Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern
Für uns aber ist es erwünscht, noch heute nacht alles abzuwickeln, denn der Boden Europas brennt uns unter den Füßen, und wenn die Sonne aufgeht, möchte ich hoch über den Wolken sein. In einer halben Stunde können Sie in Ells Zimmer stehen.«
»Ihr Interesse entscheidet«, sagte Torm. »Meinetwegen dürfen Sie sich nicht aufhalten. Ich bin bereit.«
La führte Torm und Isma ins Schiff. Sie sahen noch, wie La mit Grunthe sprach, der das Schiff verließ. Dann blieben sie allein im kleinen Salon. Was hatten sie nicht alles sich mitzuteilen! Sie glaubten eben erst begonnen zu haben, als La eintrat und sagte:
»Wir sind auf dem Vorbau des Kultorpalais, auf dem Anlegeplatz für die Luftschiffe, steigen Sie schnell aus und lassen Sie sich melden. Da Sie an dieser nur für Nume zugänglichen Tür Einlaß verlangen, wird man keine Schwierigkeiten machen. Unser Schiff finden Sie am Akazienplatz, wohin Sie eine der vor dem Palais haltenden Droschken in wenigen Minuten bringt. Und nun viel Glück auf den Weg!«
Isma umarmte ihn schweigend, dann stieg Torm die Schiffstreppe hinab. Von den Türmen der Stadt schlug die elfte Stunde, als der diensttuende Bed Torm nach seinem Begehr fragte. Ein Besuch um diese Zeit mußte wohl etwas sehr Wichtiges sein, darum zögerte er nicht anzufragen, ob der Kultor noch empfange. Er arbeitete noch.
Ell erbleichte, als er die Karte las.
»In mein Privatzimmer«, sagte er.
Die beiden Freunde standen einander gegenüber. Beide fühlten sich nicht frei. Beide hatten gegen die Macht eines Verhängnisses gekämpft, das stärker war als sie, dem sie sich nun ergeben mußten. Auch in Ells Zügen hatten Überarbeitung und Sorgen ihre Spuren zurückgelassen. Es war nur ein Moment, daß ihre Blicke aufeinander ruhten. Und jeder sah im andern ein stilles Leid, das an ihm zehrte, und die Erinnerung stieg auf an die Jahre treuer, gemeinsamer Freundesarbeit und kühner Hoffnung, und die Rührung des Wiedersehens umschleierte ihre düsteren Blicke mit milder Freude. Sie eilten aufeinander zu, und ihre Hände lagen ineinander.
»Sie werden vor allen Dingen wissen wollen, wo ich war«, begann Torm endlich »ich aber komme, um von Ihnen zu hören – Sie empfangen mich als Freund, wie aber empfängt mich der Kultor – was habe ich zu erwarten?«
»Ich verstehe Sie nur halb«, erwiderte Ell betroffen. »Was veranlaßt Sie zu der Frage? Sprechen Sie offen –. Kommen Sie aus Tibet über Kalkutta?«
Torm zuckte zusammen. »Ach, Sie wissen? Doch nun hören Sie erst alles.«
Er berichtete kurz über seine Flucht vom Pol und aus dem Luftschiff und die Ereignisse, die sich dabei zutrugen. Er verheimlichte nichts. Er erzählte, was ihn veranlaßt hatte, weder seine Frau noch Ell aufzusuchen, sondern sich in Friedau verborgen zu halten, wo Se ihn erkannt habe; daß ihn Isma infolgedessen aufgesucht hätte und er jetzt hier sei, um den Rat Ells zu vernehmen und die Folgen seiner Handlungen zu tragen.
Ell hörte schweigend zu, den Kopf sinnend auf die Hand gestützt. Er unterbrach ihn mit keinem Wort, keine Miene verriet, was in ihm vorging.
Das hatte er nicht gewußt. Die Tat gegen den Wächter des Schiffes war verderblich für Torm. Ell, als oberster Beamter der Nume hierselbst, mußte sie verfolgen. Der eben erhaltene Erlaß hatte ihm seine Pflicht eingeschärft. Wenn er dieser Pflicht folgte, wenn er die Mahnung des Zentralrats annahm, so war Torm verloren. Torms Schicksal war in seine Hand gelegt. Ein Druck auf diese Klingel, und er kehrte nicht mehr aus diesem Zimmer zurück, nicht mehr zu Isma –. Und dann? Isma war frei. Aber wo war sie? Ohne ein Wort des Abschieds hatte sie ihn verlassen und war zu ihrem Mann geeilt. Ein tiefer, bitterer Schmerz gekränkter Liebe durchzuckte ihn. Durch Jahre hatte sie ihn in hoffnungsfroher Freundschaft gehalten, bis die Erwartung des nahen Glücks ihn ganz eingenommen, und jetzt – nun war er ihr nichts mehr. Das war Isma! Ja, er konnte sich rächen. Er konnte auch –. Und durfte er denn schweigen? Durfte er Torm, nun er um sein Verbrechen wußte, unbehelligt ziehen lassen? Ihn der Gattin zurückgeben und sie in ihrem Glück schützen? Und wie dann den Gedanken an sie ertragen?
Torm hatte längst geendet. Ell saß noch immer, den Kopf in die Hand gestützt, die seine Augen beschattete, ohne zu sprechen. Torm wartete geduldig, obwohl sein Herz pochte. Denn jetzt mußte sich alles entscheiden.
Endlich richtete sich Ill auf und blickte Torm an. Er begann
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