Auf Dünnem Eis (T-FLAC) (German Edition)
der Krebsforschung gespendet. Die Ranch war jahrelang nicht bewirtschaftet worden und nicht besonders viel wert gewesen. Die abgelegene Lage kam Derek entgegen. Er hatte ein Angebot abgegeben und sein Haupteinsatzgebiet von Texas nach Montana verlegt.
Es hatte eine Weile gedauert, bis Derek die Schuppen von den Augen gefallen waren. Aber da war es schon zu spät gewesen, Sean zu enttarnen. Sean hatte Lily kennen gelernt.
Und wenn schon er, die professionelle Spürnase, auf Sean Munroe hereingefallen war, wie in aller Welt hätte dann eine verliebte Frau das Lügengebäude dieses Mannes durchschauen sollen?
Lily rieb sich die Stirn. »Aber er hat gesagt …«
»Sean hat viel gesagt, das nicht stimmte.« Er hatte Derek jahrelang Sand in die Augen gestreut. Er war so gut gewesen. O Himmel, er war unglaublich gut gewesen. Sean Munroe hatte das Gesicht eines gefallenen Engels und hatte sich so ernst, so absolut überzeugend angehört, dass nicht einmal Derek gemerkt hatte, dass der Hundesohn ihn von vorn und hinten belog.
Eine Frau zu manipulieren, die ihn so leidenschaftlich liebte wie Lily, war für Sean eine Kleinigkeit gewesen. Sean hatte nur gelacht. Schlimmer noch, er hatte Derek damit aufgezogen. Und Derek hatte zum ersten Mal im Leben nicht die Macht besessen, die Situation zu bereinigen.
Die Frage, ob Sean sich Lily nur genommen hatte, weil er gewusst hatte, was Derek für sie empfand, brachte ihn fast um. Und gerade als Derek begriffen hatte, wie viele Lügen Sean verbreitet hatte und mit welcher List und Tücke er Lily erobert hatte, war bei Sean der unheilbare Krebs diagnostiziert worden.
»Aber wie habt ihr …«
Derek legte den Finger unter ihr Kinn und hob ihr Gesicht an. »Wir reden morgen weiter. Du kannst kaum noch die Augen offen halten, und ich will, dass du wach und aufmerksam zuhörst. Außerdem musst du noch essen, bevor du dich schlafen legst.« Er strich mit dem Daumen über ihr Kinn. Ihre Haut war kalt, doch die Berührung erhitzte sie. Er ließ die Hand sinken.
»Ich habe keinen Hunger.«
»Du bist eine lausige Lügnerin«, sagte er tadelnd. »Du hast einfach nicht mehr die Kraft. Egal. Du musst dich anstrengen. Wie willst du mich ausgehungert schlagen?«
Sie rutschte in ihren Schlafsack, zog ihn über die Schultern, machte von innen den Reißverschluss zu und schloss die Augen. »Morgen.«
»Du musst essen. Du kannst dich jetzt nicht schlafen legen.«
Lily drehte sich um. Arrow schnüffelte, wie die Leithündin es immer tat, bevor sie einschlief. Rio gähnte, und das Stroh raschelte. Ein Zweig schnalzte unter dem Gewicht des Schnees, ein leises ploppendes Geräusch. Der Feuerschein tanzte auf ihren Lidern.
Sie wusste, dass sie essen musste. Sie musste auf sich aufpassen, sonst war es schlecht für die Hunde. Aber verdammt, sie hatte es so bequem und zum ersten Mal seit Stunden wirklich warm. Ihr Atem wärmte ihr den Hals und die untere Gesichtshälfte. Zwischen der Pelzmütze und dem Rand des Schlafsacks schauten nur noch die Augen heraus. Sie würde die Hunde ein paar Stunden ausruhen lassen, vier vielleicht, dann würde sie das Gespann wecken, sich irgendwas zu essen schnappen und sich davonmachen, solange Derek noch schlief.
Ein Lächeln verbog ihr die Lippen, und sie sank in grauen Schlaf.
»Oh, nein, das wirst du nicht. Ich habe mich die ganze Zeit mit diesem Topf abgerackert, um dir das warm zu halten. Setz dich auf.«
»Geh weg, Derek«, jammerte Lily. »Hab doch gesagt, bin nich’ hungrig.« Ihr Magen krampfte beim bloßen Geruch des Essens vor Hunger. Sie hätte die Schüssel und den Löffel gleich mit aufgegessen, hätte sie nur die Kraft gehabt. Unglücklicherweise hatte sie die nicht.
»Aufsetzen und Mund auf.«
Derek packte das Kopfteil des Schlafssacks und zog sie hoch.
»Bastard«, nuschelte Lily, ohne die Lider zu heben, die mittlerweile bleischwer waren.
»Mund auf.«
»Ich will n…« Er schob ihr einen Löffel warmes Boeuf Bourguignon in den Mund.
»Kauen.«
Sie kaute. Es war gut.
»Schlucken.« Er hörte sich amüsiert an.
Lily schluckte und machte wie ein Vogelkind gleich wieder den Mund auf.
Er lachte. Dieser süße kleine Dickkopf. Er fütterte ihr die ganze Schüssel. Sie brauchte nur den Mund aufzumachen, zu kauen und zu schlucken. Dann ließ er den Schlafsack sachte sinken, und sie lag wieder flach.
»Genug?«, fragte er und stellte die Schüssel auf seinem eigenen Schlafsack ab. Sie antwortete nicht. Aus wie eine Kerze. Derek schüttelte
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