Auf einem Maskenball verführt
schweigend stehen. Dann nahm sie allen Mut zusammen und küsste ihn auf die Wange. „Mach’s gut, Joshua.“
Ohne etwas zu erwidern oder Alyssa gar zu berühren, öffnete er die Wagentür. Alyssa stieg ein, ließ den Motor an und kurbelte das Fenster herunter. Während sie losfuhr, rief sie Joshua zu: „Sobald ich meinen Beitrag fertig habe, schicke ich ihn dir.“
„Nicht nötig. Ich kann ihn ja im Wine Watch lesen.“
„Bitte hab Vertrauen. Mach nicht denselben Fehler wie ich. Und noch etwas sollst du wissen: Ich liebe dich.“
Im Rückspiegel sah sie, wie er ihr ungläubig nachsah.
Endlich war der Artikel fertig.
Vor zwei Tagen hatte Alyssa ihn David geschickt – und gleichzeitig eine Kopie an Joshua. Im Begleitschreiben hatte sie ihn wissen lassen, dass sie niemandem eine unveröffentlichte Arbeit zu lesen gegeben hatte. Eine Antwort hatte Alyssa bisher jedoch nicht erhalten.
Kein Wunder, was sie beide verbunden hatte, war schon vorbei, noch ehe es so richtig begonnen hatte. Sie wusste, dass sie so schnell nicht darüber hinwegkommen würde. Nicht nur, dass sie sich in seiner Familie ausgesprochen wohlgefühlt hatte, sie hatte sich so heftig in Joshua verliebt, wie man es nur einmal erleben kann.
Sie seufzte. Trotz ihres Kummers war sie stolz auf ihren Beitrag. Es war schwierig gewesen, über Rolands Leben, den Erfolg von Saxon’s Folly – und zwischen den Zeilen über ihre aussichtslose Liebe zu schreiben. Aber Barry wurde mehrmals zitiert, die Ehre der Saxons war gerettet.
In ein paar Wochen würde die entsprechende Ausgabe des Wine Watch erscheinen – Alyssas öffentliche Entschuldigung bei Joshua.
Plötzlich klingelte es an der Tür. Wer mochte das sein? Am Freitagmorgen? Hastig lief Alyssa durch den Flur und öffnete. Joshua! Er sah unwiderstehlich attraktiv aus, und ihr schlug das Herz bis zum Hals.
„Darf ich reinkommen?“
„Ja, klar.“ Er wirkte etwas müde – und er war förmlicher gekleidet als sonst: dunkler Anzug und ein Hemd mit feinen Streifen, aber keine Krawatte. Niemals würde Alyssa aufhören, ihn zu begehren … und zu lieben.
Inzwischen musste er ihren Artikel doch erhalten haben. Aber warum hatte er denn nicht angerufen, um seinen Besuch anzukündigen? Worum ging es ihm? Vor Anspannung wagte Alyssa kaum zu atmen.
Aufmerksam sah Joshua sich in ihrem Apartment um. Vor allem die großen Fenster schienen ihm zu gefallen. „Eine schöne Wohnung.“
„Ja. Und sehr hell.“
Nach einem tiefen Atemzug sagte er: „Ich möchte dir das hier geben.“
Alyssa nahm den Umschlag entgegen, den er ihr hinhielt. Schwere Papierqualität mit dem Wappen der Saxons, dachte sie. Fragend sah sie ihn an. „Was ist das? Dunkelblau mit Silberprägung ist es nicht, also keine Balleinladung“, versuchte sie zu scherzen.
Er lachte. „Richtig. Der Ball ist lange vorbei, und der nächste steht noch nicht bevor. Zu dem kannst du übrigens gern kommen, das sage ich dir jetzt schon, damit du nicht wieder uneingeladen hereinplatzt.“
Immerhin etwas, ging es ihr durch den Kopf. Doch sie hatte gehofft, dass er ihre Entschuldigung, die der Artikel ja darstellte, annahm. Dass er ihr verzeihen würde. Dass alles zwischen ihnen wieder gut werden würde. Davon konnte offensichtlich keine Rede sein. Leider.
Und was war dann so wichtig, dass er es persönlich vorbeibrachte? Bekümmert öffnete Alyssa den Umschlag. Zum Vorschein kam eine Klappkarte mit einer herrlichen Ansicht von Saxon’s Folly inmitten sattgrüner Weinberge auf der Vorderseite. Im Inneren fand sich ein Einladungstext: Am kommenden Montag sollte Roland zu Ehren ein neuer Weingarten angepflanzt werden.
„Etwas kurzfristig“, erklärte Joshua. „Aber die Gedenkfeier soll genau vier Wochen nach seinem Tod stattfinden.“
„Aha“, meinte Alyssa und versuchte ihre Enttäuschung zu verbergen. „Ich werde da sein.“
Nach Saxon’s Folly zurückzukehren, an den Ort, mit dem sich so viele ihrer Träume verbanden, würde ihr schwerfallen. Und erst recht, wieder abzureisen! Aber weil sie Joshua misstraut hatte, hatte sie es nicht anders verdient. Ihr ganzes Leben lang hatte sie an Werte wie Wahrheit und Gerechtigkeit geglaubt. Und als es darauf angekommen war, hatte sie nicht gewusst, wie sie mit ihren intensiven Gefühlen umgehen sollte. Sie hatte nicht gewagt, Joshua zu vertrauen. Und das, obwohl sie längst wusste, was für ein fürsorglicher und verantwortungsbewusster Mensch er war.
Seufzend steckte Alyssa die Karte in den
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