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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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zeig’s ihr doch, Ell! Fahrt wohl, ihr Kinder.«
    Isma betrachtete das zierliche Röhrchen. »Ich denke«, sagte sie, »hier regnet es nur in der Nacht. Wozu braucht man da einen Schirm?«
    »Es ist auch eigentlich ein Sonnenschirm.«
    »Aber hier ist überall der wunderbare Baumschatten, und die Straßen draußen sind alle überwölbt.«
    »Es gibt auch Lichtungen und Übergänge, wo der Schirm unentbehrlich ist; denn wo die Sonne scheint, brennt sie gewaltig. Obwohl wir soviel weiter von ihr entfernt sind als auf der Erde, schützt uns doch nicht die dichte Erdenluft; es ist, als ob wir auf dem Gaurisankar ständen.«
    »Aber diese herrliche Vegetation.«
    »Den Verhältnissen angepaßt, und die sind doch wieder ganz andere als auf einem Gebirge. Hier in den Niederungen halten wir alle Wärme fest und geben keine wieder heraus. Dafür sorgen die großen pelzverbrämten Blätter unsrer Riesenbäume. Aber Sie sind an das Klima nicht gewöhnt, es ist vielleicht besser, wenn Sie während des Fahrens sich in das Tuch hüllen. Erlauben Sie.«
    Ell nahm Isma das Schirmröhrchen aus der Hand und zog an dem Ring, welcher das eine Ende abschloß. Eine kleine Rolle, nicht größer als ein Zeigefinger, schob sich heraus, scheinbar schwarz; aber unter Ismas Händen entfaltete sich das Röllchen zu einer großen Decke, in die man den ganzen Körper einhüllen konnte. Das Gewebe war ganz weich, locker und vollständig unsichtbar, die eingewebten dunklen Fäden dienten nur dazu, überhaupt erkennen zu lassen, wo das Tuch sich befand und wie weit es reichte. Isma hüllte sich behaglich hinein, und man bemerkte nicht, daß sie überhaupt ein Tuch umgeschlagen hatte; ihre Toilette blieb vollständig sichtbar.
    »Das ist ja wie das Zelt der Fee Paribanu«, sagte sie lächelnd. »Aber wie bekommt man denn das Tuch wieder in das Futteral?«
    »Man knüllt es einfach in der Hand zusammen und stopft es hinein. Diesen Lisfäden ist es ganz gleichgültig, wie sie zu liegen kommen, man kann sie zusammenpressen wie Luft.«
    »Jetzt ist es erst behaglich«, sagte Isma. »Und wie still und schön. Das ist ja wie in unserem Wald, nur Felsen scheint es nicht zu geben. Aber so viel Wasser! Und ich denke, der Mars ist so wasserarm?«
    »Das ist auch richtig, wir haben kein Meer, wenigstens kein nennenswertes. Unser ganzer Reichtum ist auf dem Land verteilt, da nutzen wir ihn aus.«
    Es war am frühen Vormittag. Die Wege hier im Waldesdickicht waren einsam, nur hin und wieder begegnete man einem Gleitwagen oder einem Spaziergänger. Ell hatte sein Gefährt langsam durch den Naturpark gelenkt, es näherte sich jetzt der gegenüberliegenden Grenze des Bezirks, die Wege wurden belebter, und die ersten Häuser der Wohnungszone erschienen. Ein starkes Geräusch wie das einer Säge unterbrach die Ruhe der Umgebung. Bei einer Wegbiegung wurde die Ursache sichtbar. Es war in der Tat eine große Säge, die, von einem elektrischen Motor getrieben, den sieben Meter im Durchmesser haltenden Stamm eines der Waldriesen bereits bis auf einen kleinen Rest durchnagt hatte. Das Alter – er zählte über sechstausend Jahre – hatte ihn vollständig gehöhlt und der Zusammensturz war zu befürchten; man mußte ihn beseitigen.
    »Mitten zwischen diesen anderen Bäumen«, rief Isma, »wie ist das möglich? Er muß ja in seinem Fall ringsum alles zermalmen.«
    Auch Ell wußte keine Auskunft zu geben. »Vielleicht sehen wir bald, was geschieht, wenn wir ein wenig warten, die Säge ist ja schon fast hindurch. Man muß doch keine Gefahr befürchten, denn nur ein kleiner Kreis ringsum ist abgesperrt.«
    Nach wenigen Minuten war die Säge aus der Rinde vollends herausgedrungen. Die Maschine schob sich beiseite, und die Arbeiter zogen sich außerhalb des abgesperrten Kreises zurück. Der Arbeitsleiter sprach in ein Telephon, dessen Drähte sich nach oben zwischen den Ästen der Bäume verloren. Gleich darauf vernahm man ein gewaltiges Rauschen zwischen den Blättern, einzelne Zweige wurden geknickt, und Blätter fielen herab. Der Riesenbaum schwankte ein wenig und hob sich langsam in die Höhe. Wie er gestanden, senkrecht, schwebte er aufwärts zwischen seinen gesunden Nachbarn, von denen nur einzelne Äste und Zweige mitgerissen wurden, die sich zu eng mit denen des gefällten Baumes verbunden hatten. Ein Streifen Sonnenlicht durchbrach das blaugrüne Laubdach.
    »Ich sehe es jetzt«, rief Ell. »Sie heben den Baum mittels Luftballons in die Höhe. So wird er sogleich bis

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