Aufregende Begegnung in Texas
so stellte sie sich eine Margarita nicht vor. „Gefrostet. Ach, und haben Sie auch diese kleinen Papierschirme?“
Der Barkeeper starrte sie entgeistert an. „Nein.“
„Sehr schade.“
Sie beobachtete, wie er verschiedene Flüssigkeiten in einen Mixer goss, Eiswürfel hineinschaufelte und das Gerät einschaltete. Schließlich stellte er ihr ein Glas mit einem hellgrünen Gebräu hin, das nicht besonders appetitlich aussah.
„Danke.“ Sie sog an dem kurzen Strohhalm. Als Erstes bemerkte sie die Kälte.
Als zweites den Geschmack: nicht süß, aber auch nicht bitter, nach Limonen und noch etwas anderem. „Das schmeckt gut“, stellte sie überrascht fest. „Also, warum bist du hier?“
Kevin drehte sich langsam zu ihr um, bis sein Blick auf ihrem Gesicht ruhte. Er sah wirklich gut aus. Unwillkürlich wünschte sie, sie hätte sich nicht so spontan die Haare abschneiden lassen. Allan hatte immer gesagt, dass sie das Schönste an ihr seien, Allan. Sie nahm einen großen Schluck. Sie wollte nicht an ihn denken. Nicht jetzt. Nie mehr.
„Fragst du nach dem spirituellen Sinn meines Daseins im Universum?“ hakte Kevin nach.
„Nur, wenn du darüber reden willst. Ich habe eher so was gemeint wie: Was tust du hier in dieser Bar? Kommst du aus dieser Gegend?“
Er trank sein Bier aus und schob das Glas über den Tresen. „Noch eins!“ rief er, bevor er sich wieder an sie wandte. „Was tust du denn hier? In dieser Bar. Heute Abend.“
„Na ja…“ Sie nahm einen großen Schluck. „Ich fahre nach Hawaii.“
Kevin bereute, dass er die Reihenfolge seiner Wünsche nicht geändert hatte, als alles noch normal gewesen war. Hätte ihn nach einem Bett, einem Bier und einem Burger verlangt, würde er nun in einem Hotel den Zimmerservice kommen lassen und in Ruhe das Baseballspiel im Fernsehen verfolgen. Stattdessen führte er ein Gespräch mit einer Frau, die ihren Verstand sonst wo gelassen hatte.
„Hawaii?“
Haley strahlte ihn an. „Okay, ich weiß, dass man nicht wirklich nach Hawaii fahren kann. Aber ich fahre so weit wie möglich.“
„Das ist Kalifornien.“
„Richtig.“
„Woher kommst du?“
„Ohio. Ich bin…“ Was immer sie hatte sagen wollen, ging unter, als sein Essen serviert wurde. Sie starrte auf den großen Teller, auf dem ein Hamburger mit Salat, Zwiebel und Tomate sowie ein Riesenberg Pommes lagen, die auf den Tresen zu fallen drohten. „Man kriegt in einer Bar was zu essen?“ fragte sie ungläubig.
Unwillkürlich erinnerte er sich, wie er vor vielen Jahren auf dem Weg zur Schule einen halb verhungerten Hund in einer Seitengasse gefunden hatte. Nach einem Blick auf das zitternde, abgemagerte Wesen mit dem schmutzigen, braunweißen Fell hatte er sein Pausenbrot geopfert. Zwei Tage lang hatte er auf sein Mittagessen verzichtet, bevor er den Hund schließlich mit nach Hause genommen hatte.
„Du bist pleite“, stellte er tonlos fest und fragte sich, warum er in eine derart große Pechsträhne geraten war. Er schob ihr den Teller hin. „Iss.“
Sie nahm noch einen Schluck. „Pleite? Nein. Ich habe Geld.“ Sie stellte das Glas ab, zog sich die kleine Handtasche, die von ihrer Schulter hing, auf den Schoß und öffnete sie. Drinnen befand sich ein Bündel Geldscheine. „Ich habe mein Sparkonto geplündert. Den Rest davon habe ich in Reiseschecks. Das ist viel sicherer.“ Sie schloss die Tasche mit einem Klick. Dann beugte sie sich über die Bar, nahm sich einen kleinen Teller und fragte: „Wollen wir die Pommes teilen?“
„Warum nicht?“
Sie schob eine Hand voll auf ihren Teller und knabberte an einem Stück. „Wie gesagt, ich bin aus Ohio. Aus einer Kleinstadt, von der du bestimmt noch nie gehört hast. Warst du schon mal in Ohio?“
„Columbus.“
„Da ist es hübsch, stimmt’s?“
„Ein wundervoller Ort.“
Sie nickte. Der Sarkasmus in seiner Stimme entging ihr völlig.
Warum ich? Das hätte er gern gewusst. Es befanden sich etwa zwanzig weitere Männer in der Kneipe. Warum war ausgerechnet er derjenige, der ihr zur Rettung geeilt war?
„Wie gesagt, mein Dad ist Pfarrer.“ Sie aß noch ein Stück Kartoffel und nahm einen Schluck. „Meine Mom ist bei meiner Geburt gestorben. Deshalb erinnere ich mich nicht an sie. Wenn man das Kind von einem Pfarrer ist, fühlt sich jeder verantwortlich, einen auf den rechten Pfad zu führen. Ich hatte nicht eine Mutter, sondern fünfzig. Bevor ich auch nur was Schlechtes denken konnte, wurde schon mein Dad
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