Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)
zeigen.
Abb. 7.4: Spektren mit ähnlichen Temperaturen, aber unterschiedlichen Metallizitäten. Oben: die metallreiche Sonne mit [Fe/H] = 0. Mitte: zwei Sterne mit niedrigeren Metallizitäten. Unten: der eisenärmste Stern mit [Fe/H] = –5,4. Die Bedeutung von »[Fe/H]« wird in Kapitel 7.3 beschrieben. Alle Spektren sind normalisiert und versetzt gezeigt.
7.3. Elementhäufigkeitsanalysen von Sternen
Ziel der Stellaren Archäologie ist es, die detaillierten Elementhäufigkeitsmuster der metallärmsten Sterne zu bestimmen. Hinter dem etwas sperrigen Begriff Elementhäufigkeitsanalyse verbirgt sich das Verfahren, das uns verrät, wie die äußeren Gasschichten eines Sterns quantitativ zusammengesetzt sind. So gelingt es, metallarme Sterne als solche zu identifizieren und mehr über das junge Universum und die damaligen Nukleosyntheseprozesse in ihm zu erfahren.
Für eine vollständige Häufigkeitsanalyse benötigt man zunächst ein hochaufgelöstes Spektrum des betreffenden Sterns. Das ist einfacher gesagt als getan: Meist ist der Stern lichtschwach, und man braucht große Teleskope und lange Belichtungszeiten, bis sich das gewünschte Spektrum (Signal) ausreichend deutlich gegenüber allen Störungen, etwa dem Rauschen der aufnehmenden Kamera, abzeichnet. Abbildung 7.5 zeigt Spektren eines Sterns mit verschiedenen Signal-Rausch-Verhältnissen und den entsprechenden Beobachtungszeiten. Daran lässt sich sofort erkennen, dass längere Belichtungen zu besserer Datenqualität mit einem höheren Signal-Rausch-Verhältnis führen. Leider steigt das Signal-Rausch-Verhältnis nur mit der Wurzel der Beobachtungszeit an: Für ein doppelt so gutes Signal-Rausch-Verhältnis muss die Beobachtungszeit viermal so lang sein. Besonders bei schwächeren Sternen führt diese Tatsache oft dazu, dass die Spektren eher »verrauscht« sind.
Abb. 7.5: Normalisierte Spektren eines Sterns mit verschiedenen Signal-Rausch-Verhältnissen (S/N) im Bereich der Hβ-Linie. Oben: Spektrum mit hohem S/N von ~ 300. Unten: Spektrum mit S/N von ~ 13. Um das hohe S/N zu erhalten, müsste der schwächere Stern etwa 530 Mal länger beobachtet werden oder sieben Magnituden heller sein. Das obere Spektrum ist versetzt.
Wie kann nun die chemische Zusammensetzung eines Sterns mit Hilfe seines Spektrums bestimmt werden? Die Hauptarbeit einer Analyse basiert auf der Vermessung der Absorptionslinien im beobachteten Spektrum. Dabei wird die Stärke der Linien bestimmt, was mathematisch gesehen der Fläche der Linienkurve entspricht. Die Stärke einer Linie ist ein Maß dafür, in welchen Mengen das jeweilige Element in der Sternatmosphäre vorkommt. Bevor man nun die Linien im Spektrum mit verschiedenen Computerprogrammen vermessen kann, muss man allerdings erst einmal wissen, welche Linien zu welchen Elementen gehören. Dank der umfangreich katalogisierten atomphysikalischen Eigenschaften jedes Elements kann man genaue Angaben zu den Wellenlängen und weiteren Details der einzelnen Spektrallinien eines jeden Elements nachschlagen. Dadurch ist es relativ einfach, die Linien im Sternspektrum zu identifizieren. Wenn man dann Linien eines bestimmten chemischen Elements im Spektrum eines Sterns gefunden hat, ist das der Beweis dafür, dass dieses Element tatsächlich in der Sternatmosphäre vorkommt. Mit Hilfe eines Sternatmosphärenmodells können diese Linienmessungen dann später in Häufigkeitsangaben umgewandelt werden.
In der Praxis wird allerdings oft der umgekehrte Weg eingeschlagen. Wir wissen, bei welchen Wellenlängen sich wichtige Spektrallinien befinden, und so suchen wir gezielt nach diesen bestimmten Linien, um sie dann zu vermessen. So wird jedes neue Spektrum noch am Teleskop z.B. auf die Neutroneneinfangelemente Strontium, Barium und Europium hin untersucht. Strontium hat seine stärkste Linie bei 4077 Ångström, Barium bei 4554 Ångström und Europium bei 4129 Ångström. Die meisten metallarmen Sterne zeigen nur Rauschen an der Stelle, wo die Europiumlinie sein soll. Die Präsenz einer starken Europiumlinie bedeutet deswegen, dass der Stern sehr wahrscheinlich ein r-Prozess-Stern oder anderweitig interessant ist. Aber auch besonders starke oder nicht existente Strontium- und Bariumlinien deuten auf eine unter Umständen sehr interessante nukleosynthetische Herkunft des Sterns hin.
Ångström? Lichtwellenlängen sollten in der Physik der Konvention nach in Nanometern (nm) angegeben werden. In guter historischer Tradition verwenden
Weitere Kostenlose Bücher