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Auf und davon

Auf und davon

Titel: Auf und davon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Thomas
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Stadium noch geheim.
    Auch Nathans Pläne waren geheim. Sie
gingen dahin, seine Hälfte zu sparen, bis er erwachsen war, und sich dann ein
Haus zu kaufen. Dazu reichte das Geld bestimmt. Vielleicht war sogar noch was
davon übrig. In der Zwischenzeit würde er die Geldscheine an einem sicheren Ort
verstecken. Der Gedanke daran führte zu der nächsten Frage.
    „Julia — wo tun wir unser Geld hin?“
    Julia überlegte. „Könnten wir es nicht
hier lassen? In einem anderen Zimmer vielleicht?“
    „Nein, ausgeschlossen! Das ist ganz
ausgeschlossen!“
    „Warum denn?“
    „Überleg doch mal, Doofkopf! Der, der
es hier versteckt hat, kommt doch wieder zurück, um es sich zu holen.“
    „Na und? Da, wo er es versteckt hat,
ist es nicht mehr. Es ist weg. Wir verstecken es irgendwo anders, wo er es
nicht findet.“
    „Aber er findet uns! Er kann jederzeit
zurückkommen und uns finden. Oder jemand hat uns reingehen sehen und sagt es
ihm.“
    „Ach so — dann nimmt er es uns wieder
weg.“
    „Wahrscheinlich bringt er uns sogar um.“
    „Meinst du? Meinst du, er bringt uns
wirklich um?“ Julia bekam ganz große Augen vor Angst. „Wann kommt er zurück, Nathan?
Jetzt?“
    „Woher soll ich das wissen?“
    „Vielleicht kommt er genau in diesem
Augenblick. Vielleicht steigt er gerade über die Schienen. Komm, wir gehen,
Nathan, bevor er kommt und uns umbringt.“
    „Moment noch, wir müssen uns zuerst was
überlegen.“ Aber Julias Angst war ansteckend, und Nathan war schon nicht mehr
wohl in seiner Haut.
    „Okay, gehen wir. Aber steck das Geld
irgendwo hin, wo es sicher ist. Du kannst den Umschlag haben. Hast du eine
Tasche?“
    Julias Regenmantel hatte keine Taschen,
genausowenig wie das Baumwollkleid, das sie darunter trug. „Dreh dich um,
Nathan. Nicht schauen“, sagte sie geziert. Sie stopfte den Umschlag mit dem
Geld in ihre Unterhose. Er kratzte auf der Haut, aber es war ein beruhigendes
Kratzen.
    Nathan steckte seine Geldscheine in die
Plastiktüte, in der er das Katzenfutter gebracht hatte. Die Tüte war innen ein
wenig fettig, aber das spielte keine Rolle. Zusammengefaltet war das Päckchen
so klein, daß er es durch das Loch in der Tasche ins Futter seines Anoraks
stecken konnte. Das Loch war fast schon so lang in der Tasche, wie er den
Anorak hatte.
    „Beeil dich“, sagte Julia. Vor Angst
und Ungeduld trat sie von einem Fuß auf den anderen. „Laß uns schnell gehen.
Laß uns zum Park gehen, da gibt es gute Verstecke.“
    „Okay.“ Auf den Park wäre Nathan nie
gekommen. Es lag auf der Hand, sich dort zu verstecken, aber er mußte zugeben,
daß er selbst nie darauf gekommen wäre. In einigen Dingen war Julia zweifellos
besser als er. Wenn sie auch sonst eine dumme Pute war, manchmal hatte sie gute
Ideen.
    Sie liefen zum Park und zu dem kleinen
Unterstand gegenüber vom Spielplatz. Dort überlegten sie, was sie jetzt tun
konnten. „Versteckst du dein Geld bei euch zu Hause?“ fragte Nathan. „Weiß
nicht. Ich hab Angst, daß meine Mutter es findet.“
    „Die Angst hab ich auch. Wo sollen wir
es dann verstecken?“
    „Hier irgendwo?“
    „Wo denn?“
    Julia schaute sich um. „Wir könnten es
vergraben.“
    „Und wenn der Gärtner es wieder
ausgräbt?“
    „Doch nicht im Rasen. Er gräbt doch
nicht den Rasen um.“ Nathan dachte angestrengt nach. „Aber er würde sehen, wo
wir es versteckt haben. Es wäre wie bei dem Bodenbrett im Haus.“
    „Nicht, wenn wir das Loch richtig
abdecken. Wir legen das Gras wieder obendrauf und noch anderes Zeug drüber.
Unter einem Baum wäre es am besten, mit den ganzen Blättern und Zweigen.“
    „Wir haben aber nichts zum Graben.“
    „Es geht auch mit einem Stein.“
    Hinter dem Unterstand fanden sie einen
großen, flachen Stein und ein Stück Holz. Etwas bereitete Nathan noch
Kopfzerbrechen. „Wenn du nicht schaust, unter welchem Baum ich meines vergrabe,
schaue ich auch nicht, wo du deines vergräbst.“
    „Gut.“ Julia hatte verstanden. Nathan
traute ihr nicht. Ihr war das recht, sie traute ihm auch nicht. „Wer geht
zuerst?“
    „Ich. Halt dir die Augen zu und schau
nicht, bis ich wieder zurück bin.“
    „Dann beeil dich.“ Julia schloß die
Augen und ließ sich in einen schönen Traum sinken. Die Entdeckung des Geldes
bedeutete für sie bereits den Wendepunkt in ihrem Leben, die Antwort auf alle
ihre Probleme. Nächste Woche würde ihr neues Leben beginnen, und sie konnte es
kaum erwarten. Nathan nahm das Stück Holz und lief hinter den

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