Augen der Nacht (Dunkelmond Saga) (German Edition)
versicherte der Bruder, „ wir sehen uns dann
alle beim Mittagessen.“
Vell verließ die Küche und rannte die Treppe hinauf. Sie
musste ihren Reisemantel holen, bevor Rolin es sich anders
überlegte.
Als sie wenig später damit hinunter kam, wartete der Mönch
bereits an der Eingangstür.
Auf seinem Rücken trug er einen großen Rucksack und in
seinen Armen mehrere Körbe.
„Das ist für dich“, erklärte er und gab ihr die Körbe, „nun las
uns gehen.“
.
Draußen schlug ihnen frischer Wind entgegen, dazu Sonne
und salzige Seeluft. Hohe Klostermauern türmten sich zu
ihrer
Linken
und
eine
Gasse
lockte
in
schmale
Häuserschluchten. Doch Adamus führte sie hinunter zum
Bootssteg.
Dort schaukelte ein Ruderboot auf den Wellen. Das Meer
schimmerte im Licht der Morgensonne und am anderen
Ufer wuchsen große Paläste empor. Es war wie in ihren
Büchern, nur größer und eindrucksvoller.
„ Steig schon ein“, drängte Adamus, „ auf dem Meer sieht man
es noch besser.“
Ein zweites Mal musste er Vell nicht bitten. Sie wählte ihren
Platz an der Bootspitze und der Bruder setzte sich an die
Ruder.
Er lenkte das alte Boot hinaus auf den Meeresarm. In der
Ferne tummelten
sich
Fischerboote,
aber
auch
kleinere
Barken und Segelschiffe. Sicher kamen sie von weit her,
oder reisten in Länder, die Vell noch nie gesehen hatte.
„ Beeindruckend nicht ? Bist du zum ersten Mal hier? “
„ Ja “, erwiderte Vell begeistert.
Bis ihr wieder der Grund dafür einfiel.
„ Aber ich bin eine Gefangene, habt ihr das schon vergessen?“ „ Keineswegs“, versicherte Adamus, „ aber weshalb bist du
gefangen?“
Vell zögerte. Sie wusste ja nicht ob sie ihm trauen konnte.
Und erst recht nicht, was sie ihm erzählen durfte.
„ Ich bin ein Mann Gottes“, versprach er, „ was auch immer du
mir sagen möchtest, wird nur er erfahren.“
„ Und wenn
sie euch
foltern? Oder
ein
Wahrheitsserum
verabreichen? Das haben sie nämlich mit Willet gemacht.“
„Von wem sprichst du?“, fragte Adamus beunruhigt, „ doch
nicht etwa von Tengol?“
„Und ob! Rolin ist auch dabei gewesen. Die Frau für die sie
arbeiten heißt Hanora. Und es gibt nichts, wozu sie nicht
fähig wäre.“
„ Was du nicht sagst “, sprach er fahl, „ wie lange kennst du
diesen Willet denn schon?“
„Gar nicht. Das einzige was ich weiß ist, ist das er meinen
Vater kannte.“
„Hat er dir das erzählt?“
„Nein, er hat es Hanora gestanden. Sie hat uns aufgegriffen,
und ihn gezwungen für sie zu arbeiten. Doch sobald der
Auftrag schief geht, werden wir ausgeliefert. Ich an Lord
Seraphim und Willet an die weiße Hand, was auch immer das
sein mag. “
„Aber weshalb ? Ich meine was verlangt sie von euch?“
„Willet soll ihr etwas beschaffen, Sie nennen es das Numen.“
„Das Numen?“ Für einen Moment vergaß der Bruder zu
rudern. „ich glaube nicht, dass es sich um ein echtes Numen
handelt, denn das wäre vollkommen undenkbar.“
„Aber Hanora glaubt daran. Und euer Freund Tengol offenbar
auch. Und was zur Hölle ist das überhaupt?“
„Das weiß niemand so genau. Es soll älter sein als diese Welt.
Die Priester der Zech nutzten seine Kräfte für dunkle Zwecke.“
„Es hat Kräfte?“
„Ja. Die Blutmagie ist die mächtigste und finsterte Magie
dieser Welt und durch die Kraft eines Numen verstärkt sie
sich um das Tausendfache.“
„Blutmagie? Davon hab ich noch nie gehört.“
„Im Blut eines Menschen steckt nicht nur seine Lebenskraft,
sondern
auch
seine Seele.
Ein
Tropfen
genügt um damit
abscheuliche Dinge anzustellen. Die Zech waren Meister der
schwarzen Kunst. Bis sie sich schließlich durch ihre eigene
Gier zerstörten.“
„Hört
sich
verrückt an.
Warum hat nie jemand davon
erfahren?“
„Weil dieses Wissen gefährlich ist“, erklärte Adamus, „ es
würde den Menschen nur Angst machen.“
„Und warum wisst ihr dann davon?“
Adamus schwieg. Doch ihre Augen trafen sich.
„ Es wurde mir durch meinen Orden zugetragen“, gestand er, „und auch du solltest darüber schweigen .“
„ Und euer Freund Tengol ? Was hat er damit zu tun?“ „ Das gilt es wohl noch herauszufinden“, erwiderte er, „ auch
weil ich weiß, dass er kein schlechter Kerl ist . Aber manchmal
müssen wir die Dinge eben genauer betrachten, damit wir sie
besser verstehen.“
„Was gibt es da zu verstehen? Er hält mich fest und zwar
gegen meinen Willen.“
„Nichts geschieht ohne deinen Willen“, belehrte Adamus,
„ auch wenn es im Moment
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