Satans-Krone
Ich musste schon lächeln, als ich den Mann sah und auch seine Frage gehört hatte. »Ich hoffe, Sie haben in Ihrem Büro auch einen guten Schluck für mich, Mr. Sinclair?«
»Wenn es sein muss, schon.«
Er hob die Augenbrauen an. »Es muss sein. Ich rate Ihnen, sich selbst ebenfalls einen Drink zu gönnen, denn ich denke mir, dass Sie ihn brauchen werden.«
»Meinen Sie?«
»Bestimmt.« Der Besucher zog seinen Sommermantel aus, hängte ihn über Sukos leeren Bürostuhl, zupfte sein Jackett zurecht, das aus leichtem Kord gewebt worden war, und nahm schließlich auf dem Besucherstuhl Platz. Von dort aus schaute er sich um. Einer, der jedes Detail im Büro erkunden wollte.
Während ich den Whisky aus dem Schreibtisch holte, zwei Gläser ebenfalls, wobei Flasche und Gläser verstaubt waren, öffnete sich vorsichtig die Tür und Glenda warf einen Blick durch den Spalt. Sie hatte den Besucher schließlich empfangen und hatte sich auch bestimmt über ihn gewundert. In ihrem Gesicht stand ein Fragezeichen. Dazu passten auch die großen Augen. Ich hob nur die Schultern.
Für Glenda stand damit fest, dass ich noch nichts wusste. Sie zog sich deshalb wieder zurück.
Es war zwar nicht meine Art, schon am Vormittag Whisky zu trinken, in diesem Fall allerdings machte ich eine Ausnahme. Ich füllte mir auch nur einen kleinen Schluck ein, während ich dem Besucher schon einen Doppelten gönnte. Er war wirklich ein außergewöhnlicher Mensch und hieß Isaak Lambert. Sehr schottisch, wie er am Telefon betont hatte, als er um ein Treffen mit mir gebeten hatte.
Es war zu einigen terminlichen Verzögerungen gekommen, aber jetzt war die Sache erledigt. Wir hatten uns auf diesen Termin einigen können, und Lambert war gekommen.
Ein skurriler Typ. Ein Original. Zwar trug er keinen Kilt, doch ich hätte ihn mir gut darin vorstellen können. Er war hager, hoch aufgeschossen, hatte graues Haar, das relativ lang an den Seiten bis über die Ohren wuchs, und sein Gesicht sah aus, als wäre es einmal normal gewesen, dann jedoch von jemandem in die Länge gezogen worden. Die Stirn war höher, die Nase länger, der Mund breiter, das Kinn spitzer als normal. So wirkte er etwas arrogant, vielleicht auch distinguiert, es kam auf die Sichtweise an. Dass seine Mundwinkel etwas nach unten hingen, dafür konnte er nichts und sicherlich auch nichts für die kleinen Tränensäcke unter den Augen. Er trug einen dünnen, grüngrauen Kordanzug, ein beigefarbenes Hemd mit ebenfalls einem Grünstich und eine unifarbene Krawatte, in der die Farbe Grün auch nicht fehlen durfte.
Ich stellte die Gläser hin. Er schaute auf seines, dann auf meins und gab sich verwundert. Bevor Lambert eine Bemerkung loslassen konnte, wies ich ihn darauf hin, dass ich schließlich Polizist war und mich im Dienst befand.
»Ach ja, sorry.« Seine Stirn zuckte. »Darf ich trotzdem mit Ihnen anstoßen, Mr. Sinclair?«
Ich musste mir ein Grinsen verbeißen. »Sie dürfen, Mr. Lambert.«
Er hob das Glas an und sah wenig amüsiert aus. »Trinken wir darauf, dass es uns weiterhin gut geht und wir alles überstehen.«
Ein ungewöhnlicher Trinkspruch, den ich nicht weiter kommentierte und nickend hinnahm. Ich nippte am Whisky, Lambert nicht. Er probierte ihn, schmatzte sogar dabei, wiegte den Kopf und kritisierte ihn dann. »Es gibt besseren, Mr. Sinclair.«
»Ich weiß.«
»Wenn Sie Schotte sind, sollten Sie sich einen exzellenteren Whisky zulegen.«
»Ich bin nur schottischer Abstammung, wie mein Name sagt. Ansonsten bin ich Beamter. Sie wissen ja, dass man sich da nicht das Beste erlauben kann, Mr. Lambert.«
Er hob einen Zeigefinger. »Aber bitte nicht an der falschen Stelle sparen. Beim Whisky auf keinen Fall. Dafür ist das Getränk viel zu edel. Sollten wir die Sache lebend überstehen, werde ich Ihnen einige Tips geben, wo sie die besten Sorten kaufen können.«
Diesmal runzelte ich die Stirn. »Die Sache überstehen?« fragte ich. »Sie haben mich neugierig gemacht.«
»Das sollten Sie auch werden. Deshalb bin ich zu Ihnen gekommen. Ich habe nämlich von Ihnen gehört.«
»Sehr schön.«
»Sagen Sie das nicht. Lassen Sie es mich erklären. Ich weiß, womit Sie sich beschäftigen, und ich finde es sehr ehrenhaft, dass Sie sich um Dinge und Fälle kümmern, die von den normalen Menschen als lächerlich abgetan werden. Wir beide wissen, dass es Dinge gibt, die einfach furchtbar sind, obwohl man sie nicht akzeptiert, denn auch ich beschäftige mich mit
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