Jürgen Zöller Selbst - Aus dem Leben des BAP-Trommlers
Fitzcarraldo in der Halbzeitpause Vorwort von Wolfgang Niedecken
Da sitze ich also „… up on the white veranda“, lasse meinen Blick über die Blautöne der Ägäis schweifen und überlege, was ich noch Sinnvolles zu diesem Buch beisteuern könnte, ohne doppelt zu moppeln. Vielleicht in knapper Form eine Art Abriss der Thronfolge auf unserem BAP-Schlagzeugschemel, von dem Jürgen seit nun mehr als zwei Jahrzehnten nicht mehr wegzudenken ist. Irgendwo, mitten in einem Konzert der letzten Tour, kam mir während der Bandvorstellung plötzlich in den Sinn, dass „Jürgen Zöller selbst“ der Musiker ist, mit dem ich in all den Jahren seit meiner ersten Schülerband am längsten zusammenspiele. Ich glaube, wir wurden beide ein wenig sentimental, als ich meine Erkenntnis dann auch der Band und dem staunenden Publikum kund tat.
Und trotzdem gilt Jürgen in Ignorantenkreisen noch immer als der „neue“ Schlagzeuger. Zur sogenannten BAP-„Originalbesetzung“ zählen nach Meinung vieler nämlich nur die, die 1981/1982 die beiden Doppelplatin-Alben … für usszeschnigge! und Vun drinne noh drusse eingespielt haben. Das war jene Phase in der Bandgeschichte, die wohl kaum einem entgangen ist, dermaßen erdrückend gestaltete sich unsere Medienpräsenz. Damals waren die WDR-„Rockpalast“-Nächte noch Termine, nach denen man seine Wochenendplanungen ausrichtete – eine Zeit, lange vor den inzwischen zu Klingelton-Werbesendern heruntergekommenen MTV und VIVA, ganz zu schweigen von der jetzigen Privatradiolandschaft, in der Musik nur noch als Klebzeug zwischen den Werbeblöcken fungiert. Dass sich unsere „merkwürdige Band“ seitdem kontinuierlich weiterentwickelt und mittlerweile gerade auch durch die zahlreichen Besetzungswechsel auf ein ganz anderes Niveau emporgearbeitet hat, bekommen natürlich immer nur diejenigen mit, die auch dann hinhören, wenn wir neues Material veröffentlichen. Die sich unsere Alben zulegen und sich eben nicht mit „den größten Hits aus den Siebzigern, Achtzigern und Neunzigern“ abspeisen lassen.
Aber zurück zur Chronologie. An der kann man übrigens auch erkennen, wie dämlich der Begriff „Originalbesetzung“ ist. Schon sehr früh hatte der ursprünglich als Schlagzeuger angetretene Schmal Boecker seinen jüngeren Bruder Wolli angeschleppt. Der sei besser als er selbst, und überhaupt habe er, Schmal, im fortgeschrittenen Alter von 26 Jahren sowieso keinen größeren Bock mehr auf Amateurmucke. Sprach’s, legte sich zwei Congas zu und fungierte fortan, wenn ihm danach war, neben Afro Bauermann als einer von mindestens zwei Percussionisten dieses Haufens, der sich bis 1978 immer nur traf, um in ständig wechselnden Besetzungen so lange Coverversionen von Dylan- oder Stones-Songs neben einigen wenigen selbstgeschriebenen Liedern auf Kölsch zu spielen, bis der mitgebrachte Bierkasten leer war.
Wolli schaffe es dann immerhin bis in die Phase vor dem ersten Live-Album Bess demnähx (1983), der ihn ersetzende Jan Dix bis ins Münchner Musicland-Studio, aber eben nicht mehr aufs ‘86er Ahl Männer, aalglatt-Album (den Job erledigte Curt Cress, doch das ist eine andere Geschichte). Jans Nachfolger Pete King verstarb nach nur einer Tournee an Krebs.
„Nummer Fünf“ wurde dann endlich derjenige, der auch schon die „Nummer Drei“ hätte sein können, hätte er vier Jahre zuvor nicht noch bei Wolf Maahns „Deserteuren“ gespielt. Abwerben widersprach dem Ehrenkodex. Doch wiederholt achtete ich bei gemeinsamen Festivals mit den Deserteuren darauf, nur ja den „trommelnden Kinski“ nicht zu verpassen. Unfassbar, was der Kerl jedes Mal ablieferte! Aber eigentlich auch wieder normal, schließlich war er ja erstens angehalten reinzuhauen, hatte zweitens mit Werner Kopal einen wirklichen Bassisten in der Band und drittens seit seinem sechzehnten Lebensjahr vom Schlagzeugspielen gelebt, und das spürte man halt bei jedem Achtel.
Was hat mir Jürgen im Sommer ’88 leid getan, als er hochmotiviert zur Arbeit am Da Capo-Album erschien, doch da, im Brüsseler Studio, vollends hineingeriet in die nun schon seit einiger Zeit für die Band typische Grüppchenbildung, die besonders das Aufnehmen oft so quälend machte. Ich selbst hatte versucht, mit den bandinternen Verhältnissen meinen vorläufigen Frieden zu schließen, oder, ehrlicher: Ich hatte resigniert und mich mehr oder weniger damit abgefunden, fortan bei BAP im Studio nur noch für die Texte zuständig zu sein. Umso
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