gradlinigen Weg zum Erfolg gibt. Vor allem zeigen aber die Ergebnisse dieser Zeit, dass die Wissenschaftler schon damals für ihre Verhältnisse sehr gut vernetzt waren. Neues Wissen sprach sich schnell herum, wurde sofort aufgegriffen und weiter»verarbeitet«. Das ist auch eines der Grundprinzipien der heutigen Wissenschaft. Mit Hilfe des Internets arbeite auch ich regelmäßig mit Kollegen aus Australien, Europa, Nordamerika und Japan zusammen.
So war das Geheimnis des Lichts und der Photonen gelüftet worden. Nun wandte man sich der Erforschung des Kosmos und der darin befindlichen Objekte zu. Die Türen zum All öffneten sich schlagartig in dieser Zeit, was zu einer fundamentalen Erweiterung des Weltbildes führte. Wie so oft wurde auch auf diesem Gebiet die Entwicklung von einigen wichtigen Persönlichkeiten vorangetrieben.
2.3. Dem Kosmos auf der Spur
Während in Deutschland und Europa in erster Linie die Quantenmechanik entwickelt wurde, wandten sich die amerikanischen Astronomen der intensiven Erforschung des Universums zu. Unter strenger Leitung von Edward Charles Pickering begann Henrietta Leavitt 1893 am Harvard College-Observatorium als eine von mehreren Frauen, wissenschaftlich für ihn zu arbeiten. Diese Frauen wurden später die »Computer« genannt, da ihre Aufgabe darin bestand, verschiedenste Arten von Berechnungen und Messungen von Himmelsbeobachtungen auf fotografischen Platten durchzuführen.
Schon vor Leavitt hatten Williamina Fleming and Antonia Maury unter Pickering an der Erweiterung von Secchis Spektralklassifikationen gearbeitet. Um 1880 war Pickering so unzufrieden mit seinen männlichen Assistenten geworden, dass er verkündete, seine Haushaltshilfe könne bessere Arbeit abliefern. So stellte er Fleming tatsächlich als wissenschaftliche Hilfskraft an. Sie enttäuschte ihn nicht, da sie aus Respekt jede ihr aufgetragene Arbeit erledigte, egal wie viel oder wenig, ob frühmorgens oder spät nachts. Daraufhin stellte Pickering weitere Frauen an, jetzt mit abgeschlossenem Studium in Physik oder Astronomie, um seine Ambitionen auf großangelegte Spektralklassifikation effizient voranzutreiben. Wissenschaftlich ausgebildete weibliche Arbeitskräfte wie Maury und Leavitt waren zu jener Zeit extrem billig und bereit, länger und härter als männliche Assistenten zu arbeiten. So bewies Pickering auf eine etwas sonderbare Art und Weise, dass auch Frauen wissenschaftlich gute Arbeit leisten konnten.
Eine von Leavitts Aufgaben bestand darin, die Helligkeit von Sternen zu katalogisieren. Dabei fand sie Tausende von helligkeitsveränderlichen Sternen in den Magellan’schen Wolken, von denen die helleren Objekte die längsten Perioden zu haben schienen. 1912 bestätigte sie dieses Verhalten mit weiteren Beobachtungen, was seit dieser Zeit als Perioden-Leuchtkraft-Beziehung bekannt ist. Eine ganz besondere Folgerung ergab sich bald
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