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Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern

Titel: Auf zwei Planeten - Ungekürzte Ausgabe in zwei Büchern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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südlichen Sternenhimmels, und nach einigen Verschiebungen erschien das Bild der Erde, nicht vergrößert, aber sehr scharf in allen Umrissen. Es nahm fast die ganze Fläche der Wand ein, und man konnte deutlich die Abnahme der Beleuchtung an der Schattengrenze beobachten, die jetzt schon etwas weiter nach Westen gerückt war. Zum Glück zeigte sich der Himmel über Deutschland ganz klar, so daß Fru nicht zweifelte, die stärkste Vergrößerung anwenden zu können. Fru ersuchte Grunthe, ihm auf dem Bild an der Wand die Stelle zu bezeichnen, an welcher ungefähr die Hauptstadt seines Landes zu suchen sei. Grunthe deutete auf einen Punkt in Norddeutschland und Fru stellte nun den Projektionsapparat so ein, daß dieser Punkt genau in die Mitte des Bildes kam. Jetzt wandte er hundertfache Vergrößerung an, um die Stadt Berlin erkennen zu lassen. Die Entfernung von der Außenstation bis nach Berlin betrug 8600 Kilometer; bei der angewandten Vergrößerung wurden also die Gegenstände bis auf 86 Kilometer nahegerückt, und es war somit möglich, Ausdehnungen von etwa hundert Meter Länge zu unterscheiden und bei besonders heller Beleuchtung auch noch kleinere. Der Kreis an der Wand, der jetzt freilich sehr viel lichtschwächer erschien, zeigte sich von bräunlichen und grünlichen Streifen und Vierecken bedeckt, die an zahlreichen Stellen von dunkleren, unregelmäßigen Flecken unterbrochen waren; jene waren die bebauten Felder, diese die dazwischen liegenden Wälder und Seen.
    Grunthe hatte richtig geschätzt. An der rechten Seite des Bildes waren die ausgedehnten Seen der Havel bei Potsdam unverkennbar, links erschien noch der Lauf der Oder bei Frankfurt auf dem Bild. Eine verwaschene Stelle nach rechts unten zeigte die von Rauch erfüllte Atmosphäre der Millionenstadt an. Diese wurde nun in die Mitte der Projektion gebracht und nochmals um das Zehnfache vergrößert. Dadurch rückte die Stadt bis auf kaum neun Kilometer an den Standpunkt des Beschauers heran. Es war, als ob man sie aus einem dreitausend Meter über dem Nordende der Stadt schwebenden Luftballon betrachtete, nur freilich bei einer außerordentlich matten Beleuchtung. Der auf der Wand abgebildete Kreis umfaßte in Wirklichkeit einen Durchmesser von zehn Kilometern.
    Dem Mangel an Licht, welcher eine Folge der Projektion bei starker Vergrößerung war, konnten die Martier durch eine ihrer genialen Erfindungen abhelfen; sie schalteten in den Gang der Lichtstrahlen ein sogenanntes optisches Relais ein. Die Strahlen passierten dabei eine Vorrichtung, durch welche sie neue Energie aufnahmen, und zwar jede Farbengattung genau Licht derselben Art und im Verhältnis ihrer Helligkeit. Dadurch erhielt das ganze Bild, ohne seinen Charakter zu verändern, die erforderliche Lichtstärke. Eins aber konnte freilich nicht entfernt werden – der über der ganzen Stadt lagernde Dunst und Qualm. Die Felder nördlich von der Stadt und ein Teil der Vororte waren zu erkennen. Man bemerkte die feinen Linien, von einem Rauchwölkchen gekrönt, welche die der Hauptstadt zustrebenden Eisenbahnzüge vorstellten. Das Häusermeer selbst aber verschwamm in einem grauen Nebel, über den nur die Türme und Kuppeln der Kirchen hervorragten. Deutlich erkannte man den Reflex der Sonne an dem Dach des Reichstagsgebäudes und an der Siegessäule.
    Grunthe und Saltner hatten natürlich schon öfter Gelegenheit gehabt, bei ihren Gesprächen mit den Martiern die wichtigsten geographischen und politischen Aufklärungen über die Menschen zu geben. Sie würden noch besseres Verständnis dafür gefunden haben, wenn nicht die Inselbewohner als Techniker hauptsächlich mathematisch-naturwissenschaftlich gebildet gewesen wären, so daß ihre historischen Kenntnisse nur der allgemeinen Bildung der Martier entsprachen. So wußten diese bloß im allgemeinen zu sagen, daß ihnen die Einrichtungen der Erde auf dem Standpunkt zu stehen schienen, den man auf dem Mars als Periode der Kohlenenergie bezeichnete. Sie lag für die Geschichte der Martier um mehrere hunderttausend Jahre zurück. Rassen, Staaten und Stände in heißem Konkurrenzkampf um Lebensunterhalt und Genuß, die ethischen und ästhetischen Ideale noch nicht rein geschieden von den theoretischen Bestimmungen, der Energieverbrauch ganz auf das Pflanzenreich angewiesen, ob diese Energie nun von der Landwirtschaft aus den lebenden oder von der Industrie aus den begrabenen Pflanzen, den Kohlen, gezogen wurde.
    »Woher kommen diese Nebel über

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