Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
nicht so aussieht.“
„Was? Ich meine, das ist doch absurd!“
„Ganz und gar nicht“, widersprach er, „ also wenn ich dich
nun fragen würde, ob du eher an Zufall oder an Schicksal
glaubst, was würdest du mir dann antworten? “
„ Keine Ahnung, an was glaubt ihr denn ?“
„ Natürlich an keines von beiden . Denn Zufälle gibt es nicht,
da nichts zufällig ist. Und ein Schicksal auch nicht, denn
sonst könnten wir uns nie zwischen etwas entscheiden.“ „ Wollt ihr damit sagen ich hätte mich dazu entschieden in
dieser Situation zu sein ?“.
„Ja und Nein“, erwiderte er, „ manchmal reicht es auch aus
sich gegen etwas zu entscheiden. Denn es ist nicht immer der
Verstand der unsere Entscheidungen trifft.“
Zweifelnd sah Vell ins Wasser. Zu vieles war in den letzten
Tagen geschehen, aber sie hatte sich ganz sicher nichts
davon gewünscht.
„ Du
musst
mir
nicht
glauben“, versicherte
Adamus,
„ vermutlich bin ich nichts als ein alter Narr, der zu viel über
das Leben grübelt.“
„Werdet ihr mit Tengol darüber sprechen? Ich meine, er darf
nicht wissen, was ich euch erzählt habe.“
„Keine Sorge“, versprach er, „ er wird nichts erfahren, was er
nicht selbst schon weiß. Und ich bin gespannt, was das alles
sein wird.“
Adamus lächelte und schlug die Ruder ins Wasser.
Sie hatten inzwischen einen breiten Kanal erreicht. Häuser
und Paläste wuchsen an den Wasserstraßen empor. Doch
sie waren nicht die einzigen Besucher auf dem Meer. Überall
tummelten
sich
Passagierboote
und im Kanal wurde es
deutlich enger. Direkt vor ihnen schwamm ein Boot mit
Fasanen. Ein anderes transportierte sogar Ziegen.
„ Wo wollen die denn alle hin?“
„ Na zum Hauptmarkt. Also halt dich gut fest, wir sind bald
da.“
Adamus ruderte in einen breiten Kanal hinein. Hier wurden
die Boote noch zahlreicher und bald darauf kam ein langer
Steinsteg in Sicht.
Ein großer Glatzkopf wies dort die Anlegeplätze zu und
sorgte für die nötige Ordnung.
„ Da wären wir“, verkündete Adamus und legte mit dem Boot
an der Treppe an. Erst half er sich und dem Rucksack und
dann seinem Passagier an Land. Dem kahlen Stegwart gab
er eine Hand voller Münzen und Velura die alten Körbe.
„ Nun komm,auf in die Schlacht.“
Beladen folgte ihm Vell in die Menge hinein. Schon von
weitem sah sie die mächtige Stadtkulisse und einen großen,
überfüllten Platz.
Sie hatte noch
nie zuvor so viele Menschen
gesehen.
Tarlonds
Bürger
wirkten
wohlhabend,
zumindest
der
Kleidung nach. Reiche Herrschaften kokettierten mit ihren
feinen Kostümen und die besonders Betuchten trugen weiße
Perücken. Zu ihrer Linken sah sie eine mächtige Kathedrale
und zu ihrer Rechten einen großen Palast.
„ Ich werde hier ein paar wichtige Besorgungen machen “, erklärte Adamus, „ also bleib immer in meiner Nähe. Es ist viel
los.“
„ Was denn für welche?“
„Du bist neugierig“, stellte er fest, „ das hab‘ ich gleich
gewusst.“
„ Wieso, ist das keine gute Eigenschaft?“
„Nur wenn man das gleiche Maß an Verschwiegenheit
besitzt“ , lehrte er erheitert, „ aber die besitzen die wenigsten.“ Eine Handvoll königlicher Soldaten kreuzten ihren Weg. Sie
sah Frauen, die um die beste Ware stritten. Es gab Stoffe in
vielen Farben. Aber auch Geflügel, Ziegen und Schweine.
Affen führten zur Belustigung kleine Kunststücke vor und
Gaukler
jonglierten
mit
Äpfeln.
Vell hätte ihnen
gerne
länger zu gesehen, aber Adamus wollte weiter.
„ Komm hier her! Ich will dir etwas zeigen .“
In der Mitte des großen Platzes hielt er inne und deutete auf
den Boden.
„ Das ist das Herz unserer Stadt “, erklärte er, „ das Banner der
vereinigten Völker und nicht zuletzt, das Symbol unseres
Königs.“
Er meinte einen Stern aus rotem Sandstein..
„ Es sind zwölf“, zählte Vell die Strahlen.
„Zwölf ist eine heilige Zahl. Sie steht für die zwölf alten
Götter, die zwölf Himmelssegmente und die zwölf Monate des
Jahres. Sie vereinigt den Himmel und die Erde zu einem
vollkommenen Ganzen.“
„Ein vollkommenes Ganzes?“
„Ja genau. Nehmen wir zum Beispiel das Wort vollkommen.
Was so viel heißt wie vollständig. Dann haben wir noch das
Ganze, was so viel wie heil oder unversehrt bedeutet. Also
etwas, das nichts mehr braucht und zugleich noch alles hat.
Wie etwa ein Geburtstagskuchen, von dem noch kein Stück
fehlt.“
Aufmerksam sah er in ihr Gesicht und schmunzelte. „ Du
magst doch Kuchen oder?“
„Doch, ich denke
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