Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
dazu, dass die Supernova noch länger heller bleibt, da das leuchtende Material bei diesem Vorgang nach außen geschoben wird. Die daraus entstehende Verzögerung der Lichtabschwächung kann in Abbildung 4.6 gesehen werden. Die Kern-Kollaps-Supernovae strahlen somit für mehrere Wochen, bevor auch sie an Helligkeit verlieren.
Abb. 4.6: Schematischer Verlauf der Lichtkurven der beiden Arten von Supernovaexplosionen. Die Helligkeit von Typ-Ia-Supernova fällt innerhalb einiger Tage rasch ab, während die von Typ-II -Supernovae erst über einen längeren Zeitraum von mehreren Wochen dunkler wird.
Je nach Art des Explosionsmechanismus hat die Lichtkurve also eine charakteristische Form, die bei der Identifizierung des Supernovatyps behilflich ist. Diese Tatsache ist auch für die Modellierung von Supernovae wichtig: Denn die Details der vielen verschiedenen derartig komplexen Prozesse, die während einer Supernova ablaufen, können nur mit Hilfe von äußerst ausgeklügelten Computersimulationen nachempfunden werden. Und dennoch ist unser theoretisches Verständnis von diesen Explosionen noch immer begrenzt.
In der Geschichte der letzten 1000 Jahre sind mehrere Supernovaexplosionen in der Milchstraße dokumentiert worden. Im Jahre 1006 gab es die bisher hellste, nur 7000 Lichtjahre entfernte Supernova, die mit bloßem Auge am Himmel sichtbar war. Die Mönche im Kloster St. Gallen haben sie in ihrer Chronik beschrieben. Moderne Beobachtungen haben ergeben, dass es sich bei dieser Supernova um einen explodierten Weißen Zwerg gehandelt haben muss. 1054 erwähnen asiatische Quellen eine sehr helle Supernova, deren Überrest der hübsche Krebs- oder Krabbennebel im Sternbild Stier ist. Abbildung 4.C im Farbbildteil zeigt diesen immer noch leuchtenden Überrest. Heute wissen wir, dass es sich um den Kern-Kollaps eines 6300 Lichtjahre entfernten massereichen Sterns gehandelt haben muss.
Abb. 4.C
500 Jahre später beobachteten der dänische Astronom Tycho Brahe sowie auch andere Astronomen 1572 eine weitere Typ-Ia-Supernova. Nur einige Jahrzehnte später, nämlich 1604, hatte der berühmte Mathematiker und Astronom Johannes Kepler das große Glück, die bisher letzte Supernova in unserer eigenen Galaxie miterleben zu können. Denn alle diese Supernovae haben in vielen Farben leuchtende Überreste hinterlassen, die auch heute noch beobachtet und studiert werden. In unserer Milchstraße kommt es im Mittel also zu ein bis zwei Supernovaexplosionen pro 100 Jahren.
Eine weitere Supernova, die in diesem Zusammenhang erwähnt werden muss, ist die Supernova 1987A. Sie explodierte im Jahr 1987 in der Großen Magellan’schen Wolke, einer der großen, 160 000 Lichtjahre entfernten Satellitengalaxien der Milchstraße. Dieses Ereignis ist nur knapp 25 Jahre her, und ich kann mich sogar noch verschwommen daran erinnern. Von explodierenden Sternen verstand ich damals allerdings noch nichts. Aber die Erwachsenen sprachen darüber, so dass ich daraus schloss, dass etwas Wichtiges geschehen sein musste. Tatsächlich war auch diese Supernova mit bloßem Auge auf der Südhalbkugel sichtbar und die am wenigsten weit entfernte Supernova seit der Typ-II-Explosion im Jahr 1604.
Dank moderner Fernsehübertragung konnte zudem jeder Mensch mit einem Fernseher ein Bild des kleinen exotischen Lichtpunktes in einer anderen Galaxie sehen, dessen Licht die letzten 160 000 Jahre zu uns unterwegs gewesen war. Diese Begebenheit war gleichzeitig eine außerordentliche Möglichkeit für professionelle Astronomen, eine Supernova »direkt vor der Haustür« im Detail untersuchen zu können. Besonders die Hypothese des riesigen, die Schockwelle antreibenden Neutrinostroms konnte in diesem Fall experimentell nachgewiesen werden. Da Neutrinos den explodierenden Stern schneller und somit früher als Photonen verlassen, müssten diese auch früher auf der Erde ankommen. Tatsächlich registrierten riesige Neutrinodetektoren in Japan und den USA genau diese Neutrinos etwa drei Stunden vor den Beobachtungen der eintreffenden Photonen, die als Licht mit Teleskopen beobachtet werden konnten.
Wenn Supernova-Ausbrüche heutzutage in fernen Galaxien entdeckt werden, benötigt es aber meist ein zusätzliches Spektrum, um die Supernova eindeutig klassifizieren zu können. Denn spektroskopische Beobachtungen zeigen signifikante Unterschiede: Spektren von Typ-II-Supernovae zeigen prominente Wasserstofflinien, während die Typ-Ia-Objekte keinen Wasserstoff aufweisen.
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