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Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition)

Titel: Auf der Suche nach den ältesten Sternen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Frebel
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Messungen der Linienstärken? Dafür benötigt man aufwendige Computerprogramme, die die Sternatmosphäre simulieren. Bei diesen Modellrechnungen werden die äußeren Schichten eines Sterns nachempfunden und die darin ablaufenden physikalischen Prozesse berechnet, die zur Absorption im Spektrum des simulierten Sterns führen. Wenn ein neuer Stern analysiert wird, braucht man also eine Modellatmosphäre, die genau zu diesem Stern passt und seine Eigenschaften gut beschreibt.
    Sternatmosphären unterscheiden sich hauptsächlich in den Parametern Temperatur, Schwerebeschleunigung und chemische Zusammensetzung. In der Atmosphäre eines Riesensterns herrscht z.B. eine geringere Schwerebeschleunigung, also ein geringerer Druck als in einem Hauptreihenstern – diese Unterschiede müssen berücksichtigt werden. Also müssen die stellaren Parameter, die Oberflächentemperatur, die Schwerebeschleunigung an der Oberfläche und die Metallizität des Sterns für die Modellatmosphäre bestimmt werden. Dass die Temperatur grundlegend für die Elementhäufigkeitsbestimmung ist, wurde schon angedeutet: Denn die Linienstärken im Spektrum hängen nicht nur von der chemischen Zusammensetzung ab, sondern auch von der Oberflächentemperatur des Sterns. Benutzt man bei dem Modell eine falsche Temperatur, verfälschen sich dadurch die Häufigkeiten. Das Gleiche gilt für die Schwerebeschleunigung, die an der Oberfläche herrscht.
    Mit etwas Erfahrung kann man einem Spektrum schon ansehen, ob es sich bei dem Stern um einen Riesen- oder einen Hauptreihenstern handelt. Die genaue Oberflächentemperatur kann so aber nicht bestimmt werden. Stattdessen kann man die Oberflächentemperatur entweder mit Hilfe der gemessenen Sternhelligkeit durch verschiedene Temperaturkalibrationen bestimmen oder von der Tatsache Gebrauch machen, dass die Häufigkeiten aller Eisenlinien, als Funktion ihrer Anregungspotentiale alle gleich sein müssen. Sonst würden verschiedene Linien sehr verschiedene Eisenhäufigkeiten liefern, obwohl der Stern ja nur eine einzige Eisenhäufigkeit besitzt. Ein ähnliches Argument wird bei der Bestimmung der Schwerebeschleunigung verwendet. Die Stärke der Absorptionslinien von einfach ionisiertem Eisen ist von der Schwerebeschleunigung abhängig, die der neutralen Eisenlinien aber nicht. Sowohl die Linien von neutralen wie auch ionisierten Eisenatomen müssen aber die gleiche Eisenhäufigkeit, die des Sterns, liefern. So kann die richtige Schwerebeschleunigung gefunden werden.
    Diese Prozedur ist ein gewisses Puzzlespiel. Aber nach einigen Durchgängen und Versuchen kommt man ans Ziel und hat dann bestimmt, welche Temperatur, Schwerebeschleunigung und letztendlich auch Metallizität ein Stern hat. Mit den richtigen Parametern passt die Modellatmosphäre schließlich zum beobachteten Stern. Dann können endlich die individuellen Häufigkeiten aller Elemente berechnet werden, deren Linien im Spektrum vermessen wurden.
    In der Praxis wird dieses Verfahren der Elementhäufigkeitsbestimmung auch in umgekehrter Reihenfolge ausgeführt. Viele Linien im Spektrum überlappen sich und formen komplizierte Absorptionsgebilde. Möchte man die Häufigkeit eines Elements aus einer solchen überlappenden Linie ermitteln, muss dies auf andere Weise als mit der direkten Linienvermessungstechnik erfolgen. Aus der vorhergehenden Analyse der Linienstärken ist schon bekannt, welche Modellatmosphäre den Stern am besten beschreibt. Diese Tatsache kann man sich hier zunutze machen: Wir können das Modell verwenden, um ein synthetisches Spektrum zu erzeugen. Die verschiedenen Elementhäufigkeiten können dabei in der Modellatmosphäre variiert werden. Damit »bastelt« man eine komplizierte Absorptionsregion im Spektrum nach. Einzig und allein die verschiedenen Häufigkeiten der beteiligten Elemente bestimmen nun die Stärke der Linien, die sich überlappen. Abbildung 7.5 und auch Abbildung 5.8 zeigen eine solche spektrale Region zusammen mit einem synthetisierten Spektrum, welches das beobachtete Spektrum gut wiedergibt. So können die individuellen Häufigkeiten der beteiligten Elemente trotz Überlappungen der Linien bestimmt werden.
    Letztendlich beschreiben alle gemessenen Häufigkeiten die Anzahl der Atome eines Elements in der Sternatmosphäre im Verhältnis zur Anzahl der Wasserstoffatome. Als praktisches Kürzel hat sich für das Häufigkeitsverhältnis zweier Elemente A und B eine Klammernotation eingebürgert: [A/B]. Die Klammernotation

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