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Auf und davon

Auf und davon

Titel: Auf und davon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Thomas
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Bodenbrettern“ antwortete er
widerwillig. Anzunehmen, daß die Piraten echt waren, war natürlich bescheuert,
aber Sachen, die in Häusern versteckt waren, lagen immer unter den
Bodenbrettern. Das wußte jedes Kind.
    Halbherzig versuchte Nathan ein Brett
in einer Ecke hochzustemmen, das locker aussah.
    Julia runzelte die Stirn. „Da nicht“,
sagte sie.
    „Warum nicht?“
    „Da liegt überall dick Staub. Das hat
keiner in letzter Zeit hochgehoben.“
    Nathan schaute Julia scharf an. So doof
konnte sie dann doch nicht sein. „Schauen wir mal in den anderen Zimmern“,
schlug er vor.
    Sie gingen durchs Haus und schauten
sich genau um. Es war natürlich nur ein Spiel — aber andererseits konnte man
nie wissen... „Da!“ sagte Julia.
    Nathan sah sofort, was sie meinte. Ein
Brett mit frischen Kratzern darauf und Staub, der darüber geschoben worden war,
um die Kratzer zu verdecken. Das Brett saß ganz locker. Nathan hatte keine
Mühe, es hochzuheben. Das Loch darunter war leer. „Da ist nichts“, sagte er
enttäuscht, wenn auch nicht überrascht.
    Julia legte sich der Länge nach auf den
schmutzigen Boden und streckte den Arm durch das Loch unter das nächste Brett. „Ich
hab was!“ rief sie aufgeregt.
    „Was?“
    „Weiß nicht. Hier ist es.“ Sie zog den
Arm zurück und hielt einen großen braunen Umschlag in der Hand. Der Umschlag
war glatt und neu und kaum schmutzig. Der Triumph machte Julia richtig
schwindelig. Wortlos hob sie die Klappe des Umschlags hoch und kippte den
Inhalt auf den Boden. Geldscheine! Jede Menge echte Zwanzigpfundscheine. Die
beiden starrten auf ihren Fund.
    „Schau dir das an!“ keuchte Nathan mit
ungläubig aufgerissenen Augen. „Jetzt schau dir das an!“
    „Du hast recht gehabt“, flüsterte Julia
ehrfürchtig, „es waren Piraten.“
    Nathan schüttelte den Kopf. Er konnte
noch immer nicht richtig glauben, daß das alles wahr war, diese wahnsinnige Entdeckung,
die von einem Augenblick zum nächsten alle bisherigen Höhepunkte seines Lebens
in den Schatten gestellt hatte. „Piraten waren es nicht“, sagte er, „Piraten
nicht.“
    „Aber wir haben doch das Geld gefunden,
das sie versteckt haben.“
    „Für Piraten ist es die falsche Sorte
Geld“, meinte Nathan. „Piratengeld ist anders, die haben Goldmünzen. Das hier
ist gewöhnliches Geld.“
    „Wer hat es dann hier reingetan?“
    „Keine Ahnung. Diebe wahrscheinlich.“
    „Woher haben sie es?“
    „Woher soll ich das wissen? Von einem
Einbruch vielleicht.“
    „Und warum haben sie es hier unter die
Dielen gesteckt?“
    „Damit die Polizei es nicht bei ihnen
findet, natürlich.“ Was war los mit der dummen Pute? Schaute sie denn nie
Fernsehen?
    „Wir haben es gefunden, Nathan! Wir
haben das ganze Geld gefunden. Ich kann’s nicht glauben, daß wir das ganze Geld
gefunden haben. Du? Wieviel ist es?“
    „Keine Ahnung. Mehr als hundert Pfund
jedenfalls. Tausend vielleicht.“
    „Tausend Pfund? Wie sind die Räuber
hier reingekommen, Nathan? Angenommen, jemand hat sie hier reingehen sehen...“
    „Du bist vielleicht blöd, Mann. Sie
sind natürlich hinten reingekommen, über die Schienen. Einfacher geht’s nicht.
Wenn sie die Häuser ausrauben, machen sie es genauso, jede Wette.“ Über der
prickelnden Aufregung, das Geld gefunden zu haben, hing eine unausgesprochene
Frage. Nathan stieß einige der Geldscheine mit der Fußspitze an. Julia kaute
auf dem Ende ihres Zopfes.
    „Nathan“, fragte Julia schließlich, „gehört
es jetzt uns?“
    „Klar. Wir haben es gefunden. Oder?“
    „Meinst du, wir sollten es zur Polizei
bringen?“
    „Ich bringe meine Hälfte nicht zur
Polizei. Du kannst mit deiner Hälfte machen, was du willst.“
    „Oh.“
    Schweigen.
    „Was machst du mit deiner Hälfte?“
wollte Nathan wissen.
    „Ich behalte sie wahrscheinlich“,
meinte Julia. „Genau wie du.“
    „Sollen wir dann teilen?“
    „Die Hälfte für dich und die Hälfte für
mich?“
    „Das ist fair, oder? Du hast es
gefunden, aber ich hab dir das Haus gezeigt.“
    „Ja, okay, das ist fair.“
    Das Geld zu teilen, war kein Problem.
Sie teilten die Scheine aus wie Spielkarten, und jeder bekam 65 Scheine.
    „Jetzt sind wir reich!“ sagte Julia. „Ich
kann’s nicht glauben, daß ich reich bin!“
    „Wir dürfen es aber niemand erzählen.“
    „Natürlich nicht.“
    „Was kaufst du dir von deinem Geld,
Julia?“
    „Ich weiß noch nicht.“ Eine Idee hatte
sie allerdings schon, aber die Idee war in diesem

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