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Auf zwei Planeten

Auf zwei Planeten

Titel: Auf zwei Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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werden. Hier gibt es auch keine Tageszeit; alle Zeiten, Nacht, Morgen, Mittag und Abend, sind gleichzeitig vorhanden. Hier gelten also auch alle Grundsätze zusammen oder gar keine. Es ist der vollständige Indifferenzpunkt aller Bestimmungen erreicht, das Ideal der Parteilosigkeit.«
    »Bravo«, rief Saltner, der inzwischen die Trinkbecher von Aluminium mit dem perlenden Wein gefüllt hatte. »Es lebe Frau Isma Torm, unsere gnädige Spenderin!«
    Saltner und Torm erhoben ihre Becher. Grunthe kniff die Lippen zusammen und hielt, geradeaus starrend, sein Trinkgefäß unbeweglich vor sich hin, indem er es passiv geschehen ließ, daß die andern mit ihren Bechern daran stießen. Nun rief Torm:
    »Es lebe der Nordpol!«
    Da stieß auch Grunthe seinen Becher lebhaft mit den andern zusammen und setzte hinzu:
    »Es lebe die Menschheit!«
    Sie tranken und Saltner rief:
    »Grunthes Toast ist so allgemein, daß ein Becher nicht reichen kann.« Und er schenkte noch einmal ein.
    Inzwischen war der Ballon langsam dem Binnenmeer entgegengetrieben, das sich nun immer deutlicher den staunenden Blicken der Reisenden enthüllte. Vom Fuß der steil abfallenden Felsenwand des Gebirges ab senkte sich das Gelände allmählich, wohl noch eine Strecke von einigen zwanzig Kilometern weit, nach dem Ufer hin. Aber die Landschaft zeigte jetzt ein vollständig anderes Gepräge. Die wilde Gletschernatur war verschwunden, grüne Matten zogen sich, nur noch mit einzelnen Gesteinstrümmern hier und da bedeckt, in sanfter Senkung dem Wasser zu. Man glaubte in ein herrliches Alpental zu schauen, in dessen Mitte ein blauer Bergsee sich ausbreitete. An dem jenseitigen, entfernten Ufer, das freilich in undeutlichem Dämmer verschwamm, schien dagegen wieder ein Steilabfall von Fels und Eis zu herrschen, doch zog sich über den Bergen dort eine Wolkenwand empor. Das Auffallendste in der ganzen Szenerie aber bot der Anblick einer der Inseln, die zahlreich und in unregelmäßiger Gestaltung in dem Bassin lagen, bis an dessen Ufer der Ballon jetzt herangeschwebt war. Sie war kleiner als die Mehrzahl der übrigen Inseln. Aber ihre Formen waren so vollkommen regelmäßig, daß es zweifelhaft schien, ob man eine Gestaltung der Natur vor sich habe. Die mit Flechten bekleideten Felstrümmer, welche die andern Inseln bedeckten, fehlten hier vollständig.
    Die Forscher mochten sich etwa noch zwölf Kilometer von der rätselhaften Insel entfernt befinden, die sie mit ihren Ferngläsern musterten, als Torm sich an Grunthe wandte.
    »Sagen Sie uns, bitte, Ihre Meinung. Können wir eigentlich bestimmen, wo wir uns befinden? Ich muß gestehen, daß ich beim Überschreiten des Gebirges und dem raschen Höhenwechsel nicht mehr imstande war, die einzelnen Landmarken zu verfolgen.«
    »Ich habe«, erwiderte Grunthe, »einige Peilungen gemacht, aber zu einer sicheren Bestimmung reichen sie nicht mehr aus. Auch die Methode aus der Messung der Sonnenhöhe ist jetzt nicht anwendbar, da wir nicht mehr imstande sind, die Tageszeit auch nur mit einiger Sicherheit anzugeben. Wir haben die Himmelsrichtung vollständig verloren. Der Kompaß ist ja hier im Norden sehr unzuverlässig. Auf alle Fälle sind wir ganz nahe am Pol, wo alle Meridiane so nah zusammenlaufen, daß eine Abweichung von einem Kilometer nach rechts oder links einen Zeitunterschied von einer Stunde oder mehr ausmacht. Wenn unser Ballon aus der Nord-Süd-Richtung vielleicht seit der Überschreitung des Gebirges um fünf oder sechs Kilometer abgewichen ist, was sehr leicht sein kann, so haben wir jetzt nicht, wie wir vermuten, drei Uhr morgens am 19. August, sondern vielleicht schon Mittag, oder, wenn wir nach Westen abgewichen sind, so sind wir sogar in den gestrigen Tag zurückgeraten und haben vielleicht erst den 18. August abends.«
    »Das wäre der Teufel«, rief Saltner. »Das kommt von diesem ewigen Sonnenschein am Pol! Nun kann ich an meinem Abreißkalender das Blatt von gestern wieder ankleben.«
    »Schon möglich!« lächelte Grunthe. »Nehmen Sie an, Sie machen einen Spaziergang um den Nordpol in der Entfernung von hundert Metern vom Pol, so sind Sie in fünf Minuten bequem um den Pol herumgegangen und haben sämtliche 360 Meridiane überschritten; Sie haben also in fünf Minuten alle Tageszeiten abgelaufen. Gehen Sie nach Westen herum, und wollen Sie die richtige Zeit jedes Meridians haben, so müßten Sie auf jedem Meridian Ihre Uhr um 4 Minuten zurückstellen, so daß Sie nach besagten fünf Minuten um

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