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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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Diese abgehärteten Wüstensöhne durchzogen im Sonnenbrand die weiten Hochflächen, um im Dienst der großen Strahlensammelkompagnien die Stromleitungen bei Sonnenaufgang in Tätigkeit zu setzen und bei Sonnenuntergang wieder abzustellen. Sie erhielten einen reichlichen Lohn, der ihnen wohl gestattet hätte, nach einer Reihe von Jahren ihren beschwerlichen Beruf aufzugeben, aber sie liebten ihre Hochflächen, wie ihre Väter sie geliebt hatten, wo in der Nacht der Himmel mit Millionen Sternen leuchtete, wo wallende Nebel der Morgensonne vorauszogen und dann das Glutgestirn den Boden unter den Füßen brennen ließ. Sie liebten die Wüste und schüttelten die Köpfe, sobald einer der Ihren in die Schächte am Wüstenrand hinabstieg. Sie betrachteten die Bewohner der Täler nur als die Lieferanten ihrer Bedürfnisse und fühlten sich als die eigentlichen Spender der Kraft des Planeten; aber sie wußten auch, daß sie trotz ihrer Sonne und Sterne verhungern müßten, wenn nicht die klugen Männer der Tiefe ihnen Steine in Brot verwandelten.
    Steine in Brot! Eiweißstoffe und Kohlenhydrate aus Fels und Boden, aus Luft und Wasser ohne Vermittlung der Pflanzenzelle! – Das war die Kunst und Wissenschaft gewesen, wodurch die Martier sich von dem niedrigen Kulturstandpunkt des Ackerbaues emanzipiert und sich zu unmittelbaren Söhnen der Sonne gemacht hatten. Die Pflanze diente dem ästhetischen Genuß und dem Schutz der Feuchtigkeit im Erdreich, aber man war nicht auf ihre Erträge angewiesen. Zahllose Kräfte wurden frei für geistige Arbeit und ethische Kultur, das stolze Bewußtsein der Numenheit hob die Martier über die Natur und machte sie zu Herren des Sonnensystems.

28. Kapitel – Sehenswürdigkeiten des Mars
    I n einem der großen Bezirke, welche den Sitz der Zentralregierung des Mars umschlossen und den Gesamtnamen Kla führten, lag die Wohnung Ills nahe an der Grenze der Waldwildnis. Sie bestand aus mehreren miteinander verbundenen Einzelhäuschen, so daß das Ganze eine geräumige Villa darstellte. Die Anlagen, die sich um die Gebäude erstreckten, zeugten von sorgfältiger Pflege und feinem Geschmack. Am Eingang des Gartens saßen rechts und links in anmutiger Haltung zwei Frauengestalten, die sich im Scherz eine Blumengirlande zu entreißen suchten; sie zogen quer über den Weg an den entgegengesetzten Enden derselben und versperrten dadurch den Zutritt.
    Auf der schmalen, glatten Straße, die zwischen den Nachbargärten von dem Hauptweg abzweigend auf diesen Eingang hinführte, näherte sich rasch ein leichter, zweisitziger Radschlitten. Ein jüngerer Mann in der anliegenden Sommerkleidung der Martier lenkte denselben; der Sitz neben ihm war leer. Wer Ell mit dem grauen Haar und der Falte zwischen den Augen nachdenklich von seiner Sternwarte in Friedau hatte herabsteigen sehen, hätte ihn in diesem Martier nicht wiedererkannt. Ell fühlte sich in der Tat wie verjüngt, gleich als ob seine Erdenjahre ihm nach der Rechnung des Mars, zwei auf ein Marsjahr, angerechnet werden sollten. Ein unaussprechliches Glücksgefühl durchzog seine Seele; das Bewußtsein, dem Planeten zurückgegeben zu sein, den er für seine Heimat hielt, mitzuleben unter den Numen und ihren Götterwandel zu teilen, erhob ihn zunächst über alle die Sorgen, die bei dem Gedanken an das Geschick der Erde und seiner irdischen Freunde sich ihm aufdrängten. Es war ihm, als müßten alle diese Schwierigkeiten unter den Händen der Nume von selbst sich lösen, und er genoß in vollen Zügen die Seligkeit, all das Große und Herrliche zu sehen, von dem sein Vater mit dem Schmerz des Verbannten in unstillbarer Sehnsucht geredet hatte.
    Der Radschlitten glitt auf den Eingang des Gartens zu, und Ell ließ den Strahlenkegel einer kleinen, an der Lenkstange des Radschlittens befestigten Lampe einen Moment auf die Augen der rechts sitzenden Frau fallen. Sogleich richteten beide Figuren sich in die Höhe und erhoben wie zum Gruß die Arme, indem sich dabei die Girlande wie ein Triumphbogen emporschwang und den Eingang freigab. Der Schlitten glitt hindurch und hielt gleich darauf vor der Veranda des Hauses.
    Die beiden anmutigen Pförtnerinnen waren Automaten. Die Bestrahlung der Augen der rechtssitzenden löste eine chemische Reaktion aus und öffnete dadurch die Pforte. Zugleich wurde damit der Eintritt eines Ankommenden im Innern des Hauses signalisiert.
    Ell sprang aus dem Schlitten und eilte die Stufen der Veranda empor.
    Eine schlanke

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